Über portugiesische Hammerskins

Die Elite schlägt zu

Rechtsextreme versuchen, den alltäglichen, gegen Einwanderer gerichteten Rassismus in Portugal zu nutzen. Zur Gewalt greift vor allem die Gruppe der Hammerskins.

»Natürlich bin ich kein Rassist. Ich lasse mir nur nicht den Mund vom ›politisch Korrekten‹ verbieten. Denn wer kann verneinen, dass die Zigeuner klauen, auf Staatskosten leben, Gesetze nicht einhalten und nicht arbeiten wollen? …Dass es fast immer die Afrikaner sind, die uns auf der Straße überfallen, … ihre eigenen Länder nicht regieren können und deshalb millionenfach auswandern?« So beschreibt der portugiesische Autor Daniel Oliveira in seinem Blog »Antes pelo Contrario«, der bei der Wochenzeitung Expresso erscheint, »den alltäglichen Rassismus in Portugal«. Anlässlich der Abschiebung von Roma in Frankreich kommen auch in Portugal wieder neue Diskussionen über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf.

Die Zahl der rassistischen Angriffe nimmt portugiesischen Medienberichten zufolge zu. Ziel der Angriffe sind vorwiegend die Viertel der meist afrikanischen Einwanderer. Gewalttaten ereignen sich vor allem in der größten Stadt Portugals, in Lissabon. Dort leben etwa 700 000 Menschen, darunter ungefähr 100 000 aus Afrika, Einwanderer aus den ehemaligen portugiesischen Kolo­nien. Nimmt man die Außenbezirke dazu, so beläuft sich die Zahl der offiziell registrierten Immigranten auf rund 150 000. Die Dunkelziffer ist jedoch hoch, noch immer wird Lissabon von teils illegalen Barackensiedlungen umgeben, in denen neben den Afrikanern illegal eingereiste Brasilianer und auch Roma wohnen.
Am nordwestlichen Stadtrand von Lissabon befindet sich ein sogenannter sozialer Brennpunkt: Cova da Moura. Arbeitslosigkeit und Armut sorgen dort für eine hohe Kriminalitätsrate. Ein florierender Drogenhandel und Bandenkriege bringen Cova da Moura immer wieder in die Schlagzeilen, ebenso wie das ebenfalls am Stadtrand von Lissabon gelegene Viertel Quinta da Fonte, wo rund 2 500 Menschen verschiedener Herkunft leben.
Ende August berichtete die Zeitung Journal Publico über einen in dem Viertel ausgetragenen Konflikt zwischen rivalisierenden Gruppen, bei dem Roma aus einem Auto fünf Schüsse auf Menschen dunkler Hautfarbe abgefeuert haben sollen. Vorfälle wie dieser begünstigen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Dem rechtsex­tremen Partido Nacional Renovador (PNR) – auf Deutsch: Partei der Nationalen Erneuerung – kommen solche Ereignisse gerade recht. Er hat den Vorfall in Quinta da Fonte auf seiner Homepage propagandistisch ausgeschlachtet. Der PNR ist Mitglied der »Allianz der europäischen nationalen Bewegungen«, der auch der französische Front National, die British National Party und die ungarische Partei Jobbik angehören. Der PNR ist eine ­legale Partei, die jedoch Rassenhass und die Verherrlichung von Gewalt propagiert. Ihr erklärtes Ziel ist »die Förderung des nationalistischen Geistes«, eine ihrer Parolen lautet: »Portugal den Portugiesen!«

Für die Bewohner der sogenannten sozialen Brennpunkte ist aber die Polizei ein größeres Problem als der PNR. Die Behörden gehen manchmal gewalttätig gegen Immigranten vor, aus Angst vor einer Abschiebung zeigt jedoch kaum einer der Betroffenen die Beamten an, wie aus verschiedenen Zeitungsberichten hervorgeht. Ein Sprecher von »SOS Racismo«, einer Vereinigung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Einwanderer zu unterstützen und den Rassismus zu bekämpfen, sagt dazu: »Ermittlungen werden nur dann ernst genommen, wenn das Opfer ein Weißer ist. Handelt es sich um Farbige, wird die Straftat als simple Schlägerei abgetan.« Gerade das ermutigt Rechtsextreme zu immer neuen und brutalen Angriffen, wie Zeitungsberichte belegen.
Gewalttaten mit rassistischem Hintergrund sind in Portugal nichts Neues. Im Juni 1995 wurde Alcindo Monteiro, ein schwarzer Portugiese kapverdischer Herkunft, in Lissabon von Skinheads angegriffen und so schwer verletzt, dass er wenig später starb. Zu den Tätern gehörte Mario Machado, der sich in den vergangenen Jahren als führendes Mitglied der rechtsextremen Organi­sation »Frente Nacional« und der portugiesischen Hammerskins einen Namen gemacht hat und so zum internationalen Repräsentanten der rechtsextremen Szene Portugals wurde. Das Verbrechen an Alcindo Monteiro sorgte für Aufsehen. Doch die Verurteilung der Täter – Machado erhielt eine Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten – schwächte die rechtsextreme Skinhead-Szene nicht.

Einige unter den portugiesischen Skinheads suchten Anschluss an die internationale nazistische Organisation der Hammerskins. 2005 wurden die portugiesischen Hammerskins (PHS) offiziell in die Hammerskin Nation (HSN) aufgenommen, zu deren Idealen Ehre, Disziplin, der Kampf für die nationale Sache und der »Erhalt der eigenen Kultur« gehören. Mario Machado wurde zum Anführer der portugiesischen Sektion der Hammerskins. Diese bezeichnen sich als Elite der rechtsextremen Skinheads. »Jeder kann sich selbst einen Skinhead nennen, aber nicht jeder kann ein Hammerskin sein«, heißt es auf einer ihrer portugiesischen Websites.
»Vier Jahre Haft für portugiesischen Nazi«, lautete im Oktober 2008 eine Schlagzeile der Zeitung Algarve Resident. Machado hatte die Strafe erhalten, ging jedoch in Revision. In dem Prozess waren erstmals Haftstrafen wegen rassistischer Diskriminierung und Anstachelung zum Rassenhass ausgesprochen worden. »Das Gericht bei Monsanto in Lissabon«, schrieb Algarve Resident, »befand 31 der 36 Angeklagten – alle Skinheads – des Rassismus und der Verbrechen mit rassistischem Charakter für schuldig«. Machado sagte nach der Verurteilung: »Es sind die Schwarzen und die Zigeuner, die ins Gefängnis gehören.« Das Urteil werde »die Bewegung – und vor allem mich – nicht aufhalten«. Ein dem Artikel beigefügtes Foto zeigt Machado mit erhobenem rechtem Arm, auf dem eine große Hakenkreuz-Tätowierung zu sehen ist.
Im August dieses Jahres wurde Mario Machado nun zu sieben Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt – wegen Nötigung, Entführung, Raubes und illegalen Waffenbesitzes. Die Tageszeitung Publico berichtete, dass Machado und sieben weitere Angeklagte im Gerichtssaal mit T-Shirts erschienen waren, deren Aufschriften sich auf die Hammerskin-Bewegung bezogen. Diese muss in den kommenden Jahren jedenfalls auf ihren wichtigsten Repräsentanten verzichten.