AfD und NPD pflegen Kontakte

Mehr Nähe wagen

In der AfD ist ein Streit über die Nähe des saarländischen Landesverbandes zur NPD entbrannt. Der Thüringer NPD-Vorsitzende spricht ebenfalls von den guten Kontakten zur AfD und ein AfD-Abgeordneter in Sachsen-Anhalt stellt einen ehemaligen Bundestagskandidaten der NPD als Mitarbeiter ein.

»Ich sage Danke in Richtung Pegida«. Auf dem Landesparteitag der thüringischen Alternative für Deutschland (AfD) Anfang April in Arnstadt bedankte sich der Landesvorsitzende Björn Höcke ausdrücklich. Als »parlamentarische Vorfeldorganisation in Dresden« sei sie ein wichtiger Wegbereiter für die bisherigen Wahlerfolge der Partei, »ohne sie wäre die AfD nicht, wo sie ist«, betonte Höcke auf dem Parteitag. Darüber hinaus äußerte sich der thüringische Landesvorsitzende positiv über die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und den französischen Front National (FN). Höcke betonte, trotz unterschiedlicher Positionen der Parteien müsse das Verbindende, nicht das Trennende, herausgestellt werden. In der derzeitigen Diskussion um Programm und Profil der Partei will Höcke den Begriff der »fundamentaloppositionellen Bewegungspartei« einbringen. Konkret bedeute dies, zwar »nicht den Parlamentarismus« abzulehnen, aber aus seiner Sicht funktioniere dieser schon längst nicht mehr. Die AfD könne nur dann noch stärker werden, wenn sie sich »in grundsätzlicher Opposition zum verbrauchten Altparteienkartell« positioniert. Deshalb sei es notwendig, dass die AfD mit ihren Anliegen auch auf den Straßen präsent sei. Höcke bezeichnete Demonstrationen als wichtiges Instrument für die Partei. Tausenden Teilnehmern könne man zwar nicht hinter die Stirn schauen, erklärte der Landesvorsitzende, aber dieses Wagnis solcher Veranstaltungen müsse man eingehen. Zumal sich die AfD Höcke zufolge zu Beginn jeder Veranstaltung von allen Formen des Rechtsextremismus distanziere.
Tatsächlich forderte der Landtagsabgeordnete der AfD, Stephan Brandner, im November 2015 bei einer Kundgebung auf dem Erfurter Domplatz die NPD auf, sie solle sich »verpissen«. Die Reaktion der NPD ließ nicht lange auf sich warten. Tobias Kammler, der thüringische Landesvorsitzende der NPD, ließ verlauten, dass die »NPD weiterhin mit allen gutwilligen und ehrlichen Personen, Funktionären und Landtagsabgeordneten der AfD in Thüringen auf organisatorischer, journalistischer und politischer Ebene zusammenarbeiten« werde. »Die derzeitigen Proteste«, so Kammler, seien »nicht an Parteizugehörigkeit geknüpft«. Politisch, inhaltlich sind wir mit vielen Funktionären auf einer Wellenlänge«, bestätigte Kammler in einem Interview mit dem RBB-Magazin Kontraste Ende März noch einmal die Kontakte seiner Partei zu einzelnen Vertretern der AfD in Thüringen. Vor allem im Vorfeld von Veranstaltungen seien Absprachen getätigt worden, »damit man sich nicht in die Quere kommt«. Auf Nachfrage betonte Kammler, dass es keine Zusammenarbeit zwischen den Parteien gebe, »aber es gibt AfD-Mitglieder oder Funktionäre, die eben Absprachen mitmachen«. Namen nannte Kammler vor laufender Kamera nicht, auch die Nachfrage, ob die Kontakte sogar bis in die Landtagsfraktion reichen, ließ der Thüringer NPD-Vorsitzende offen.
