Der Duft der Helmut Kohl

Die Blumeninsel Mainau am Bodensee ist ein Paradies für Liebhaber von Rosen und schwäbischen Spezialitäten. von manuel liebeskind (text und fotos)

Ein paar Tage ausspannen in Süddeutschland, sich im Liegestuhl räkeln, den Blick über die weiten Felder schweifen lassen und den Vögeln lauschen, dem Lärm und Gestank der Großstadt entfliehen und die ersten heißen Tage unter Palmen verbringen. Unter Palmen? Wir beschließen, am Freitag noch vor dem großen Ansturm zum Bodensee zu fahren, Hund, Kind und Großeltern eingepackt und über die neue Konstanzer Umfahrungsstraße direkt zum großen Parkplatz am Ufer, wo die Busse sich unter Birken aufreihen. Die Insel Mainau zieht nicht nur Touristen aus der näheren Umgebung und aus Österreich und der Schweiz an, sie ist ebenso klassisches Ziel für Touristen aus der ganzen Welt. Amerikaner, Russen oder Chinesen wollen die wunderschön organisierte Pflanzenwelt und die historische Architektur sehen.

Am Eingang kurz die Infos überfliegen, Tickets kaufen, und schon ist man drin im Paradies mit südlichem Flair, dem Idyll, wo Palmen, Orangen und andere exotische Kostbarkeiten gedeihen. Man geht über einen schmalen Steg, unter dem seltene Entenarten und Haubentaucher aus dem angrenzenden Naturschutzgebiet die Begrüßung der Gäste übernehmen. Die Insel ist komplett autofrei.

Es war Fürst Nikolaus von Esterházy, der 1827 entdeckte, dass das Gelände für einen botanischen Garten ideal ist. Der badische Großherzog Friedrich I. erwarb die Insel 1853, ordnete sie und baute sie aus, errichtete das Arboretum, den italienischen Rosengarten und die Orangerie, und schuf mit den von seinen Reisen mitgebrachten exotischen Gewächsen die Basis des heutigen Parks. Schließlich erbte Graf Lennart Bernadotte die Insel und zog sich dorthin zurück.

Familie Bernadotte führte die Insel 1974 einer Stiftung zu, um sie vor den »Unwägbarkeiten des Erbgangs« zu retten und gründete die Mainau GmbH.

Damit die Einnahmen stimmen, wurde kräftig auf die Gastronomie gesetzt. Schon am Eingang begrüßt uns der erste Biergarten mit angegliedertem Kiosk. Der »Mainau-Träff« und auch die anderen Biergärten mit lustigen Namen sind fest in Händen der badischen Staatsbrauerei Rothaus, einem der Partner der Mainau GmbH. Wir informieren uns über die weiteren Gastro-Attraktionen, deren Krönung die freundliche »Schwedenschenke« in der Mitte der Insel darstellt. Das versprochene einzigartige Umfeld der Ruhe und Idylle leidet schon zur Mittagszeit an einem gewöhnlichen sonnigen Werktag ein wenig unter dem großen Andrang der Besucher.

Bei unserem Rundgang auf dem Eiland sehen wir das aus Blumen arrangierte Mainau-Logo, ein riesiges Smiley mit Blütenblätterfrisur. Um uns herum werden die Digitalkameras gezückt.

Nächster Stopp ist der große Spielplatz, der »als einer der schönsten am Bodensee« gelten darf. Gesponsert wird das Kinderparadies vom Heimwerkermarkt Obi. Es gibt Blumentiere, die Naturerlebniswelt, einen Bauernhof, einen Streichelzoo, eine Ponyreitbahn, die Märklin-Garteneisenbahn und für interessierte Gruppen eine grüne Schule, in der Naturkunde »in Theorie und live in der Praxis« geübt wird.

Das Motto des Blumensommers 2005 lautet tatsächlich »Kunst und Kitsch« und regt uns an, über das Verhältnis von Natur und Kultur nachzudenken. Die dazu passende trendgemäße Ausstellung »Best of Barbie« schenken wir uns. Wir schlendern durch das Arboretum an dem von einem hölzernen Gnom bewachten Mammutbaum vorbei und begegnen menschengroßen Gartenzwergen, die auf Bänken herumsitzen.

Am Ufer drängeln sich die Rentner und Liebespaare, die sehnsüchtig in die Weite des schwäbischen Meeres starren. Wir passieren den Kräutergarten, Brunnen und romantische Statuen und erreichen die italienische Blumenwassertreppe, einen in Granit gehauenen künstlichen Wasserfall im Renaissancestil, von bunten Blumenbeeten umrahmt, über dem eine mit Palmen bepflanzte Aussichtsterrasse thront. Vorbei an einem mit Strandkörben ausstaffierten Badestrand, dem kleinen Hafen, hoch zum Schloss und zur Schlosskirche. Unser erklärter Lieblingsplatz ist der italienische Rosengarten. Für ihre Rosenschauen ist die Insel berühmt, über 20 000 Rosen und mehr als 1 200 Arten sind auf Mainau vertreten, großartig inszeniert, in schillernden Farben, Wild- und Strauchrosen neben eigens gezüchteten Kreationen, die die Namen berühmter Zeitgenossen tragen. Da gibt es die Rose Helmut Kohl oder die Roy Black.

Gesättigt von idyllischen Eindrücken, schönen Farben und Formen, gehen wir den Hang hinunter und machen uns hochzufrieden auf den Heimweg.