Wilde Hunde

Graffiti, dicker Mercedes, Rapper im Kapuzenpulli und viel Gefuchtel mit den Händen. Das Video würde sich kaum von anderen Rap-Videos unterscheiden, wären da nicht die Aufnahmen, die auf Zivilisten einprügelnde Polizisten zeigen – und der Text. Dieser brachte dem tunesischen Rapper Ala Yaacoub alias Weld El 15 internationale Bekanntheit und zwei Jahre Gefängnis ein. In dem Song »Boulicia Kleb«, der sich gegen Polizeigewalt in Tunesien richtet, bezeichnet er Polizisten als Hunde und rappt: »Gebt mir eine Knarre, ich erschieße sie!« Im Video dazu simulieren die Künstler Waffen mit den Händen, die Schlagstöcke der gezeigten Polizisten sind hingegen echt. Am 3. März wurde das Video zu »Boulicia Kleb« bei Youtube hochgeladen und bis Mitte Juni knapp 1,5 Millionen Mal angesehen.
Eine Woche nach der Veröffentlichung wurde gegen Yaacoub und weitere am Videodreh Beteiligte strafrechtlich ermittelt. Die tunesische Polizei nahm den Regisseur Mohammed Hedi Belgueyed und die Schauspielerin Sabrine Klibi wegen Volksverhetzung fest. Am 22. März erging das Urteil in Abwesenheit Yaacoubs: zwei Jahre Gefängnis ohne Bewährung für ihn, sechs Monate auf Bewährung für Belgueyed und Klibi wegen Anstiftung zur Gewalt gegen öffentliche Beamte und Beleidigung der Polizei. Die Höchststrafe beträgt sieben Jahre Knast. »Ich habe lediglich die Sprache der Polizei benutzt. Sie haben mich verbal und physisch schikaniert. Als Künstler konnte ich ihnen nur mit Kunst antworten. Ich gab ihnen gewalttätige Kunst«, verteidigte Yaacoub sich Mitte März in einem Video auf Facebook. Nachdem er untergetaucht war, stellte er sich für den wiederaufgenommenen Prozess nun der Polizei, in der Hoffnung auf ein faires Verfahren. Doch am Donnerstag voriger Woche erging dasselbe Urteil. Vor dem Gerichtssaal kam es nach dem Urteilsspruch zu Rangeleien zwischen Unterstützern Yaacoubs und der Polizei, bei denen Tränengas zum Einsatz kam. Mehrere Unterstützer sollen geschlagen und drei festgenommen worden sein. Yaacoub erhielt viel Zuspruch und Unterstützung von Journalisten und Bloggern, die in dem Urteil eine weitere Beschneidung bürgerlicher Freiheiten in Tunesien sehen. Erst einen Tag zuvor waren drei europäische Femen-Aktivstinnen zu vier Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden, weil sie oben ohne für die Freilassung der tunesischen Femen-Aktivistin Amina Sboui protestiert hatten.