Die Rückkehr des karierten Kängurus

Kindheit und Jugend sind vorbei – aber das Yps-Heft kommt wieder. von elke wittich

Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Kinder das Erscheinen der angekündigten neuen Comiczeitschrift kaum abwarten können. Ihre Eltern dagegen fiebern dem 18. August, dem Tag, an dem das Heft erstmal in den Verkauf gelangt, entgegen. Schließlich handelt es sich nicht um irgendein Sprechblasenmagazin, sondern um Yps, die Zeitschrift mit den legendären Gimmicks.

Das Magazin erschien am 13. Oktober 1975 erstmals im Gruner + Jahr-Verlag, nachdem Henry Nannen persönlich den Titel der Nullnummer, Ypsilon, auf die griffigere Abkürzung Yps reduziert hatte. Obwohl Comics schon damals nicht mehr als Schund-Literatur galten, gab Yps erziehungswilligen Eltern das Gefühl, ihren Kindern pädagogisch wertvolle Lektüre zu kaufen, schließlich kam neben gezeichneten Geschichten auch viel Lehrreiches vor. Immerhin erschienen zusätzlich zu den regulären Heften auch 19 Yps-Extras ohne Comics, dafür mit teuren Beigaben und ausführlichen technischen Erklärungen – in den Achtzigern setzte man dann sogar auf den Themenkomplex Ökologie.

Am wichtigsten waren jedoch auch bei den regulären Ausgaben die Gimmicks. Nicht alle waren solche Flops wie die Form, mit der man eine Gipsfigur von Pif, einem der Yps-Comic-Helden, herstellen konnte und die leider, leider undicht war und bundesdeutsche Bodenbeläge in mindestens vierstelliger Zahl versaute. Oder wie die Urzeitkrebse, die ins Wasser zu werfen und damit zum Leben zu erwecken sich nur ausgesprochen ignorante Kinder trauten, denen die Frage, was mit den Viechern passieren würde, wenn die mitgelieferten Futtervorräte in dem sehr kleinen Tütchen am Ende sein würden, nicht mal in den Sinn kam.

Trotzdem wurde allwöchentlich das neue Heft voller Spannung erwartet, denn die Yps-Welt war eindeutig bunt und bestand aus so unterschiedlichen Dingen wie einer Edelstein-Schleif-Trommel, der Moosente, dem Detektiv-Set inklusive Fingerabdruck-Pulver, dem Solarzeppelin, der Um-die-Ecke-Schieß-Pistole, der Vorrichtung, mit der man Eier viereckig machen konnte, und der Gelddruckmaschine. Ausgerechnet zum 25jährigen Jubiläum war dann jedoch Schluss, die Verkaufszahlen waren rapide gesunken, und die Gimmicks waren in Zeiten, in denen Kinder- und Teenie-Zeitschriften notorisch mit kostenlosen Beigaben erscheinen, nichts Besonderes mehr.

Ein Jahr zuvor hatte der Ehapa-Verlag das Heft übernommen, das fortan auf schlechterem Papier gedruckt wurde und nur noch zweimal im Monat erschien. Gleichzeitig erhielt das im selben Verlag erscheinende Micky-Maus-Heft ein Gimmick. Als Ehapa im Oktober 2000 das Ende des unrentabel gewordenen Heftes mit dem karierten Känguru verkündete, nahm die minderjährige Zielgruppe dies entsprechend gelassen auf.

Doch die Eltern reagierten ausgesprochen unwillig: Im Internet bildeten sich auf der Stelle pressure groups, die gewaltfreie Widerstandsformen vom gezielten E-Mail-Terror bis hin zu Demos vor dem Verlagsgebäude diskutierten. Erfolglos – Yps wurde eingestellt, und es blieb nur noch, in Internetforen Abschied zu nehmen. Wohl gleichermaßen vom Magazin und von der eigenen Kindheit, jedenfalls gerieten die meisten Postings zu persönlichen Rückschauen über das Aufwachsen mit seltsamen Gimmicks wie dem eigentlich nur aus einem unten abgeschnittenen blauen Müllsack bestehenden Zelt. Ehapa hatte zwar versichert, dass man über einen Relaunch des Heftes nachdenke, aber jahrelang passierte exakt gar nichts. Während die Fans zwischen Karrieremachen und Familiengründung ihrem Yps immer noch hinterhertrauerten und zum Beispiel versuchten, lückenlose Inhaltsverzeichnisse und Aufstellungen der Gimmicks zu erstellen.

