Mit Syrien oder dem Iran?

Frankreich und die USA haben sich auf einen Entwurf für eine Resolution im UN-Sicherheitsrat geeinigt. von bernhard schmid, paris

Frankreich wird voraussichtlich den Oberbefehl über die internationale Truppe innehaben, die zukünftig im Süden des Libanon stationiert werden und die Entwaffnung der Hizbollah überwachen soll. Am Samstagabend hatten sich Paris und Washington auf den Entwurf für eine Resolution des UN-Sicherheitsrats einigen können, die den Weg dafür ebnen soll.

In Israel wurde auf den Entwurf zunächst positiv reagiert. Am Sonntag berichteten israelische Medien unter Berufung auf Regierungskreise, der Entwurf werde in Jerusalem mit Zufriedenheit betrachtet. Hingegen stieß er im Libanon zunächst auf Ablehnung. Dessen Premierminister Fouad Siniora nannte ihn »nicht adäquat«. Denn er erwähne nicht, kritisierte Beirut, die Forderung nach Abzug aller israelischen Soldaten aus dem Libanon. Ferner fordere er nur allgemein eine »Regelung von Grenzstreitigkeiten«. Beirut wünscht konkret eine Rückgabe des Gebiets der Scheba-Farmen sowie der libanesischen Gefangenen, die seit dem Krieg der achtziger Jahre in Israel einsitzen – Mitglieder der Hizbollah, aber auch solche der KP des Libanon.

Ob diese Probleme ausgeräumt werden, ist noch offen. Zuvor hatte die Wochenzeitung Le Canard enchaîné berichtet, Chirac wünsche keine Truppe, die im Libanon als Besatzungsmacht wahrgenommen würde. Ihm bleibe die Tötung französischer Soldaten 1983 in Beirut im Gedächtnis. Damals war eine ebenfalls vor allem von Paris und Washington gestützte Multilateral Force (MLF) im Libanon stationiert. Im Vorjahr war die Hizbollah unter anderem in Reaktion auf den israelischen Einmarsch in Beirut entstanden, die nunmehr auch die MLF bekämpfte. Ferner fürchte Chirac Unruhen in den Trabantenstädten im Falle solcher Zusammenstöße. Bisher hatten die Riots in den Banlieues allerdings so gut wie nie außenpolitische Gründe.

In der Vorwoche hatte die Pariser Regierung zunächst versucht, eine größere Rolle bei der Regelung des Konflikts zu spielen. Frankreich hat seit 2003, da seine ehemalige Bündnispolitik mit Saddam Hussein dem nicht mehr im Wege steht, gute Beziehungen zum Iran. Außenminister Philippe Douste-Blazy bemühte sich darum, die Regionalmacht in die Verhandlungen über den Konflikt einzubeziehen. Er zielte darauf ab, dass der Iran Druck auf die Hizbollah ausüben könnte, die von ihr festgehaltenen israelischen Soldaten auch ohne Gefangenenaustausch freizulassen.

Douste-Blazy traf am Montag vergangener Woche in der iranischen Botschaft in Beirut mit seinem Amtskollegen aus Teheran, Manoucher Mottaki, zusammen und sprach sich für eine »stabilisierende Rolle« des Iran aus. Der konservative Ex-Justizminister Jacques Toubon forderte auch am Sonntag in Le Parisien, der Iran solle einbezogen werden. Aber er müsse »einen mäßigenden Einfluss und nicht einen scharfmacherischen Einfluss auf die Hizbollah« ausüben.

Die Tageszeitung Le Monde berichtete am Donnerstag, Israel und die USA akzeptierten eine Vermittlerrolle Syriens im aktuellen Konflikt mit der Hizbollah – aber nicht des Iran. Der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos und sein deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier bemühten sich zugleich intensiv um das syrische Regime als lokale Ordnungsmacht. Moratinos reiste am Mittwoch nach Damaskus. Die Tageszeitung Libération sprach von einer »europäischen Kränkung für Jacques Chirac«.

Tatsächlich hegt der französische Präsident eine extreme Abneigung gegen den syrischen Staatschef Bashar al-Assad, mit dem er kein Wort mehr spricht. Er gibt ihm die politische Verantwortung für die Ermordung des libanesischen Premierministers Rafik Hariri vor anderthalb Jahren. Hariri war nicht nur ein persönlicher Freund von Chirac, sondern wahrscheinlich auch eine seiner wichtigsten Schwarzgeldquellen.