Warum Syriza an der Macht bleibt

Besser geht’s nicht

Der erneute Erfolg Syrizas bei den Wahlen in Griechenland ist vor allem auf mangelnde Alternativen zurückzuführen.

Alexis Tsipras ist ein Politiker mit vielen Leben. Kaum jemand hätte noch erwartet, dass seine Partei die Parlamentswahlen in Griechenland wieder souverän gewinnen würde. Die Verluste für Syriza sind minimal, die Koalition mit den rechtspopulistischen »Unabhängigen Griechen« geht weiter, als wäre nichts geschehen.
Dabei haben sich alle Vorgaben geändert, für die Tsipras Anfang des Jahres angetreten war. Anstatt wie angekündigt die Austeritätspolitik aufzukündigen, muss seine Regierung sie nun vollstrecken. Griechenland wird nicht, wie Tsipras so oft verkündet hatte, die sogenannte Troika aus dem Land vertreiben, sondern weiter mit ihr kooperieren. Angesichts der extremen Auflagen der EU und Deutschlands spielt es fast keine Rolle mehr, wer regiert. Die Hoffnungslosigkeit zeigt sich auch an der Wahlbeteiligung. Sie lag so niedrig wie noch nie seit dem Ende der Militärdiktatur vor über 40 Jahren.
Der Grund, warum Syriza dennoch die Macht behalten kann, ist einfach: Etwas Besseres als Tsipras ist derzeit nicht im politischen Angebot. Griechenland sei ein Testlabor für die neoliberalen Eliten in Europa, hat Tsipras oft geklagt. Es ist aber zugleich ein Trainingsfeld für sozialdemokratische Krisenverwalter. Wie kein anderer Politiker schafft es Tsipras, einerseits mit viel nationalem Pathos gegen die europäische Sparpolitik zu wettern und sie andererseits praktisch umzusetzen. Viel anderes bleibt ihm auch nicht übrig. Seine einzige Chance besteht darin, über eine Schuldenerleichterung zu verhandeln. Immerhin hat der Internationale Währungsfonds bereits Verständnis signalisiert. Die Rückzahlungen könnten zeitlich weiter gestreckt werden, was einem Schuldenschnitt gleichkommt. Am Elend in Griechenland wird dies vorerst wenig ändern.
Eine echte Alternative zur Sparpolitik hat bislang nur die Volkseinheit (LAE) unter dem ehemaligen Umwelt- und Energieminister Panagiotis Lafazanis anzubieten. Die linke Abspaltung von Syriza fordert den Austritt aus der Euro-Zone und eine Rückkehr zur Drachme. Dass die Partei an der Drei-Prozent-Hürde gescheitert ist, mag an der kurzen Vorbereitungszeit gelegen haben. Zwischen der Parteigründung und den Wahlen lagen nur ein paar Wochen. Vor allem aber scheinen nur wenige Griechinnen und Griechen ein »Leben jenseits der Euro-Zone«, wie es die Volkseinheit fordert, attraktiv zu finden, ebenso wie eine nationale Währung. Faktisch propagiert die Partei damit wirtschaftliche Autarkie und eine Renationalisierung der Politik. Es bedarf wenig Phantasie, um sich die Folgen auszumalen: Das griechische Bankensystem würde sofort zusammenbrechen. Und ohne weitere finanzielle Hilfe bliebe dem Land nicht viel anderes übrig, als in einer Art erweiterter Subsistenzwirtschaft zu überleben.
Die Frage, ob nicht eine Rückkehr zur nationalstaatlichen Politik des vergangenen Jahrhunderts eine sozialverträglichere Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Euro-Zone wäre, treibt auch andere linke Parteien in Europa um. Die französische Parti de Gauche diskutiert ebenso darüber wie viele deutsche Linke oder die britische Labour Party unter ihrem neuen Vorsitzende Jeremy Corbyn. Die Wahlen waren ein erster Test, um die politischen Perspektiven für einen radikalen Nationalismus von links auszuloten. Zumindest in Griechenland ist dieses Projekt gescheitert.