Die Ebola-Krise

Kranker Bedarf

Die Aufregung über den ersten Ebola-Fall in den USA könnte die Entwicklung von Medikamenten beschleunigen. Ob diese auch armen Afrikanerinnen und Afrikanern zugute kommen, ist jedoch fraglich.

CNN hatte in der Nacht von Montag auf Dienstag kaum ein anderes Thema. Ein in Liberia arbeitender Kameramann des Nachrichtensenders NBC hatte sich mit Ebola infiziert und ist offenbar schon in den USA gelandet. Das Virus soll er sich in einem Auto eingefangen haben. Das führte bei CNN zu skurrilen Szenen: Ein Reporter fragte einen Infektionsspezialisten allen Ernstes, wie man sich in einem Auto infizieren könne. Der Arzt schaute zuerst etwas irritiert, erklärte die Möglichkeit dann kurz und ging zu allgemeineren Feststellungen über, wie der, dass die Gefahr einer Infektionswelle in den USA immer noch sehr gering sei. Das wollte nicht so recht zu Präsident Barack Obamas Aussage passen, in der dieser die Ebola-Krise zu einer mit Priorität zu behandelnden Frage der »nationalen Sicherheit« erhob. Dazu gab es immer wieder Hinweise auf die erste Ansteckung mit Ebola außerhalb Afrikas, betroffen sei eine spanische Krankenschwester, die in Madrid zwei Ebola-Patienten betreut hatte.
Auffällig an der ganzen Aufregung auf CNN war, dass die Meldungen vom Montag, die von einem sprunghaften Anstieg der Todesfälle in Sierra Leone auf 121 Menschen an einem Tag berichteten, überhaupt keine Rolle spielten. Afrika und der sogenannte entwickelte Westen leben eben doch nicht in derselben Welt. Diese Trennung wurde besonders deutlich von einer anderen Nachricht der vergangenen Woche illustriert: Als es dem ersten Ebola-Patienten in den USA, einem aus Westafrika zu einer Hochzeit nach Texas gereisten Menschen, in einem Krankenhaus in Dallas immer schlechter ging, stiegen die Aktienkurse der drei an Ebola-Medikamenten und einem Ebola-Impfstoff arbeitenden Pharmaunternehmen sofort deutlich. Was sich im Kursanstieg ausdrückte, war der Unterschied von Bedürfnis und Bedarf, den hierzulande jeder Volkswirtschaftsstudierende in seinen Grundvorlesungen lernt. Ein Bedürfnis kann jeder haben, Bedarf gibt es aber nur dort, wo die Menschen die gewünschte Ware auch bezahlen können. Der nun mit dem ersten US-amerikanischen Ebola-Patienten eingetretene Bedarfsfall wird die Forschung zur Ebola-Bekämpfung mit Sicherheit beschleunigen. Denn jetzt gibt es mit den Regierungen der entwickelten Länder endlich einen zahlungskräftigen Kunden für Impfstoff und Medikamente.
Wobei auch die deutsche Regierung eine wichtige Rolle spielt, denn die hatte bereits im Fall der ­Vogelgrippe staatliche Behörden angewiesen, massenhaft das Grippemittels Tamiflu einzukaufen und zu horten. Dass dieses zu nichts zu gebrauchen war und auch nicht benötigt wurde, störte nur wenig, ließ es doch immerhin die Gewinne des produzierenden Pharmaunternehmens steigen. Bei Ebola wird das nicht anders sein, mit dem Unterschied, dass die Medikamente schon länger gebraucht werden, längst entwickelt sein könnten und dies wohl auch bereits wären, wenn es denn je einen Bedarf gegeben hätte. Derzeit hilft das in Westafrika zwar noch niemandem, lässt aber immerhin hoffen. Die Frage wird aber sein, ob die Medikamente dann auch bei ärmeren Menschen in Afrika ankommen oder ob sich einfach nur der von HIV und Aids bekannte Fall wiederholt, dass für viele Afrikanerinnen und Afrikaner die Arzneien zu teuer sind.