»Generell schließt die AfD eine Zusammenarbeit mit extremistischen Parteien explizit aus. Die NPD ist eine extremistische Partei, daher gab und wird es keine politische Zusammenarbeit geben«, reagierte Höcke auf die Vorwürfe. Im Streit um die Auflösung des saarländischen Landesverbandes der AfD wegen der Kontakte des Landesvorsitzenden Josef Dörr sowie seines Stellvertreters Lutz Hecker zur NPD und anderen Rechtsextremen sprang Höcke den beiden Funktionären allerdings zur Seite. »Eine Partei, die einen Landesverband auflöst, scheint mir den Kinderschuhen doch noch nicht ganz entwachsen zu sein«, kritisierte er in sozialen Netzwerken die Entscheidung des Bundesvorstandes, den Landesverband aufzulösen. Der Eintrag wurde einige Zeit nach der Veröffentlichung gelöscht.
»Klar ist, dass eine derartige Frage in einer jungen Partei politisch zu lösen ist«, erklärte die im Rechtsstreit unterlegene Bundesvorsitzende der Partei, Frauke Petry. »Die Juristerei kann dabei nur bedingt helfen« und »letztlich muss ein Parteitag entscheiden«, legte sie nach. Der Parteitag in Stuttgart machte den Weg für die Auflösung des Verbandes tatsächlich frei. Die endgültige Entscheidung liegt jedoch beim Schiedsgericht der Partei.
Der saarländische Landesverband bestätigte noch auf seinem Parteitag in Völklingen Mitte April den umstrittenen Vorsitzenden Josef Dörr sowie dessen Stellvertreter Lutz Hecker. Außerdem billigte der Landesverband den Beschluss, in Zukunft nicht mit den sogenannten »Saarländern gegen Salafisten« und der rechten »Freien Bürger Union« zusammenzuarbeiten.
Auch in Sachsen-Anhaltgibt es Kontaklte zwischen NPD iund AfD. Bereits vor der Landtagswahl im März hatte die NPD dazu aufgerufen, mit der Erststimme AfD zu wählen. Die sachsen-anhaltische AfD erhielt bei der Wahl 25 Mandate. Der AfD-Landtagsabgeordnete Jan Wenzel Schmidt stellte nun den früheren Bundestagskandidaten der NPD, Stefan Träger, als Mitarbeiter in seinem Wahlkreisbüro an.
Für bundesweite Schlagzeilen sorgten auch die Thüringer Sozialdemokraten. Die Aufnahme des ehemaligen AfD-Mitgliedes und Landtagsabgeordneten Oskar Helmerich ist in einigen Teilen der Partei äußerst umstritten. Nach seinem Austritt aus der Partei saß er als fraktionsloser Abgeordneter im Stadtrat und im Landtag. Ausgetreten war der Erfurter Rechtsanwalt mit der Begründung, dass die AfD in Thüringen vor allem aus »Extremisten und Verfassungsfeinden« bestehe.
Mitte April nahm schließlich die sozialdemokratische Landtagsfraktion Helmerich als Partelosen mit acht zu zwei Stimmen auf. Matthias Hey, Fraktionsvorsitzender der SPD, begründete die Entscheidung damit, dass Helmerich glaubhaft versichert habe, »hinter den Zielen des Koalitionsvertrages« zu stehen und außerdem »plausibel begründet, warum er damals in die AfD ein- und wieder ausgetreten« sei.
»Die Gründe für den Wechsel in dieser Kürze der Zeit sind für mich nicht plausibel«, äußerte sich dagegen die sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Diana Lehmann gegenüber der Parteizeitung Vorwärts skeptisch. Mit ihrer Fraktionskollegin Birgit Pelke stimmte sie gegen die Aufnahme. »Wie sich Herr Helmerich, der vor kurzem noch Mitglied einer eurokritischen und zumindest rechtspopulistischen Partei war, jetzt hinter den Werten der Sozialdemokratie versammeln will, bleibt für uns offen«, erklärten sie auf Facebook. Lehmann trat aus Protest als Beisitzerin aus dem Vorstand der Thüringer SPD zurück. Auch die Jungsozialisten protestierten energisch: »Jemanden in eine Fraktion der SPD aufzunehmen, der bis 2015 noch für eine national-chauvinistische Partei wie die AfD in einem Landes- und einem Kommunalparlament saß, überschreitet für uns eine rote Linie«, betonte die Landesvorsitzende Saskia Scheler. Für Matthias Hey war vor allem wichtig, dass »Oskar Helmerich sich der Fraktion gegenüber von den Positionen der AfD distanziert« hat und »mit den Zielen der SPD etwas anzufangen« weiß.