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Pestkranker Handke

Handke. Jetzt hat auch Deutschland seinen Peter-Handke-Streit. ­Gerade erst ist in Frankreich die Debatte über die Absetzung eines Stücks des österreichischen Schriftstellers verklungen, da wird auch hierzulande ein ähnlicher Schritt erwogen. Eigentlich soll Peter Handke am 13. Dezember in Düsseldorf den mit 50 000 Euro dotierten Heinrich-Heine-Preis entgegennehmen. Das hat die Fachjury so entschieden. Zwar nicht einstimmig, sondern nur mit einer Stimme Mehrheit, und schon gar nicht mit seiner Stimme, wie Christoph Stölzl, ein Mitglied der Jury, betonte, aber formal sollte damit alles geklärt sein. Doch nicht wenige Politiker fordern nun, dass die Entscheidung revidiert wird. Gelegenheit dazu hätte der Rat der Stadt Düsseldorf im Juni, denn die Stadt ist berufen, dem Beschluss zuzustimmen oder eben auch nicht.

Gegen Handke ist ganz unbedingt der Fritz Kuhn von den Grünen. Er bezeichnete die Entscheidung als einen »Skandal«. Viele andere Politiker teilen seine Meinung. Handke habe in zahlreichen Texten die Serben und den ehemaligen serbischen Diktator Slobodan Milosevic verteidigt, zuletzt im März in seiner Rede an dessen Grab, kritisierte Kuhn. Die Preisverleihung sei eine Verhöhnung der Opfer des Regimes und eine Verhöhnung Heinrich Heines. »Es ist empörend, dass sich in Deutschland Künstler und Intellektuelle für diese schäbige Preisverleihung hergeben«, sagte der Politiker.

In der Begründung der Jury dagegen hieß es: »Eigensinnig wie Heine verfolgt Peter Handke in seinem Werk seinen Weg zu einer offenen Wahrheit.«

»Natürlich hat die Jury sich nicht historisch kritisch mit den vorliegenden serbischen Aufsätzen von Handke beschäftigt«, kritisierte Stölzl die Entscheidung seiner Kollegen und ermutigte die Düsseldorfer indirekt, den Kandidaten abzulehnen. »Was sich jetzt anbahnt, finde ich gut. Jurys sind nicht der liebe Gott. Jurys geben einen Rat«, sagte der ehemalige Berliner Kultursenator. Der Leiter des Düsseldor­fer Heinrich-Heine-Instituts, Joseph Kruse, gab sich hingegen bedeckt. Der hoch geschätzte Autor habe sich immer mehr »verrannt«, urteilte er vorsichtig. Trotzdem könne es kontraproduktiv sein, wenn Handke wie ein »Pestkranker« ausgestoßen werde.

Entschiedener äußerte sich da Alice Schwarzer, die die Entscheidung der Jury »couragiert« nannte. Handkes Mut hätte Heine vermutlich imponiert: »In einer Zeit der allgemeinen Verteufelung von Serbien hat er gewagt, sich gegen die einseitige Schuldzuweisung zu stellen.«

Dass sich die Düsseldorfer Ratsherren von der Publizistin aus Köln reinreden lassen, ist allerdings absolut unwahrscheinlich. (her)

Eierstreit gelöst

Philosophie. Eine der ganz wichtigen Fragen scheint beantwortet zu sein: Das Ei war vor der Henne da. Ein Philosoph, ein Wissenschaftler und ein Hühnerzüchter sind zu einem überraschend pragmatischen Ergebnis gelangt.

Der Evolutionsgenetiker John Brookfield von der Universität Nottingham erklärte, dass sich das Erbgut eines Tieres im Lauf seines Lebens nicht ändere. »Das erste lebende Ding, das man unzweifelhaft zur Spezies der Hühner zählen konnte, wäre also das erste Ei«, führte er aus. Damit schloss er aus, dass ein anderes Tier sich irgend­wann zum ersten Huhn verwandelt haben könnte.

Alles klar? (her)

Man spricht deutsch

Bildung. Sprich deutsch und werde reich! Dass dieses Integrationsrezept hervorragend funktioniert, wird den Schülern der Berliner Herbert-Hoover-Realschule gerade vorgeführt. Die Schule im Bezirk Wedding, die zu 90 Prozent von Schülern besucht wird, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, ist zu einer gewissen Berühmtheit gelangt, weil Schüler, Lehrer und Eltern vereinbart haben, dass auf dem gesamten Gelände inklusive des Pausenhofs nur Deutsch gesprochen wird.

Nachdem die türkische Tageszeitung Hürriyet über das Projekt in einem tendenziösen Artikel berichtet hatte, bildeten türkische Verbände und deutsche Politiker eine Front der Empörung gegen das angebliche Verbot der türkischen Sprache an der Schule. Erst als die Schüler, allen voran der pakistanischstämmige Schulsprecher, vor der Presse ihr Modell verteidigten, legte sich die Aufregung und Empörte wie die grüne Politikerin Claudia Roth beruhigten sich auch wieder.

Jetzt erhält die Schule fürs Deutschsprechen sogar den Deutschen Nationalpreis. Und zwar mit der Begründung: Die Beteiligten hätten nicht auf staatliche Regulierungen gewartet, sondern seien selbst tätig geworden. Dafür kriegen die Schüler 75 000 Euro. Bis­herige Preisträger sind u.a. Wolf Biermann, Fritz Stern und Vaclav Havel. (her)

Labertasche abgeschaltet

Kuttner. Zuerst war man von dem Format vielleicht ganz angetan. Vor allem weil die Talksendung »Kuttner« zur selben Zeit startete wie die schlimme Nightlife Show von Anke Engelke. Sarah Kuttner hatte das bessere Studio, die lässigeren Gäste, die witzigeren Einspieler und war tausendmal lockerer als die offiziell als Nachfolgerin von Harald Schmidt inthronisierte Anke Engelke. Dann aber wurde Kuttner immer redseliger und nerviger. Das langweilte zuletzt immer mehr Zuschauer bei MTV, und die Quoten sanken wieder.

Nun hat der Sender, der das Format von Viva übernommen hat, mitgeteilt, dass man die Show nach der Sommerpause nicht fortsetzen werde. Es sei Zeit für etwas Neues, verkündete die Pressestelle des Senders, dem das Format offenbar auch zu aufwändig und zu teuer geworden ist. Immerhin ist ein Stab von zehn Redakteuren mit der Vorbereitung der Show beschäftigt. Für den zur Videoabspiel-Station verkommenen Sender ist das schon zu viel. Vermutlich wird man Sarah Kuttner demnächst in der ARD beim Reden zusehen kön­nen. (her)