Verbot hin oder her: Der NPD stehen keine rosigen Zeiten bevor

Ohne V-Mann keine Zukunft

Die Aussichten der NPD, das ihr drohende Parteiverbot abzuwenden, sind nicht allzu groß. Und selbst bei einem Weiterbestehen wäre ihre Zukunft nicht verheißungsvoll.

Vor 60 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt eine Partei verboten: die Kommunistische Partei Deutschlands. Fünf Jahre zuvor hatte das Gericht die NSDAP-­Nachfolge organisation Sozialistische Reichspartei verboten. In den kommenden Monaten soll in Karlsruhe erneut über das Verbot einer Partei entschieden werden. Die Verfassungsrichter haben in der vergangenen Woche beschlossen, dass der Antrag auf ein Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) zulässig ist. Die langwierige Geschichte um ein Verbot der NPD könnte also in den kommenden Monaten zu einem Ende kommen.

Im Zuge des »Aufstands der Anständigen«, der vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Herbst 2000 ausgerufen worden war, beantragten Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat erstmals ein Verbot der rechtsextremen Partei. Den neuen Antrag hat lediglich der Bundesrat vorgelegt. Das erste Verbotsverfahren scheiterte früh. Das Bundesverfassungsgericht wies den Antrag ab, weil zu viele V-Leute der Verfassungsschutzämter sich in der Führung der Partei tummelten. Die Richter waren der Meinung, dass so nicht eindeutig zu entscheiden sei, welche Maßnahmen und Äußerungen der NPD vom Staat gesteuert seien und welche nicht.

Daraus wollen die Ministerpräsidenten gelernt haben. »Wir haben spätestens seit dem 6. Dezember 2012 keine V-Personen mehr in den Führungsgremien der NPD«, äußerte sich der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der derzeit dem Bundesrat vorsitzt, in einer Pressemitteilung. Die NPD hat dem nicht viel entgegenzusetzen. Peter Richter, Anwalt der Partei im Verbotsverfahren und selbst Funktionär im Saarland, berichtete bislang nur von einem Unfall im Jahr 2012, in dessen Verlauf saarländische Verfassungsschützer auf einem Parkplatz ein Auto rammten, in dem sich seine Mutter befand. Deshalb fühle er sich beobachtet und habe keine Prozessstrategie erarbeiten können, so Richter. Dem Gericht war die Geschichte mit dem Autounfall zu dünn, zumal das Verfahren gegen die NPD 2012 noch nicht beantragt war und niemand voraussehen konnte, dass Richter die NPD später vertreten würde. Auch die Befangenheitsanträge gegen die Richter, die der NPD-Anwalt stellte, blieben erfolglos.

Viel Raum in der mündlichen Verhandlung zum NPD-Verbot nahm bislang die Frage ein, welche Positionen die NPD in ihren Schriften vertritt. Hierzu befragten die Richter unter anderem den NPD-Bundesvorsitzenden Frank Franz und den Europaabgeordneten Udo Voigt. Die NPD-Funktionäre machten dabei allerdings keine gute Figur. Volksgemeinschaft, Rasse, Reich – so ernst dürfe man diese Begriffe eben nicht nehmen. Unabsichtlich entlastete der ehemalige Vorsitzende Holger Apfel zunächst die NPD, indem er sie einen »Popanz« nannte, der »nicht ernstzunehmen ist«. Doch er fügte hinzu, dass sich Teile der Partei immer noch in der »Gedankenwelt des Nationalsozialismus« befänden.

Was den Sinn des Verfahrens angeht, herrscht in der Öffentlichkeit weiterhin erhebliche Skepsis. Einmal gibt es rechtliche Bedenken, ob ein Verbot auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standhalten würde. Dort ist die konkrete Gefährdung für den Staat ein Verbotskriterium. Dass die NPD jedoch weit davon entfernt ist, den Bestand der Bundesrepublik zu gefährden, dürften nur wenige bestreiten. Einige Beobachter sehen auch die Gefahr einer gesteigerten Gewaltbereitschaft von NPD-Mitgliedern nach einem Verbot. Dass nicht erst ein Verbot nötig ist, damit NPD-Mitglieder mehr tun als nur Parteiarbeit, zeigt hingegen ein Beispiel aus dem brandenburgischen Nauen deutlich. Ein NPD-Stadtrat soll dort zusammen mit weiteren Kameraden Brandanschläge auf eine Flüchtlingsunterkunft und ein Auto begangen haben.

Für den unverhohlen nationalsozialistischen Flügel in der NPD wäre es durchaus zu verkraften, sollte die Partei verboten werden. Neonazis wie Thorsten Heise oder Thomas Wulff haben Erfahrung damit, dass ihre Organisationen verboten werden. Sie könnten auch ohne die NPD Betätigungsmöglichkeiten finden. Die rechtsextreme Partei hat noch fünf Wochen Zeit, um Argumente gegen ein Verbot vorzulegen. Danach berät das Gericht über seine Entscheidung. Im Fall eines Verbots fielen die Mandate der Partei weg und eine über Jahre aufgebaute rechtsextreme Infrastruktur wäre verloren. Sollte die NPD nicht verboten werden, dürfte sie im Schatten der AfD weiter an politischer Bedeutung verlieren. Rosige Zeiten stehen der Partei in keinem Fall bevor.