Ein schlechter Film

Die Special Agents jagen die Gangster durch die Schwarzbrennerei, weichen mit beeindruckender Akrobatik den auf sie zufliegenden Kisten mit nicht versteuerten Zigaretten aus, nach einem rasanten Schusswechsel mit geschmuggelten Waffen endet die Verfolgungsjagd in allerlei Explosionen und Rauchschwaden: »ATF – Sie sind umstellt!« So ähnlich könnte ein Actionfilm mit den Heldinnen und Helden des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF) aussehen. Das FBI und die DEA kennt inzwischen jeder aus Filmen und TV-Serien, die drittwichtigste Strafverfolgungsbehörde der USA ist noch nicht zu filmischen Ehren gekommen. Allerdings präsentiert sich die Behörde derzeit nicht sehr heroisch.
Kenneth E. Melson wurde am Dienstag vergangener Woche als Leiter des ATF abgesetzt, acht weitere Mitarbeiter der Behörde mussten ebenfalls gehen. Grund war das Scheitern einer Operation zur Aufdeckung illegalen Waffenhandels, die den Namen eines schlechten Actionfilms trug – »Fast and Furious«. Der Ausgang der 2009 angelaufenen Operation rechtfertigt eher einen Film mit dem Titel »Bad Cops«. Um Waffenhändlern im mexikanischen Grenzgebiet und den dahinter vermuteten Drogenkommandos auf die Spur zu kommen, brachte das ATF über Strohmänner Waffen in Umlauf. 2 000 Waffen verschwanden jedoch aus dem Blickfeld der Fahnder, zwei Drittel davon wurden anscheinend bereits in Mexiko weiterverkauft. Im Zusammenhang mit zahlreichen Gewaltverbrechen in Mexiko und den USA tauchten immer wieder Waffen aus dem Programm auf. Das Ende der Operation markierte der Tod des im Dezember 2010 erschossenen Grenzschützers Brian Terry, da am Tatort zwei der ATF-Waffen gefunden wurden. Republikaner wie Demokraten kritisierten die Operation. Melson, der eher wie ein netter Onkel aus einer Familienkomödie wirkt als wie ein Actionheld, wird weiterhin im Justizministerium arbeiten, jedoch in einer anderen Abteilung. Der Jurist und ehemalige Vorsitzende der US-Staatsanwälte lehrte 30 Jahre lang an der George Washington University Law School, 2009 wurde er Leiter des ATF. Seine einstige Mitgliedschaft im Ethikkomitee des Journal of Forensic Sciences bewahrte ihn nicht vor moralisch fragwürdigen Entscheidungen. ATF-Mitarbeiter hatten die Anweisung, kleine Waffenhändler gewähren zu lassen, um an die großen heranzukommen. Die Kritik gilt jedoch auch der Regierung Barack Obamas, die Suche nach den Schuldigen dauert an.