»Wir werden bald Konzern«

Vor 20 Jahren wurde der Verbrecher-Verlag in Berlin gegründet. Damals war Jörg Sundermeier Student der Literaturwissenschaften, heute hat der Verleger einen festen Autorenstamm und arbeitet mit einem kleinen Team in einem unaufgeräumten Büro im Kreuzberger Mehringhof.

Welcher Verleger ist dein Vorbild? Wer hat es richtig gemacht?
Niemand macht alles richtig, aber viele machen vieles gut. Kurt Wolff ist hier selbstverständlich zu nennen, Lutz Schulenburg und Hanna Mittelstädt von der Edition Nautilus, aber auch Jörg Schröder und Barbara Kalender vom März-Verlag. Aber da bin ich befangen, da die beiden letzteren auch bei uns veröffentlichen.
Ihr seid also der typische linke Kleinverlag.
Nein. Wir sind ein linker Publikumsverlag, der nur noch nicht vom großen Publikum als solcher erkannt wurde.
Der Verlag hat 2014 den mit 26 000 Euro dotierten Kurt-Wolff-Preis erhalten. Wo ist das ganze Geld geblieben?
Wir haben Schulden getilgt. Und einen Kampfstern gekauft, um das Publikum zu überzeugen, aber das ist noch geheim.
Wen wollt ihr damit angreifen?
Alle, die im Weg stehen! Also Obacht, Holtzbrink und Bertelsmann!
Du hast 200 Bücher verlegt. Welches ist dein Lieblingsprojekt?
Tatsächlich alles. Wir machen nur Bücher, die wir auch selbst gut finden. Da gibt es keine Lieblinge. Aber die Ausgabe der Mühsam-Tagebücher und das Wagnis, »Das Büro« von J. J. Voskuil zu verlegen – das ist unter den tollen Dingen nochmal was Extratolles.
»Das Büro« besteht im niederländischen Original aus sieben Bänden mit insgesamt 5 200 Seiten. Wie bist du auf die gigantische Bürosaga aufmerksam geworden?
Durch den Übersetzer Gerd Busse, der wiederum Freunde von Freunden kennt. Zufälle sind immer wichtig für die Verlagsarbeit.
J. J. Voskuil hatte ja ein gebrochenes Verhältnis zur Arbeit. Er wählte sogar den »Tag der Arbeit« für seinen Suizid. Du arbeitest gern. Welcher Teil deiner Arbeit macht dir Spaß, welcher nicht?
Faulheit und Arbeit müssen sich ergänzen.
Wie viel Zeit in der Woche verbringst du mit Lesen?
20 bis 30 Stunden, schätze ich.
Wo nimmst du die Zeit für die Lektüre her?
Wat mutt, dat mutt.
Wo steht der Verbrecher-Verlag in zehn Jahren?
Ich bin in Gütersloh geboren. Daher führt am Konzern nichts vorbei. Wann genau wir Konzern werden, entscheidet aber das Publikum.