Hizbollah auf dem Kudamm

Ob die diesen Sommer umtriebigen »Reichsbürger«-Nazis, die am Samstag auf dem Berliner Kurfürstendamm Flugblätter mit der Webadresse staatenlos.info verteilten, wegen einer der sich dort sammelnden Demonstrationen kamen, ist nicht bekannt. Auf der nördlichen Straßenseite wären sie wohl nicht weiter aufgefallen, dort begann der jährliche Aufmarsch zum Quds-Tag, einem von Ayatollah Khomeini 1979 ausgerufenen internationalen Kampftag, der, freundlich formuliert, die Staatenlosigkeit der Juden zum Ziel hat. Neben etwa 700 Islamisten zog er Querfront-Aktivisten und Spinner aller Couleur an. Zwei Mitglieder der Chávez-Jugend hielten ein Transparent mit ihrem Líder, deutsche Nazis entschieden sich für den syrischen Diktator Assad und Friedensfreunde hatten ein Porträt und Zitat von Günter Grass auf ihr Schild geklebt. Dominant waren freilich die Fahnen der Islamischen Republik Iran und der Hizbollah. Gegen das Zeigen letzterer gab es dem Einsatzleiter der Polizei zufolge nach einer Prüfung durch das LKA keine Handhabe, auch nicht nachdem die EU Ende Juli einen »militärischen Flügel« der Hizbollah als Terrororganisation eingestuft hatte. Auf der anderen Straßenseite nahmen etwa 250 israelsolidarische Linke an einer Gegenkundgebung teil. »Für die Freiheit, für das Leben« wurde demonstriert, man solidarisierte sich mit den weltweiten emanzipatorischen Kämpfen gegen Islamismus und unterstrich dies mit einer Aufnahme von »Bella Ciao«, gesungen auf dem Istanbuler Taksim-Platz. Ein zweites, »bürgerliches« Bündnis gegen den Quds-Tag versammelte dieses Jahr nur etwa 150 Leute, die dann aber einige gute Redebeiträge hören konnten, bei denen neben Grundsätzlichem auch Konkretes über die Realität deutsch-iranischer Beziehungen berichtet wurde. Etwa, dass die iranische Botschaft für den 16. August eine Palästina-Veranstaltung in der nahegelegenen Urania angekündigt hat – womit dann auch schon der nächste Anlass zum Protest gefunden ist.