Das Medium

Weises Wimmeln

Wenn ein erwachsener Mensch sehr laut und sehr verzweifelt »Wo ist der verdammte Apfel?« schreit, muss es sich nicht immer automatisch um einen Vitaminnotstand handeln – es kann auch sein, dass der Apfelsucher gerade mit einem Wimmelbild-Game beschäftigt ist und nur dann das nächste Level erreicht, wenn er endlich, endlich das blöde, gut versteckte Obst gefunden hat. Wimmelbild-Fans sind oft sehr verzweifelt, denn anhand einer vorgegebenen Liste auf Zeit in einem unübersichtlichen Szenario raffiniert verborgene Gegenstände zu finden, ist nicht besonders einfach. Gleichwohl boomen diese Spiele – besonders erfolgreich ist derzeit »Criminal Case«, ein wimmeliges Detektivspiel aus Frankreich, bei dem man erstaunlich blutige Verbrechen aufklären muss, indem man vorgegebene Gegenstände findet, manche von ihnen untersucht und Verdächtige verhört. Und nebenbei Englisch übt, denn wie die meisten anderen auch, gibt es das Game nur in einer Sprache. Herauszufinden, was »Aerial« bedeutet, und dann die Fernsehantenne irgendwo an einer besonders schattigen Stelle verborgen, auch wirklich zu finden, kann zu ausgesprochen großer Verzweiflung führen, schließlich braucht man noch viele Punkte, um endlich den unerhört verdächtigen Freund des Opfers zu befragen. Eines der ersten Wimmelbilder wurde 1559 übrigens von Pieter Bruegel dem Älteren gemalt. »Nederlandse Spreekworden« zeigt 80 Situationen in einem Dorf, die damals gängige Sprichwörter und Redensarten darstellen (einige davon, wie »gegen den Strom schwimmen« sind sogar noch heute gebräuchlich). Bruegel wollte mit seinem Bild allerdings keine unterhaltsame Denksportaufgabe schaffen, sondern die menschliche Dummheit zeigen, weswegen er selber seinem Werk den Titel »De dwaasheld van de wereld«, sinngemäß »Närrischkeit der Welt«, gegeben hatte.