Proteste gegen die Regierung in Südafrika

Die Mitte gegen Zuma

In Südafrika protestiert die Mittelschicht gegen Korruption und Misswirtschaft ­unter der Regierung des African National Congress.

Der Protest verbreitete sich in den sozialen Medien unter dem Hashtag »#Zumamustfall«. Am Donnerstag vergangener Woche gingen Tausende Südafrikaner gegen den seit 2009 regierenden Präsidenten Jakob Zuma auf die Straße. Anlass war die unerwartete Ersetzung des Finanzministers Nhlanhla Nene durch den unbekannten Hinterbänkler David van Rooyen. Nene, so wird vermutet, hatte den Unmut des Präsidenten auf sich gezogen, weil er gegen den Kauf russischer Atomkraftwerke protestiert und gegen das ruinöse Geschäftsgebaren der Vorstandsvorsitzenden des Staatsunternehmens South African Airways, Dudu Myeni, interveniert hatte. Gerüchten zufolge hat Myeni ein Verhältnis mit Zuma, zumindest gehört sie jedoch zum Kreis seiner engen Vertrauten. Der südafrikanische Rand, der ohnehin seit einiger Zeit schwächelt, verlor daraufhin um neun Prozent an Wert, die Staatsanleihen gar um 15 Prozent. In einer spektakulären Kehrtwendung setzte Zuma vier Tage später Pravin Gordhan als Finanzminister ein, der den Posten bereits 2009 bis 2014 innehatte. Die Talfahrt des Rand endete erst einmal, allerdings haben die Vorgänge wenig dazu beigetragen, das Vertrauen in Zumas Amtsführung zu erneuern. Nicht einmal das Kabinett schien zuvor über ­Zumas Entscheidung informiert worden zu sein und so erscheint das Debakel als weiterer Hinweis auf seinen immer autokratischeren Führungsstil, der von Korruption und Vetternwirtschaft geprägt ist.

Mit seinem Namen knüpfte der Protest an #Rhodesmustfall beziehungsweise #Feesmustfall an, Protestbewegungen, bei denen sich Studierende relativ erfolgreich gegen die mangelnde antiko­loniale und demokratische Transformation der südafrikanischen Universitäten nach der Apartheid und eine Erhöhung der Studiengebühren gewehrt hatten (Jungle World 45/2015). Doch die neue Bewegung weist eine deutlich andere soziale Zusammensetzung auf: Hier dominiert die mehrheitlich weiße Mittelschicht, die zwar unter zehn Prozent der Bevölkerung des Landes ausmacht, aber deren ökonomische Interessen von einem Währungsverfall in anderem Maße berührt werden, als es bei der überwiegend armen schwarzen Mehrheit der Fall ist. Und so fehlten diesmal die Bilder von Polizeigewalt, Tränengas und Gummigeschossen. Stattdessen gab es, wie nicht selten unter weißen Südafrikanern, deutlich rassistische Untertöne. Die nostalgische Sehnsucht nach der vermeintlichen ökonomischen und sozialen Sicherheit der Apartheidszeiten geht einher mit Andeutungen, dass Schwarze eben nicht zur Übernahme der Regierungsverantwortung geeignet seien und Südafrika auf dem besten Wege sei, ein weiterer afrikanischer failed state zu werden.

Tatsächlich sieht es für das ehemalige wirtschaftliche Ausnahmeland derzeit nicht gut aus. Trotz aller sozialistischen Rhetorik hat Südafrika seit den Zeiten der Präsidentschaft Nelson Mandelas einen eher wirtschaftsliberalen Kurs verfolgt. Die alte weiße Oberschicht blieb reich und eine prozentual schmale Schicht von Schwarzen mit guten Verbindungen in den Parteiapparat des ­African National Congress (ANC) konnte sozial aufsteigen. Doch die Mehrheit bleibt vom ge­sellschaftlichen Reichtum ausgeschlossen und kämpft mit bitterer Armut und einer verdeckten Arbeitslosigkeit von etwa 35 Prozent. Wirtschaftspolitisch hatte der ANC vor allem auf den Rohstoffreichtum des Landes gesetzt, eine ­Strategie, deren Auswirkungen angesichts weltweit sinkender Rohstoffpreise nun auch die ökonomischen Aussichten der Mittel- und Oberschicht schmälern. Gleichzeitig wurden Wartung und Ausbau der Infrastruktur vernachlässigt, so dass nun Elektrizität und, in Teilen des Landes, auch Wasser rationiert wird. Zudem sind unter Zuma Nepotismus, Korruption und die Veruntreuung öffentlicher Gelder offenbar endemisch geworden und auch die schwarze Mittelschicht wendet sich immer mehr vom ANC ab. Vor dem Hintergrund breitenwirksamer und lauter Protestbewegungen, wie sie das Land seit dem Übergang zur Demokratie nicht gesehen hat, scheint es, dass die Tage der gesicherten Herrschaft der einstigen Befreiungsbewegung gezählt sind.