Der Fleischkonzern Tönnies geht juristisch gegen seine Kritiker vor

Protest gegen die Knochenarbeit

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Zwar gilt offiziell der Mindestlohn, doch es gibt legale wie illegale Methoden, auch ihn zu drücken – etwa Re­krutierungsgebühren in den Herkunftsländern und überteuerte Mieten für die Unterbringung am Arbeitsort. Auch kann der Lohn faktisch durch Strafgelder, Betrug oder unbezahlte Überstunden reduziert werden.

Um der staatlichen Regulierung vorzubeugen, verpflichteten sich die Arbeitgeberverbände der Fleischbranche 2015 freiwillig dazu, für bessere Arbeits- und Wohnverhältnisse zu sorgen. Im vergangenen Jahr bezeichnete die NGG diese freiwillige Selbstverpflichtung jedoch als gescheitert. Der Bundestag verschärfte 2017 die Pflichten von Unternehmen in der Fleischindustrie. Seitdem habe sich die Situation gebessert, doch viele Missstände bestünden fort, resümierte die Gewerkschaft ebenfalls im vergangenen Jahr. Immer noch gebe es »fehlerhafte Lohnabrechnungen, nicht bezahlte Überstunden, Verstöße gegen die tägliche Höchstarbeitszeit«. Die Gewerkschaft fordert deshalb ein Verbot von Werkverträgen in den Kernarbeitsbereichen von Unternehmen. Auch solle das Hauptunternehmen, nicht ein Subunternehmer, für die Bereitstellung von Wohnraum verantwortlich sein.

Der Konzern Tönnies betonte in einer Presseerklärung anlässlich der Proteste am Freitag, dass er sich bemühe, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Alle Arbeiter hätten mittlerweile Arbeitsverträge nach deutschem Recht. Auch habe das Unternehmen allein im vergangenen Jahr 125.000 Euro an die städtische »Willkommensagentur« in Rheda-Wiedenbrück gespendet, die Arbeitsmigranten berät. Die derzeitige Produktionsweise sei jedoch alter­nativlos, wolle man den »Standort Deutschland« erhalten. Denn nur mit Arbeitern, »die der heimische Arbeitsmarkt nicht bietet«, sei die indus­trielle Fleischproduktion hierzulande profitabel.