Eine Diktatur hat Geburtstag

Lukaschenko forever

Seite 2 – Wie beliebt ist Lukaschenko bei der Bevölkerung?

Doch ungeachtet gelegentlicher Einbrüche konnte Lukaschenko die Wirtschaft stabilisieren. Gerade westliche Unternehmen loben die Infrastruktur und die politische Stabilität. Für deutsche Firmen ist der Standort Belarus attrak­tiver als die EU-Mitgliedsstaaten Lettland, Kroatien oder Rumänien, wie aus einer aktuellen Umfrage der Deutschen Auslandshandelskammern hervorgeht. Die außenpolitische Flexibilität und die vergleichsweise stabile Wirtschaft sind der zweite Machtfaktor.

Todesschwadronen des Regimes sollen Oppositionelle entführt und ermordet haben.

Wie stark die Unterstützung für Lukaschenko zu Beginn war, zeigte sich bei einem wegweisenden Referendum 1996, das das Parlament und das Verfassungsgericht entmachtete. Der Präsident konnte nun alle Schlüsselpositionen in der Regierung sowie in der staatlichen Verwaltung selbst besetzen. Zusätzlich schränkte Lukaschenko mit Dekreten die Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ein und diskreditierte Parlamentarismus und Parteien systematisch. Es existiert weder eine »Partei der Macht« wie in Russland oder Kasachstan, noch spielen Parteien im politischen Alltag eine Rolle, nur 15 sind derzeit im Land registriert. Ebenso verhinderte Lukaschenko durch regelmäßige Personalrochaden an zentralen Stellen des Staatsapparats, dass sich einflussreiche Strukturen etablieren konnten – Machtfaktor Nummer drei.

Im Rückblick gilt die Jahrtausendwende als Schlüsselzeit für die Stabilisierung von Lukaschenkos Macht. Wegen anhaltender Repressionen flohen viele ehemalige Mitstreiter und Kontrahenten ins Ausland. Einige kamen ums Leben: Unter mysteriösen Umständen starb im Frühjahr 1999 Gennadi Karpenko, einer der aussichtsreichsten Gegenkandidaten für das Amt des Präsidenten. Kurze Zeit später verschwanden vier bekannte Oppositionelle. Todesschwadronen des Regimes sollen sie entführt und ermordet haben.

Als Lukaschenko 2001 wiedergewählt wurde, zeigte sich bereits ein Muster, dass sich bei allen weiteren Wahlen wiederholen sollte: ein von der Auswahl der Gegenkandidaten bis zur Zählung der Stimmzettel manipulierter Abstimmungsprozess. Nach der Verfassung war eigentlich eine weitere Wiederwahl Lukaschenkos ausgeschlossen. Doch ein Referendum im Jahr 2004 hob die Amtszeitbeschränkung auf. Immer wieder verschafft sich Lukaschenko durch haushoch gewonnene Scheinwahlen Legitimität – Machtfaktor Nummer vier.

2006 und 2010 reagierten Zehntausende wütend auf die offensichtlich manipulierten Präsidentschaftswahlen. So kraftvoll und optimistisch die Proteste beide Male im Zentrum von Minsk begannen, so jäh zerschlugen der KGB (wie der belarussische Geheimdienst noch immer heißt) und die Polizei die Hoffnungen der Demonstrierenden auf einen demokratischen Umbruch. Widerstand auf der Straße begegnete Lukaschenko zu jeder Zeit mit Härte, dem fünften Machtfaktor. Er ließ Demonstrationen niederknüppeln und Andersdenkende verhaften. Wer sich einem Protest der Opposition anschließe, werde als Terrorist behandelt, so Lukaschenko 2006. Protestierenden werde man »den Hals umdrehen, wie einer Ente«. Das staatliche Fernsehen zeigte Spielfilme statt der Demonstrationen, die großen Zeitungen machten mit Erfolgsmeldungen auf.