Die Bundesregierung will der Kohleindustrie entgegenkommen

Mit Kohlekraft gegen den Klimawandel

Seite 2

In der nordrhein-westfälischen Politik wurde und wird heftig über das Kraftwerk gestritten. Die Planung fand in der Zeit einer schwarz-gelben Landesregierung statt, die darauffolgende rot-grüne Koalition erklärte Datteln 4 für gescheitert. Mittlerweile regieren wieder CDU und FDP und das Kraftwerk soll im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hält das für ein Gebot der Vernunft. Das Kraftwerk stoße schließlich weniger CO2 aus als alte Kraftwerke, die dafür vom Netz gehen könnten. Außerdem müssten dem Kraftwerksbetreiber sonst Entschädigungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gezahlt werden, so die Argumentation des Ministerpräsidenten. Kohlegegner wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Bündnis »Ende Gelände« planen Proteste gegen die von Uniper für den Sommer 2020 avisierte Inbetriebnahme des Kraftwerks. Zwangsabschaltungen für Steinkohlekraftwerke sind im Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums nicht vorgesehen. Die Bundesregierung will sich mindestens bis 2026 darauf beschränken, Kraftwerksbetreiber mit Hilfe von Prämien zu Abschaltungen zu veranlassen.

Bei der Windenergie geht es nicht so zwanglos zu. In Altmaiers Entwurf finden sich auch Neuregelungen für Windkraftanlagen. Herausstechend unter ihnen ist eine neue Abstandsregel. Ab einer »zusammenhängenden Bebauung mit mehr als fünf Wohngebäuden« soll künftig ein Mindestabstand von 1 000 Metern gelten. Das ist schlecht für den Ausbau der Windkraft, denn ein Großteil der bislang geeigneten Flächen für neue Anlagen fiele dann weg. Auch für das sogenannte Repowering, bei dem alte Anlagen durch neue, leistungsstärkere ausgetauscht werden, soll die 1 000-Meter-Regel gelten.

Der Windenergieverband BWE ist erwartungsgemäß wenig begeistert von dem Gesetzentwurf. »Die Festlegung auf 1 000 Meter hat keinen Bezug auf die tatsächlichen Immissionen der Anlage am spezifischen Standort, sondern ist ein willkürlicher politischer Kompromiss, mit dem der Ausbau der Windenergie, besonders im Fall der sehr engen Auslegung des Referentenentwurfs, beinahe zum Erliegen kommen wird«, sagte der Verbandspräsident Hermann Albers. Die Neuregelung käme für die Branche zur Unzeit. Wegen fehlender Aufträge haben bereits mehrere Unternehmen Arbeitsplätze abgebaut. Zuletzt kündigte das Unternehmen Enercon an, im Frühjahr 3 000 Stellen zu streichen.
Doch nicht nur die Windkraftlobby kritisierte den Entwurf. In einem gemeinsamen Brief sprachen sich auch der Bundesverband der Deutschen ­Industrie (BDI), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und andere Ver­bände gegen die Einschränkungen aus. Diese stellten »die Realisierbarkeit sämtlicher energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung in Frage«, heißt es in dem Brief. Die Umweltministerkonferenz forderte Ende vergangener Woche in Hamburg in einem gemeinsamen Beschluss die Bundesregierung zum Verzicht auf eine deutschlandweite Abstandsregelung auf. Diese sei »ein falsches Signal für den aktuell ohnehin fast zum Erliegen gekommenen Ausbau der Windenergie an Land«. Die Bundesregierung vertagte ihren Beschluss über das neue Gesetz auf Anfang Dezember.