Die European Maccabi Games in Berlin

Makkabi-Flamme auf dem Motorrad

Bei den European Maccabi Games in Berlin stehen nicht nur olympische Sportarten auf dem Programm – auch im Bridge kann um Medaillen gekämpft werden.

Wenn die Euopean Maccabi Games (EMG) am 27. Juli in Berlin feierlich eröffnet werden, wird das »Ewige Feuer« für die Makkabi-Fackel auf Motorrädern in die Waldbühne gebracht. Unter dem Motto »Back to Berlin« waren elf Biker und Bikerinnen in Israel gestartet – wie bereits 1931, als jüdische Motorradfahrer die Kunde von der ersten Maccabiah, die am 26. März 1932 in Tel Aviv beginnen sollte, in Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Serbien, Ungarn, Tschechien, Österreich und Deutschland verbreiten halfen. Und dazu nebenbei die Juden in den jeweiligen Ländern ermunterten, die Alija zu machen, also ins damalige unter britischem Mandat stehende Palästina auszuwandern. Über die Reise der heutigen Motorradboten und die ihrer historischen Vorbilder, die bei ihrer Rückkehr feierlich vom Tel Aviver Bürgermeister Meir Dizengoff empfangen wurden, wird gerade ein Dokumentarfilm gedreht, ein kurzer Ausschnitt soll bereits auf der Eröffnungsfeier zu sehen sein.
»Wir haben bewusst versucht, auch deutsche Juden anzusprechen, die nicht in den großen Städten wohnen, in denen es Makkabi-Vereine gibt, sondern die in den örtlichen Sportvereinen aktiv sind, indem wir zum Beispiel über Facebook oder die Jüdische Allgemeine Aufrufe gestartet haben«, berichtet Tomer Nahary vom Präsidium der EMG 2015. »Wir haben im Prinzip alle modernen Kommunikationsmöglichkeiten genutzt und das sehr erfolgreich – wie die Motorradfahrer von 1931 es ja eigentlich auch getan haben.« Nicht alle, die gern dabei sein wollten, haben es jedoch auch in die Teams geschafft, in Vorbereitungslehrgängen wurden die sportlich Besten ausgewählt. »Aber wir wollten keinesfalls, dass Leute traurig zu Hause sitzen müssen, deswegen haben wir denjenigen, für die es nicht gereicht hat, die Möglichkeit geboten, als Betreuer oder Volunteers die einmalige Atmospäre der Spiele mitzuerleben – die Maccabi Games sind ja schließlich viel mehr als nur ein Sportevent und gerade für ­Jugendliche ist das zusätzlich angebotene Bildungsprogramm ja eine sehr tolle Sache.«
Auch Einzelteilnehmer wie der jüdische Ire, der als einziger Sportler aus seinem Land starten wird (im Triathlon), können sicher sein, dass sie bei der Maccabiah nicht allein sind. »Es geht bei den EMG eben um mehr als nur um Sport, es geht auch darum, Kontakte zu Juden aus anderen Ländern zu knüpfen«, sagt Nahary.
Und es werden Sportarten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, die normalerweise nur wenig Medieninteresse auf sich ziehen – und die schon gar nicht olympisch sind. Bridge, beispielsweise, gehört traditionell zu den Maccabi Games. Der Kölner Jakov Kats ist verantwortlich für das deutsche Bridge-Team. Seit mehr als 30 Jahren ist er begeisterter Spieler. »Ich habe es in Litauen gelernt, in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion ist die Sport­art sehr verbreitet.«
Bei dem Kartenspiel treten Teams paarweise gegeneinander an. Wie im Schach, das ebenfalls zum traditionellen Maccabiah-Programm gehört, entschei­det nicht das Glück, sondern die jeweilige Leistung darüber, wer gewinnt, weswegen beide Spiele offiziell als Sport gelten. Zwei bis drei Mannschaften mit vier bis sechs Spielern wird die Bridge-Sektion von Makkabi Deutschland stellen. Und die werden altersmäßig gemischt sein, »zwischen 30 und 80, unsere Sportart kennt nämlich keine Altersgrenzen. Und das ist auch das Schöne daran: Wir haben die Möglichkeit, Menschen zu treffen, die noch vor dem Zweiten Weltkrieg geboren sind, und ihre persönlichen Geschichten zu erfahren, das ist schon etwas ganz Besonderes«, erklärt Kats.
