Mobilisierung gegen das Abtreibungsgesetz in Irland

Zum Gefäß gemacht

In Irland gewährt auch die reformierte Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch Frauen kein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper.

»Als Gefäße behandelt« würden Frauen in Irland, meinte Nigel Rodley im Juli. Der Vorsitzende des Gremiums für Menschenrechte und seine Kollegen hatten im Auftrag der Uno die Umsetzung der geforderten Gesetzesreformen zum Schwangerschaftsabbruch in Irland überprüft. Nach den internationalen Protesten, die auf den Tod von Savita Halappanavar folgten, die im 2012 aufgrund einer ihr verweigerten Abtreibung gestorben war, hatte der Europäische Gerichtshof die irische Regierung verpflichtet, das Abtreibungsrecht zu ändern. Suizidgefährdung der Schwangeren wurde als Gefahr für das Leben und somit als Abtreibungsgrund anerkannt und die Reise nach Großbritannien zum Zweck einer Abtreibung legalisiert. Als das UN-Menschenrechtsgremium nachfragte, was getan werde, wenn sich Frauen diese Reise nicht leisten könnten, antwortete Mary Jackson vom irischen Gesundheitsministerium: »Zur Zeit haben wir dafür keine Lösung.« Sie behauptet: »Dieser Herausforderung sind wir noch nicht begegnet.«

Jackson hätte sich besser informieren sollen, wie etwa ein Interview mit einer Betroffenen in der Irish Times vom 19. August zeigt. Die junge Frau kam als Flüchtling nach Irland und erfuhr bei einer medizinischen Untersuchung im April, dass sie in der neunten Woche schwanger war. Sie habe sofort gesagt, dass sie lieber sterben wolle, als dieses Kind auszutragen, sie sei in ihrem Herkunftsland vergewaltigt worden und habe ihre Schwangerschaft als »große Schande« empfunden. Bei der Irish Family Planning Association (IFPA) wurde ihr mitgeteilt, dass zwar noch ein Abbruch vorgenommen werden könne, aber nur in England. Die Reise werde um die 1 500 Euro kosten, die sie selbst aufbringen müsse. In der 16. Woche zeigte sie sich besorgt, ob der Abbruch noch rechtzeitig erfolgen könne. Man sagte ihr, das sei nicht das Problem, scheitern werde es am Geld. Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch rieten ihr Bekannte, sich an die Psychiatrie zu wenden, die ihr nach der neuen Gesetzeslage einen Abbruch ermöglichen könne. Zwei Psychiater bestätigten, dass sie selbstmordgefährdet sei. Doch der dritte Arzt, ein Gynäkologe, wies darauf hin, dass nach 24 Wochen ein lebendes Kind zur Welt gebracht werden könne. Eine Geburt vor der 37. Woche zählt als Frühgeburt, vor der 32. Woche gilt sie als gefährlich für das Kind. Meist tun Ärzte alles, um eine so frühe Geburt zu vermeiden.

Als die Frau erfuhr, dass sie das Kind weiter austragen müsse, hörte sie auf zu essen und zu trinken. Die Zeitungen schrieben von einem »trockenen Hungerstreik«, was sie der Irish Times berichtete, klingt aber eher nach Selbstaufgabe. Man habe ihr gesagt, ihr werde nun doch eine Abtreibung gewährt, damit sie wieder Nahrung zu sich nehme. Der Gesundheitsdienst HSE hatte eine Verfügung des Obersten Gerichtshofs eingeholt, sie gegebenenfalls zwangszuernähren. Schließlich willigte sie ein, ihr Kind nach 24 Wochen Schwangerschaft per Kaiserschnitt auf die Welt zu bringen. Jede Verfügung über ihren Körper war ihr entzogen worden, erst durch die Vergewaltigung, dann durch die staatliche Verwaltung. Fidelma Healy Eames hingegen, die 2013 die konservative Partei Fine Gael verließ, weil sie der Gesetzesänderung nicht zustimmen wollte, sagte, es sei doch »großartig«, dass Mutter und Kind am Leben seien.
Derzeit werden unter dem Hashtag #wearenotvessels (»Wir sind keine Gefäße«) Demonstrationen organisiert, in einer Petition wird ein Referendum zur Abschaffung des achten Verfassungszusatzes gefordert. Dieser stellt das Ungeborene ab dem Zeugungsmoment in seinem Recht auf Leben gleich mit seiner Mutter. Diese Bestimmung verstoße nicht nur gegen internationales Menschenrecht, sondern entspreche auch nicht länger dem Willen der Bevölkerung, heißt es in der Petition, die sich auf neue Umfragen der Irish Times beruft. Die »Folterung von Frauen« geschehe auf Betreiben einer »Minderheit« und folge einer »überholten Ideologie«, so die Irish Times. In Dublin, London und vor der irischen Botschaft in Berlin gab es vorvergangene Woche Proteste zur Unterstützung der Petition.