Nun ist Schluss mit der Sehnsucht: Am 18. August, rechzeitig zum Ende der Sommerferien in den meisten Bundesländern, darf man auf dem Nachhauseweg vom Kiosk wieder voller Vorfreude die eine mehr oder wenige unsinnige Beigabe enthaltende Plastikfolie aufreißen und sich dann sehr, sehr freuen.

Im Oktober letzten Jahres kündigte Ehapa den Relaunch an, gespannt verfolgt die Fan-Community seither jeden kleinen Hinweis darauf, wie das neue Heft aussehen wird. Dass es lediglich monatlich erscheinen wird, tut der Vorfreude ebenso wenig Abbruch wie die Tatsache, dass das Logo sowie das karierte Känguru leicht modifiziert wurden.

Eine Nullnummer wurde nicht erarbeitet, entsprechend wenig war bisher über das Konzept bekannt. Nachdem Ehapa vor einem Monat jedoch eine Presseerklärung zum Neustart herausgab, stehen wenigstens die Eckdaten fest. Yps wird im klassischen Format, 195 x 265 mm, in einer Auflage von 150 000 Stück erscheinen, der Umfang wird 36 Seiten betragen, davon werden 16 für Comics reserviert sein und 14 redaktionelle Beiträge enthalten. Wie früher auch, wird das Heft in Folie eingeschweißt sein. Ganz wichtig ist auch die Frage, ob durch die Nummerierung des neuen Heftes so etwas wie Kontinuität erzeugt werden wird oder ob die Eins für einen ganz neuen Anfang steht.

Dazu wurde die Verlagsanzeige für das neue Yps mit allen Mitteln der modernen Technik studiert, wie User Tangentus im Forum von www.ypsfanpage.de erklärte: »Da ich das Original der Anzeige vor mir habe, kann ich mit der Lupe bestätigen, dass die Nr. 1254 lautet. Oben ist nochmal in weißer Schrift Nr. 1254/2005 zu lesen. Als Preis erkenne ich 2,99, Österreich 3,40. Die anderen Preise sind nicht zu entziffern.«

Auch beim neuen Yps kommt es natürlich auf die Gimmicks an. Welches wird der neuen Nummer beigelegt sein? Die Fans wurden dazu nicht befragt, wünschen sich jedoch mehrheitlich die Beigaben ihrer Kindheit zurück. Und sie erforschen entsprechend akribisch das, was die Titelseite ihres geliebten Magazins sein könnte. »Also das Cover sieht auf jeden Fall auch schwer nach Geldzaubermaschine aus. Vielleicht sind ja zwei Gimmicks drin?« fragte bereits ein Nostalgiker im Internet nach. Wenig später kam im Web-Log der Yps-Redaktion auf www.yps.de die Bestätigung: Das erste Gimmick, das jemals erschien und das wegen des großen Erfolges acht Mal wieder aufgelegt wurde, wird auch in der neuen Nummer enthalten sein. Zwei Gimmicks wären nach fünf ypslosen Jahren natürlich der absolute Hit, entsprechend wird gerätselt und gemutmaßt. Denn es scheint auch »so eine Art Alienmaske« beizuliegen. Hmmm, eine Alienmaske? Die gabs ja nunmal erwiesenermaßen nicht, Zeit also für die Experten, das Dings mit tatsächlich vorgekommenen Gimmicks abzugleichen. Bis User kohlesurfer endlich »Ah, jetzt hab ich es!« jubeln kann: »Die Maske ist die Agenten-Spezial-Ausrüstung und scheint als Bastelbogen beizuliegen!«

Was dagegen kaum interessiert: Welche Comics wohl abgedruckt wurden. Yps-Fans sind da einiges gewohnt, schließlich waren die Zeichnungen, bis auf die in Serie präsentierten Lucky-Luke- und Asterix-Abenteuer, meist furchtbar lieb- und witzlos. Für Nostalgiker, die gern Sprechblasen lesen, gibt es zudem bald wieder Fix und Foxi – das Heft mit den Abenteuern von Lupo und Oma Eusebia wurde ebenfalls im Jahr 2000 eingestellt und soll nun bald wieder am Kiosk erhältlich sein. Trotzdem scheint die Yps-Redaktion darauf zu beharren, dass das Heft als Comicheft gesehen wird. Im Berliner Zoo taufte man vor kurzem ein Känguru auf den Namen Yps. Kariert war es jedoch bedauerlicherweise nicht.