Reiter der Apokalypse

Ein Blick auf Joachim Witts Facebook-Seite genügt, um zu wissen: Das ist nicht nur ein Shitstorm, sondern ein Shithurricane. Der Sänger ist als Star der Neuen Deutschen Welle (»Der goldene Reiter«) zu Popularität gelangt. Danach verschwand er lange in der Versenkung. Jetzt hat er das Video zu seinem neuen Song »Gloria« aus dem Album »DOM« veröffentlicht und die Empörung nimmt kein Ende. Der Grund für die Aufregung: In dem düsteren Musikclip werden deutsche Soldaten gezeigt, die bei einem Kriegseinsatz eine junge Frau vergewaltigen. Bei der Bundeswehr heißt es, dies sei eine »Verunglimpfung derer, die ihren Kopf für unser Land hinhalten«. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, rief dazu auf, sich den Unmut direkt via Facebook von der Seele zu schreiben. Diesem Angebot folgen offenbar Heerscharen gekränkter deutscher Soldaten mit Tausenden Kommentaren und Einträgen. Mitunter liegen die Beleidigungen weit unter der Gürtellinie. Der Sänger reagierte und entschuldigte sich. Die Soldaten im Clip seien »austauschbar« und nicht explizit deutsch. Sein Ziel sei es gewesen, ein »apokalyptisches Horrorszenario« darzustellen. Doch die Entrüstung dauert an. Neben den virtuellen Angriffen sollen sogar Morddrohungen gegen Witt eingegangen sein. Er erwägt mittlerweile rechtliche Schritte. Nun sieht sich auch noch das Bundesfamilienministerium genötigt, das Video von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien untersuchen zu lassen. Ende nächster Woche soll entschieden werden, ob es auf den Index kommt. Nach eigenen Aussagen ist Joachim Witt ein Verbot des Videos allerdings »scheißegal«. Der Provokateur gibt sich beleidigt und verkriecht sich in der Schmollecke.
»Gloria« erfreut sich unterdessen großer Beliebtheit auf Youtube. Geschmacklos ist das Video tatsächlich, allerdings nicht deshalb, weil es »deutsches Kriegsheldentum« besudelt. Die rein zu dramaturgischen Zwecken eingesetzten Vergewaltigungsszenen lassen jeden Anflug kritischer Auseinandersetzung mit dem Thema vermissen und sorgen nur für skandalträchtige PR. Der Text hat inhaltlich nichts mit den Bildern zu tun, vielmehr werden kitschige Phrasen über sehnsüchtige Liebe verbreitet. Das alles sei ja auch »lediglich eine Kunstform«, beschwichtigt Witt. Als ehemaliges Mitglied des Bundesgrenzschutzes respektiere er die Arbeit der Bundeswehr. Gäbe es einen Index der verbreiteten Trivialitäten, »Gloria« sollte darauf stehen.