Die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern

Regierung im Herbst

Die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern war für FDP und CDU desaströs, vor allem weil es um die Euro-Politik der Bundesregierung ging.

Man müsse sich nun dringend »Brot-und-Butter-Themen« zuwenden. Damit kommentierte FDP-Generalsekretär Christian Lindner das Wahlergebnis seiner Partei in Mecklenburg-Vorpommern. Mit 2,7 Prozent der Stimmen war die FDP aus dem Landtag geflogen. »Harter Euro, starke Wirtschaft und stabile Arbeitsplätze«, darum gehe es jetzt, stellte Lindner fest. Diese Erkenntnis kommt zu spät, der FDP ist wohl nicht aufgefallen, dass es schon die ganze Zeit um die Eurokrise geht, auch beim Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern war sie das entscheidende Thema. Die Analyse von Wolfgang Kubicki, dem Fraktionsvorsitzenden der schleswig-holsteinischen FDP, war wesentlich treffender. Als Marke habe die FDP »generell verschissen«, dieses Urteil könnte er übrigens auch getrost über den Koalitionspartner in der Bundesregierung fällen. Die CDU erreichte bei der Landtagswahl magere 23,1 Prozent. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, die in knapp zwei Wochen stattfinden, haben CDU und FDP gute Chancen auf noch schlechtere Ergebnisse.
Am Montag beeilten sich die Vertreter der Regierungsparteien, den Misserfolg in Mecklenburg-Vorpommern als regionalpolitisches Problem zu verharmlosen. Angesichts der Serie von Niederlagen, die Schwarz-Gelb in diesem Jahr bei Landtagswahlen kassierte, müsste aber auch ihnen langsam dämmern, dass dieses Deutungsmuster nicht mehr taugt. Die schwarz-gelbe Regierung steuert auf eine veritable Krise zu, und das offenbarte sie ironischerweise schon ein paar Stunden, nachdem der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe einen Zusammenhang zwischen der Politik der Bundesregierung und den Wahlergebnissen in Abrede gestellt hatte. Am Abend nach der Wahl veranstalteten die Bundestagsfraktionen von CDU und FDP einen »Probelauf« für die Abstimmung über das Gesetz zum Euro-Rettungsfonds im Bundestag, die Ende des Monats stattfinden soll. Das Ergebnis war ernüchternd, in der Unionsfraktion gab es zwölf Gegenstimmen und sieben Enthaltungen, bei der FDP stimmten zwei Fraktionsmitglieder mit Nein, vier enthielten sich. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel wird es kritisch, bei mehr als 19 Abweichlern würde sie bei der Entscheidung über das Gesetz im Bundestag die sogenannte Kanzlermehrheit verfehlen. Das wäre der Anfang vom Ende der schwarz-gelben Regierung.
Auf Merkel kommt nun wirklich ein »Herbst der Entscheidungen« zu, angekündigt hatte sie diesen bereits im vorigen Jahr. Bisher hat sich die Regierung in den Herbstmonaten nicht unbedingt mit Weitsicht hervorgetan. 2010 senkte sie die Mehrwertsteuer für Hoteliers, ein Jahr später verabschiedete sie sich vom Atomausstieg. Bei der Entscheidung, die bald ansteht, könnte sie ähnlich geschickt agieren. Rainer Brüderle (FDP) fühlt sich von den Griechen »provoziert«, und Wolfgang Bosbach, CDU-Innenexperte, mimt den außenpolitisch versierten Euroskeptiker. Die beiden, die in den Medien neuerdings häufig als »Schwergewichte« apostrophiert werden, könnten schon dafür sorgen, dass keine Kanzlermehrheit zustande kommt. Die Regierung scheint sich auf ihren Abgang vorzubereiten, angesichts der Eurokrise kann man nur hoffen, dass sie sich nicht allzu viel Zeit dafür nimmt.