Das rechtsextreme Hooligan-Milieu in Sachsen trug wesentlich zur der Eskalation der Proteste in Chemnitz bei

Hooligans machen mobil

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Als Auslöser für die erste Demonstration nach dem Tod von Daniel H. am 26. August gilt der Aufruf von »Kaotic Chemnitz« auf Facebook. Er war, versehen mit dem Slogan »Unsere Stadt – unsere Regeln«, für einige Stunden auf der Facebook-Seite der Gruppe zu lesen. Darin wurden »alle Chemnitz-Fans und Sympa­thisanten« aufgerufen, sich »um 16.30 Uhr vorm Nischel zu treffen«. Die Ankündigung endete mit dem Appell: »Lasst uns zusammen zeigen, wer in der Stadt das Sagen hat! Ehre, Treue, Leidenschaft für Verein und Heimatstadt.« Der Ruf der rechtsextremen Fußballfans wurde weit über die Stadtgrenzen hinaus gehört. Bei den Protesten am Montag vergangener Woche und am Samstag waren nach Angaben des JFDA auch Hooligans aus Leipzig, Dresden, Berlin, Dortmund und Cottbus dabei. Benjamin Brinsa, Kampfsportler und Hooligan vom 1. FC Lokomotive Leipzig, reiste beispielsweise gemeinsam mit seinen Kameraden nach Chemnitz.

»Die Chemnitzer Szene ist bestens vernetzt. Es werden unter anderem enge Kontakte nach Cottbus gepflegt, aber auch nach Zwickau und in andere sächsische Städte. Dadurch war es für die Chemnitzer Hooligans kein Problem, am Sonntag so viele Gleichgesinnte zu mobilisieren«, sagte Robert Claus, der Autor des im vergangenen Jahr erschienen Buches »Hooligans«, dem Spiegel. Doch es ist zu vermuten, dass das Mobilisierungspotential des gewaltbereiten Neonazimilieus in Chemnitz nicht voll ausgeschöpft wurde. Denn als die von der AfD angemeldete Großdemonstration am Samstag stattfand, gingen etwa 800 Personen bei einer Veranstaltung der neonazistischen Partei »Der III. Weg« in der nicht weit von Chemnitz entfernten sächsischen Stadt Plauen auf die Straße.

»Wir beobachten diese Entwicklung mit großer Sorge. Es ist bestürzend, dass es einem gewalttätigen rechten Mob in Chemnitz wiederholt gelungen ist, gewalttätig gegen Pressevertreter, Gegendemonstranten und Migranten vorzugehen, und die Polizei sich nicht imstande sah, diesem Treiben Einhalt zu gebieten«, sagte Levi Salomon, Sprecher des JFDA. Außerdem hält er es für bemerkenswert, dass es dem rechtsextremen Milieu in Chemnitz offenbar gelungen ist, auch bürgerliche Teilnehmer für seine Veranstaltungen zu gewinnen. Das unterscheide die Vorkommnisse in Chemnitz von anderen Vorfällen, an denen Hooligans maßgeblich beteiligt waren, wie etwa die Aufmärsche von »Hooligans ­gegen Salafisten« in den Jahren 2014 und 2015.