Die Debatte über den nationalsozialistischen Film im »Dritten Reich«

Ein deutscher »Potemkin«

Die Suche nach dem eigenständigen nationalsozialistischen Film.

Der deutsche Film der Jahre von 1933 bis 1945, das »Kino des Dritten Reiches«, war in der Filmgeschichtsschreibung lange Zeit Gegenstand heftiger Kritik und tiefer Verachtung. Dem stand eine anhaltend nostalgische Verklärung durch das Pub­likum gegenüber. Während sich die Attraktivität dieses »geliebten Kintopps« in der Nachkriegszeit in Wiederaufführungen bestätigte, es später auch als Ressource für den Montagsfilm des DDR-Fernsehens diente, galt das filmhistorische Urteil unbeschadet von Relativierungen prinzipiell weiterhin: ein Korpus, bestehend aus Propaganda, verlogenem Eskapismus, ästhetischem Mittelmaß. In der Forschung zeigt dieses Kino mittlerweile auch ein anderes Gesicht, gilt als moderne Unterhaltungsindustrie, gar als avantgardefähig. Die oft zu schmale, einseitig aus dem Kanon der Propagandafilme kompilierte Basis wurde erweitert, die Fragestellung richtete sich auf die Rolle des Films in einer von Modernisierungsprozessen gekennzeichneten Gesellschaft, in der das »gespal­tene Bewusstsein« (Hans Dieter Schäfer) die Konsumangebote nutzte und den Terror durch Flucht in die Privatheit ignorierte.

Der Film im und der Film des Nationalsozialismus sind nicht identisch, doch ihr Verhältnis bleibt prekär. Jede Beschäftigung mit dem problematischen Filmerbe – Karsten Witte hat es ein verruchtes Erbe genannt – hat, explizit oder implizit, eine entsprechende Unterscheidung vorgenommen und damit zugleich ex negativo beschrieben, in welchem Umfang es in der Gesamtproduktion Titel gab, die als nicht NS-kontaminiert gelten konnten. Das filmhistorische Vorgehen blieb dabei in einem Punkt lange Zeit immer gleich: Ob ein Film als nationalsozialistisch identifizierbar war oder nicht, darüber entschied die Analyse in Hinsicht auf seine Botschaft. Das umging die Frage, ob während des NS-Regimes ein Filmtyp entstanden war, der innerhalb der Ideologie selbst als spezifischer Ausdruck der »neuen Ordnung« galt, wesensmäßig mit ihr verbunden, letztlich ausschließlich unter ihren Bedingungen möglich. »Wenn«, so Klaus Kreimeier, »der Nationalsozialismus, wie Leon Blum festgestellt hat, eine Ästhetik war – und zwar eine mörderische, die sich als Politik gebärdete –, dann verweigerte das Kino, das modernste Medium der Zeit, eine authentische ästhetische Antwort. Mit Ausnahme der Reichsparteitags- und Olympiafilme von Leni Riefenstahl gibt es keinen nationalsozialistischen Propagandafilm, der die Normen der Filmsprache transzendiert hätte.«

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