Argumente für den Naturkorken

Naturkorken!

Der Winzer und Weinwissenschaftler Dr. Ulrich Stein produziert im Örtchen Alf an den steilen Schieferlagen der Mosel vor allem hochwertige Riesling-Weine, aber auch Rotweine. Stein, ein Freund des verstorbenen Robert Gernhardt, veranstaltet auch Kabarettabende und Lesungen, außerdem hat er Künstler wie Greser & Lenz und Loriot dafür gewonnen, die Etiketten seiner Weine zu illustrieren. Im Web: stein-weine.de

Die Rinde der Korkeiche (Quercus suber) wird seit etwa 4 000 Jahren vielseitig verwendet. Die alten Griechen fertigten z.B. Bojen für Fischernetze aus Kork, die fast genauso alten Römer dämmten ihre Häuser mit Kork, die etwas älteren Ägypter verschlossen ihre Amphoren mit Korkstopfen. Seit dem 18. Jahrhundert ist Portugal der wichtigste Korklieferant der Welt.
Beim Verschließen von Weinflaschen leistet der Naturkork nach wie vor Erstaunliches: Der durch eine zylindrische Presse zusammengedrückte Korken dehnt sich im Flaschenhals wieder aus und dichtet über einen Zeitraum von 20 bis 40 Jahren so ab, dass Gase (Kohlendioxid und Sauerstoff) hinein und hinaus diffundieren können, die kostbare Flüssigkeit aber in der Flasche bleibt. Obwohl immer wieder behauptet wird, dass dieser Gasaustausch für die Weinentwicklung in der Flasche keine Rolle spiele, zeigen viele wissenschaftliche Befunde und praktische Erfahrungen etwas anderes. Vor allem hochwertige Rot- und Weißweine, die länger gelagert werden, können während der Flaschenreife durch den Kork »atmen« und sich harmonischer entwickeln als Weine in nahezu dichten, schraubverschlossenen Flaschen.
Wenn nur der verdammte Korkgeschmack nicht wäre! Einzelne Korken können verschiedene chemische Substanzen (Phenole, Trichloranisol) an den Wein abgeben und denselben mit Muff- und Bittertönen geschmacklich negativ beeinflussen. Die Angaben über den Anteil »vermöpselter« Flaschen weltweit schwanken zwischen zwei und zehn Prozent. Durch die Verwendung hochwertiger Korken eines portugiesischen Produzenten liegt der Anteil in meinem eigenen Betrieb unter einem Prozent.
Bei leichteren, für den baldigen Verbrauch bestimmten Weinen hat der Schraubverschluss gegenüber dem Naturkork tatsächlich Vorteile. Er ist zum einen preiswerter, geschmacksneutral und die Weine bleiben länger frisch. Werden allerdings Weine zu früh, d.h. in einem noch unreifen Entwicklungsstadium abgefüllt, dann bleibt dies länger so. Hochwertige Kunststoffkorken haben ähn­liche Eigenschaften wie der Naturkork, allerdings nur in den ersten zwei bis vier Jahren, danach machen sie buchstäblich schlapp. Der Anpressdruck an den Flaschenhals lässt viel schneller nach. Dadurch tritt das gärungseigene Kohlendioxid, das vor allem fruchtige, rassige Weißweine wie den Riesling frisch hält, verstärkt aus und zu viel Sauerstoff ein. Beide Vorgänge führen zum vorschnellen Altern des Weins.
Bei der Anwendung, Bewertung und Akzeptanz von Flaschenverschlüssen spielt neben den technischen Eigenschaften aber auch die Psychologie eine große Rolle – und oft sogar die entscheidende. Und auch deshalb gilt: Für hochwertige Rot- und Weißweine ist und bleibt der sorgfältig produzierte Naturkork immer noch der beste Verschluss.