Bridge wird in zwei deutschen Makkabi-Vereinen gespielt, in Frankfurt und in Köln, die beide im Deutschen Bridge-Verband organisiert sind, der die European Maccabi Games auch unterstützt. Aber die EMG-Starter werden längst nicht nur aus diesen beiden Städten kommen. »Wir haben Leute aus ganz Deutschland dabei, aus Groß-Gerau, aus Bonn, aus München, Berlin, Koblenz, Dormagen, Nürnberg – dort gibt es keine eigenen Makkabi-Bridge-Clubs, also spielen die dortigen Juden eben in anderen Vereinen.«
Ganz einfach sei zudem ja auch das Reisen für die Bridge-Spieler nicht. »Das können sich nicht alle einfach so leisten, manche sind arm und für sie ist es unmöglich, einfach mal ein Zugticket zu kaufen und in einem Hotel zu wohnen.« Durch das Internet sei es immerhin viel einfacher geworden, sich auf große Turniere wie die European Maccabi Games vorzubereiten, schildert Kats: »Wir können online trainieren, uns also jeden Tag treffen und spielen, Erfahrungen austauschen und uns verbessern.«
Einen richtigen Heimvorteil werden die deutschen Bridge-Spieler bei den Makkabi Games allerdings nicht haben: »Anders als im Fußball dürfen die Zuschauer nicht jubeln, sondern nur still zugucken«, sagt Kats. Er selbst wird vielleicht auch spielen. »Es kommt ein bisschen darauf an, ob wir noch eine dritte Mannschaft an den Start bringen können oder nicht, dann wäre ich natürlich bereit – auch wenn ich in dem Fall mich nicht so viel um Organisatorisches kümmern könnte. Aber ich bin so oder so froh, wenn ich helfen kann.«
Auf den Vorbereitungslehrgang in Duisburg freuen sich die Makkabi-Bridge-Spieler schon sehr, berichtet Kats. »Als Team wollen wir natürlich immer gewinnen, unser Ziel sind auf jeden Fall Medaillen – aber es geht ja bei den EMG auch noch um viel mehr, nämlich um den Kontakt zu anderen jüdischen Sportlern.«
So sieht das auch der Hamburger Jörg Osowski. Der Futsal-Trainer – Futsal ist Hallenfußball mit einem speziellen Ball – freut sich schon sehr auf die Maccabiah. »Abgesehen von der historischen Bedeutung, dass 70 Jahre nach dem Ende des Naziregimes jüdische Sportspiele in Berlin stattfinden, ist es natürlich auch etwas ganz Besonderes für die Aktiven, eine derart große Meisterschaft im eigenen Land zu erleben.« Nun werden Berliner, Frankfurter, Münchner und Kölner gemeinsam Futsal spielen. »Leider gibt es nur sehr wenige Makkabi-Vereine, die diese Sportart anbieten«, bedauert er. Entstanden ist das deutsche Futsal-Team durch einen Zufall. »Bei den European Maccabi Games 2011 in Wien war das eher eine spon­tane Aktion, weil wir nicht genug Fußballspieler zusammenbekommen haben und dann eben auf Futsal ausgewichen sind«, lacht Osowski. Nun hat man sich viel vorgenommen: »Eine Medaille wäre schon toll, 2013 in Israel sind wir mit einem nicht ganz so starken Kader immerhin Achter geworden.«
Mit den Problemen der ersten Maccabiah 1932 wird man in Berlin übrigens nicht kämpfen müssen. Rund 390 Athleten aus 27 Ländern waren unter anderem der Einladung der Motorradfahrer gefolgt. Die Hotelzimmer waren allerdings knapp, so dass die Bevölkerung aufgerufen wurde, Gäste aufzunehmen. Und die Schwimmwettbewerbe konnten mangels einer Schwimmhalle nur im Hafen von Tel Aviv stattfinden, wo improvisierte Bahnen abgesteckt wurden.