Investieren statt Bombardieren

Boris Tadić hat es geschafft. 13 Jahre nach dem Nato-Bombardement ist Serbien nun offiziell Beitrittskandidat der Europäischen Union. Und das, ohne den Kosovo anerkannt zu haben. Dafür entschuldigte sich der serbische Präsident 2004 in Bosnien-Herzegowina für die von Serben im Krieg begangenen Menschenrechtsverletzungen. Dabei betonte Tadić allerdings, dass auch die Serben eine solche Entschuldigung verdient hätten. 2008 lieferte die serbische Regierung den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadžić an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag aus, später folgten Ratko Mladić und Goran Hadžić. Dies war nicht zuletzt Tadić zu verdanken, der eine konsequente Fahndung durchgesetzt hatte. Beliebt hat er sich damit in Serbien nicht gemacht. Trotz der Auslieferung wurde Serbiens Kandidatenstatus im vergangenen Dezember von mehreren EU-Mitgliedern blockiert, die, allen voran die deutsche Regierung, einen Abbau der serbischen Parallelstrukturen im Nordkosovo gefordert hatten. Tadić betonte, dass es eine Anerkennung des Kosovo nicht geben werde. Das Bild des Schoßhündchens und Handlangers des Westens, das von der rechten Opposition gezeichnet wird, passt also nicht ganz. Zu kleineren Zugeständnissen ist Tadić allerdings bereit. So akzeptiert Serbien nun Grenzposten mit der Aufschrift »Kosovo«, allerdings nur, wenn der Zusatz »Republik« nicht enthalten ist.
Dem Psychologen Tadić, der eher durch diplomatisches Talent als durch Populismus auffällt, gratulierten Guido Westerwelle und andere persönlich zum Kandidatenstatus. Atifete Jahjaga, die Staatspräsidentin des Kosovo, wird ihm vorerst nicht gratulieren können. ­Internationale Treffen, auf denen sie anwesend ist, boykottiert Tadić. Die serbischen Wähler indes erhoffen sich von der EU-Mitgliedschaft eine Verbesserung ihrer ökonomischen Situation. Immerhin haben die von Tadićs linksliberaler Partei Demokratska Stranka durchgesetzten Privatisierungen in den vergangenen zehn Jahren einigen wenigen Oligarchen zu immensem Reichtum verholfen, während der Lebensstandard der meisten Serben trotz des beachtlichen Wirtschaftswachstums gesunken ist. Nun sollen Investoren ins Land gelockt werden, die Serbien derzeit meiden. Wer könnte für diese Aufgabe besser geeignet sein als Tadić? Die Präsidentschaftswahlen sind auf den Mai vorverlegt worden.