»Nur ganz normal arbeiten«

Ende Oktober entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg, dass eine fristlose Kündigung, die die Caritas einem Krankenpfleger aus dem Bodenseekreis ausgesprochen hatte, nicht rechtswidrig war. Der Mann hatte sich in einem Blog satirisch über den Papst geäußert. In welcher Weise darf sich ein Mitarbeiter der Caritas überhaupt äußern? Eine Erzieherin ist auf eine Stellenanzeige des Katholischen Kindergartens »Don Bosco« in Kirchzarten bei Freiburg aufmerksam geworden und erkundigt sich telefonisch bei der Geschäftsführung.

Dürfte ich als Angestellte denn eine kritische Einstellung zum Papst haben?
Sie dürfen natürlich Ihre Meinung haben. Die Frage ist: Trage ich diese Meinung nach außen? Ich als Geschäftsführer kann nicht an einer Demonstration gegen den Vatikan in der Stadt Freiburg oder hier in der Umgebung teilnehmen. Wenn mich da jemand sieht, dann habe ich ein Problem.
Problem? Heißt das in dem Fall Kündigung?
Vor jeder Kündigung, auch vor einer fristlosen, gibt es immer ein Gespräch. Wie gesagt, jeder hat seine Meinung, die einen kritischer, die anderen weniger kritisch, und es kontrolliert niemand, was Sie in Ihrem Freundeskreis diskutieren. Aber sobald gewisse Meinungen Ihrem Vorgesetzten oder einer Öffentlichkeit bekannt sind, wird es problematisch. Aber wenn man mal einen leisen Ton von sich gibt, müssen Sie nicht mit einer sofortigen Kündigung rechnen. Es handelt sich schließlich nicht um ein absolutes Tabuthema. Aber Sie dürften natürlich nicht öffentlich für die Legalisierung von Abtreibung eintreten.
Aber Abtreibungen zu legalisieren, wäre doch eine vernünftige Sache.
Privat dürfen Sie da natürlich eine liberale Meinung vertreten. Aber werden Sie auf einer Demonstration für Abtreibung erkannt, könnte das natürlich genauso Probleme bedeuten wie die Teilnahme an einer Anti-Papst-Veranstaltung. Aber Sie dürfen das nicht zu eng sehen, so schlimm ist es auch nicht. Sie sollen hier nur ganz normal arbeiten.
Wie soll ich denn normal arbeiten, wenn ich meine Meinung nicht bekunden darf?
Wir sind hier ein katholischer Kindergarten und hier geht es nun mal um die Vermittlung der katholischen Glaubenslehre. Wir feiern die Jahresfeste wie Weihnachten und Ostern, legen besonderen Wert auf den St. Martinstag und es geht vor allem um das Miteinander.