Eine Diktatur hat Geburtstag

Lukaschenko forever

Seite 3 – Lukaschenko ist überall

Noch immer leitet Nacht für Nacht »unser Präsident« die Abendnachrichten ein. Mal eröffnet Lukaschenko ein Kulturfestival, mal inspiziert er eine Fabrik oder trifft sich mit ausländischen Gästen in seiner Sommerresidenz. Diese Omnipräsenz von po­sitiven, mit dem Präsidenten verknüpften Nachrichten ist der sechste Machtfaktor. Förderlich ist zudem, dass die in der Bevölkerung deutlich populäreren russischen Fernsehsender die Erzählung Lukaschenkos teilen: Regierungswechsel – wie in der benachbarten Ukraine – würden nur Unsicherheit und Instabi­lität bringen. Und die, so heißt es, fürchten viele Belarussen noch mehr als ­ihren Präsidenten.

Die Opposition hat an Anziehungskraft verloren, kritische Köpfe haben kaum Hoffnung.

Aus Sicht Lukaschenkos ist die Sache ohnehin unstrittig: »Es gibt hier keine Diktatur, es gibt keine Übergriffe. Wie kann ich den Menschen Gewalt antun, die mich fortwährend unterstützen?« Immer wieder inszeniert sich Lukaschenko als Mann aus dem Volk. Er erntete zusammen mit Nachbarn seiner Präsidialresidenz Kartoffeln, dem US-Action-Star Steven Seagal überreichte er Karotten und Melonen und mit Schauspieler Gérard Depardieu senste er gemeinsam Gras. Die einen bezeichnen Lukaschenko deshalb liebevoll »Batschka« (Väterchen), die anderen würden ihn nur ironisch so nennen.

Auch wenn viele Belarussen mit Lukaschenko unzufrieden waren, für die meisten bestand nie eine adäquate Alternative. Die Opposition hat sukzessive an Anziehungskraft verloren, viele kritische Köpfe haben keine Hoffnung mehr auf baldige Besserung. Tausende junger Erwachsener haben Belarus mal mehr, mal weniger freiwillig verlassen, um in Polen, Litauen oder Russland zu studieren. Im Land sind die geblieben, die sich mit den Verhältnissen arrangiert oder ihre Nische, vor allem im Kunst- und Kultursektor, gefunden haben – Machtfaktor Nummer sieben. Als vor Lukaschenkos vierter und bis dato letzter Wiederwahl 2015 die Opposition dazu aufrief, gegen die Scheinwahl zu protestieren, folgten dem nur noch wenige Tausend Menschen.

Lukaschenko hat es verstanden, jegliche Gegnerschaft zu zerschlagen, bevor sie zu einer ernstzunehmenden Bedrohung geworden wäre  – durch Massenverhaftungen und Geldstrafen, fortwährende Gängelungen und staatliche Überwachung, durch Zensur und Propaganda sowie in einigen Fällen wohl auch durch Mord. »Ein autoritärer Herrschaftsstil ist charakteristisch für mich«, gab Lukaschenko 2003 freimütig zu. Er betonte: »Du musst das Land kontrollieren, und das Wichtigste ist, nicht das Leben der Menschen zu ruinieren.«


In Belarus sollen 2020 Präsidentschaftwahlen abgehalten werden. Das gab Präsident Alexander Lukaschenko im April in seiner jährlichen Ansprache vor der Parlament bekannt. Bereits Ende 2019 sollen Parlamentswahlen stattfinden. Während Lukaschenkos 25jähriger Präsidentschaft fanden zwar regelmäßig Wahlen statt, diese waren aber weder frei noch fair.