Regierungskritiker landen im Kast

Der Zweifrontenkrieg

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181 Terroristen seien bislang »neu­tralisiert worden«, verkündete Präsident Erdoğan am 17. Oktober. Darunter befinden sich auch Zivilisten wie Hevrin Khalaf und unbeteiligte Bauern, von deren Tod die wenigen unabhängigen Journalisten aus der Region berichten, die dort noch ausharren. 

Die Offensive wird von heftiger Einschüchterung nicht regierungstreuer Medien begleitet. Gleich am ersten Tag, dem 9. Oktober, wurde ein Team von CNN auf dem Dach eines Hotels im türkischen Nusaybin beschossen. Die türkische Armee machte Scharfschützen der YPG dafür verantwortlich. Auch der Beschuss des Pressezentrums in Akçakale bei Urfa soll auf das Konto der Kurden gehen. Verifizieren lässt sich diese Nachricht nicht, anzweifeln schon, denn gerade die Kurden haben sicherlich ein größeres Interesse an ausländischer Berichterstattung als die türkische Armee. Dem syrischen Korrespondenten Zidane Zenglow des emiratischen Fernsehsender Al Arabiya wurde die Presse- und Aufenthaltsgenehmigung entzogen, nachdem er am 15. Oktober aus den syrischen Kampf­gebieten in die Türkei zurückgekehrt war. Er bekam sie einen Tag später mit der Auflage zurück, nicht mehr über den Vorfall zu sprechen, der allerdings bereits von »Reporter ohne Grenzen« veröffentlicht worden war. Die Organisation warnt indes, dass sich seit Beginn der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien die Sicherheitslage von Journalistinnen und Journalisten, die aus dem Grenzgebiet berichten, zusehends verschlechtert.

Bei einem Luftangriff am vergangenen Sonntag auf einen zivilen Konvoi, der von Militär und Medien begleitet wurde, wurden mindestens neun Menschen getötet. Unter den Opfern befinden sich zwei Journalisten: Saad Ahmed, Korrespondent der kurdischen Medienagentur Hawar News (ANHA), und Mohammad Hussein Rasho, Korrespondent des schwedisch-kurdischen Senders Çira TV. Mindestens acht weitere Journalisten wurden verletzt. Sie arbeiten für regionale Medien unter anderem für die kurdischen Agenturen Firat News (ANF) und ANHA, die syrische Agentur North Press (NPA), den kurdischen Fernsehsender Sterk TV und das irakisch-kurdische Mediennetzwerk Rudaw. Immer mehr ausländische Medienschaffende verlassen die Region. Zwei der wenigen, die noch vor Ort sind Arwa Damon und Işıl Sarıyuce von CNN International. Sie berichten vor allem über das Schicksal der Zivilisten in Nordsyrien.