… und das Übel erfasste die Welt

Deutschland ist bedroht! Aber der Verein »Menschen–Umwelt–Tiere« klärt auf über Homosexuelle, Pornographie, Abtreibung, Konsum und die Demokratie. Von Steffen Falk

»Grundlage meiner Erkenntnis sind Kinder. Ich versuche, die Welt mit Kinderaugen zu sehen.« So harmlos stellt sich Michael Brenner, der Gründer und Vorsitzende des im kurpfälzischen Neckar­gemünd ansässigen und eingetragenen Vereins »Menschen–Umwelt–Tiere« (Mut e.V.), im Gespräch mit der Jungle World dar. In seinen Augen ist die Welt ein verkommener Ort. Stütze in dieser Welt kurz vor der Apokalypse ist ihm der Glaube, oh­ne den er »vermutlich gar nichts tun« würde.

Dem Mut e.V. gehe es um den »Kampf gegen ›legale Kinderpornografie‹« und »für die Ungeborenen«, um »geistigen Umweltschutz« und um »Heimatschutz«, heißt es auf der Homepage des Vereins (mutev.de). In einigen hundert Texten legt der Verein dort sein Weltbild dar. Der Kampf gegen den Ungeist der Gegenwart wird sehr umfangreich geführt. Und zwar mit unzähligen Pressemeldungen, die im ganzen Land verbreitet und an alle nur erdenklichen Adressen verschickt werden.

Der verkommene moderne, gottlose Mensch könne sich nur befreien, wenn er sich wieder Gottes Gnade unterwerfe, ist die Auffassung des Vereins. Schwangerschaftsunterbrechungen etwa seien so eine Gottlosigkeit, der Verein nennt sie »Endlösung«. »Massenabtreibung« bewirke »Mas­seneinwanderung«. »Keine massenhafte Zuwanderung in die Sozialämter!« fordert der Verein. »Hab’ den Mut, die Wahrheit zu sagen, und fürch­te dich nicht, vor der Anklage als rechter Stammtischschwätzer ausgegrenzt zu werden! Ohne Heimatschutz geht Deutschland den Weg in die Katastrophe!« Ins Bild von einem Haifisch, der sein Maul aufreißt, ist geschrieben: »Man glaubt gar nicht, was alles in den Hals einer dekadenten und gottlosen Demokratie passt!« Und wer ist mit schuld daran? »Der Fluch der Achtundsech­ziger, die sich als besonders human darstellen, kann nicht mehr übersehen werden!«

Im Gespräch mit der Jungle World erläutert Brenner, dass es ihm um die Wiedererrichtung einer »inneren Heimat« gehe. Er weiß, dass der Begriff der »Heimat« auch von den Nationalso­zialisten benutzt wurde. Der Begriff sei aber von den Nazis »vergewaltigt« worden, dafür seien sie zu kritisieren. Ihr Vergehen war es schließlich auch, Deutschland verkleinert zu haben: »Die erste Hälfte Deutschlands haben die Nazis mit ihren unseligen Kriegen von Deutschland weggerissen, und den Rest besorgen die Demokraten«, kann man auf der Homepage lesen.

Mit obskuren Zahlenspielen geht die Verharmlosung des Nationalsozialismus dort weiter. »In Wirklichkeit hat die Demokratie mehr Opfer unter den Menschen geschaffen als der verfluchte Nationalsozialismus und Kommunismus.« Überhaupt, wohin er sieht, findet der Verein Opfer vor. Die Bombardierung Dresdens war »ein Akt des totalen Terrors«, es sei darum gegangen, »die Deut­schen allgemein« zu »beseitigen«. Aber es gibt noch andere Opfer: »Die Anzahl der Aidsinfizierten übersteigt die Opferzahl des Zweiten Weltkrieges!« Außerdem prangert man – und das darf nicht fehlen – »Tier-KZs« an.

Der Verein, der die »Völkervielfalt erhalten« möchte, lehnt den Beitritt der Türkei zur EU ab, da dieses Land dann auch »Wegweisern der Dekadenz folgen« müsse. Bewahren will man die Türken unter anderem vor der Homosexualität, denn: »Diese Neigung scheint immer in der tiefen Dekadenz der Völker auszubrechen, zumal ja erwiesen ist, dass die Promiskuität unter Homosexuellen besonders groß ist.« Und überhaupt: »Wie Giftgas räkelt sich das Perverse unter dem Deckmantel der Liberalität.«

Auch der Konsum, das unvorbereitete Empfangen des Abendmahls, das Freimaurertum, die Trennung von Kirche und Staat, Pro Familia, Aldi, eine schwache Bundeswehr und vieles mehr werden bekämpft. Bedroht sieht sich der Verein auch von »den Regierern der Erde«. Wer das sein könnte, wird nicht deutlich gesagt. »Das Volk Israel« jedenfalls findet Brenner »in manchen Dingen bewundernswert, die ewige Anklage des Zentralrates gegen Deutschland aber ist nicht ok, sie wirkt feindlich und gefährlich«. Da verwundert es auch nicht, dass »kritische Solidarität mit Hohmann«, einem ehemaligen Bundestagsab­geordneten der CDU, gefordert wird.

»Darf das Reinheitsgebot nur noch beim Bier gelten? Brauchen wir kein schützendes Sittengesetz mehr?« fragt der Verein, der vor allem durch seine juristischen Aktivitäten bekannt geworden ist. Denn obwohl Brenner, wie er sagt, nicht die Menschen persönlich anklage, sondern die Welt an sich, zieht er vor Gericht. Er war der Initiator einer großen Indizierungswelle gegen angeblich pornografische Comics, auch ein Plakat zu Art Spiegelmans »Maus« wurde von ihm wegen eines darauf abgebildeten Hakenkreuzes beanstandet.

Zuletzt stellte er gegen das Teenagermagazin Bravo einen Indizierungsantrag, und der Kampf geht sicher weiter. »Wegen uns sind schon eine Menge Leute ins Gefängnis gewandert«, sagt Bren­ner stolz. Andere Zeitschriften dagegen seien »lesenswert«, etwa die Junge Freiheit, die auf der Ver­einsseite verlinkt ist.

Aber nicht nur christliche und rechtskonservative Quellen nimmt der Verein als Leumund. Wohlwollend werden so unterschiedliche Personen wie Ulrike Meinhof, Verona Feldbusch, Reinhard Mey oder Karl Marx zitiert. Dass die Ziele des letztgenannten nicht die von Brenner sein können, ist jedoch offensichtlich, denn: »Ob na­tionaler Sozialismus, kommunistischer Sozialismus oder kapitalistischer Sozialismus – jede Form des Sozialismus ist gottlos und will die totale Gleichschaltung, weil er keine Vielfalt erträgt.« An anderer Stelle heißt es: »Christus kam nicht als Sozialist auf die Erde, sondern um Seelen zu retten.«

Was Brenner bei aller Schlechtigkeit der Welt bewegt, weiterzumachen? »Wir leben in einem feindlichen Gebiet. Die Freundlichkeit Gottes ist aber noch in allem eingemischt«, gibt er sich hof­fnungsfroh. Und an die Zukunft ist gedacht: »Bald gibt es eine Extrahomepage für Kinder«, so die fröhliche Verheißung.