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MTV für Fortysomethings

Fernsehen. Den Videoclipsender Onyx, kann den überhaupt irgendjemand empfangen? Und wenn, hat ihn irgendjemand dann auch eingeschaltet? Ist jetzt eh egal, Onyx ist Geschichte. Der Sender ist eingegangen »wegen totaler Konzeptlosigkeit«, wie Balthasar Schramm, Chef von Sony Music Germany, erklärte.

Onyx war ein Gemischtwarensender, und es lief hier rund um die Uhr alles Mögliche, nur nichts, was man wirklich sehen wollte. Musikclips, ein wenig Sex und natürlich Home Shopping waren die Säulen des Programms, gelegentlich wurde auch mal ein Spielfilm gezeigt.

Wer nun jedoch jammert, dass mit Onyx ein Sender verschwunden ist, der eben auch mal Musikvideos zeigte, darf nun auf eine Alternative hoffen, wenngleich auch auf eine voraussichtlich ziemlich grässliche. Denn derzeit wird in Berlin an einem Kanal gebastelt, der »Musik eins« heißen und Anfang 2005 an den Start gehen soll. Gehen soll es hier primär um deutschsprachige Musik. Kommt einem bekannt vor, Viva war auch mal angetreten, vor allem deutschen Pop zu featuren, doch seit sich niemand mehr für deutschsprachigen Hip Hop interessiert, kümmert man sich bei Viva immer weniger um dieses einstige Anliegen.

Die Macher von »Musik eins« denken beim Stichwort »deutschsprachige Musik« nun freilich auch nicht etwa an Acts wie Die Türen, Jens Friebe oder Camping, sondern an Andrea Berg, Peter Maffay und die Besten aus der Volksmusikbranche. In Berlin wird also daran gearbeitet, demnächst geballtes Grauen via Fernseher über uns zu bringen. Die über 35jährigen sollen mit dem Konzept angesprochen werden, denen die Schnitte bei MTV immer zu rasant und die Ansagen der Viva-Moderatoren zu jugendsprachlich rüberkommen. Thomas Diehl, einer der Initiatoren von »Musik eins«, glaubt an sein Vorhaben, und seinem avisierten Zielpublikum attestiert er: »Da sitzt die Kaufkraft.« Womit er wahrscheinlich sogar Recht hat, belegen neue Studien doch, dass die wahren Konsumenten populärer Musik nicht mehr finanzkräftige Teens, sondern Thirty- und Fortysomethings sind, die nicht ihr ganzes Geld in Klingeltöne, sondern noch in CDs investieren. Sony Deutschland gibt sich dem Projekt gegenüber jedenfalls bereits begeistert, verspricht dieses doch in seiner angestrebten Deutschtümelei weit mehr Übersichtlichkeit, um seinen deutschen Musikantenstadl zu präsentieren, als der globalisierte Popmischmasch, der bei MTV ausgestrahlt wird.

Letzte Ausfahrt Bronchitis

Zum Tode Hubert Selbys. Gelesen haben die meisten wohl nur »Letzte Ausfahrt Brooklyn«, den Bestseller von Hubert Selby, mit dem er berühmt wurde und der später auch von Ulrich Edel recht erfolgreich verfilmt wurde. Selby war einer dieser Schriftsteller, die unsterblichen Ruhm durch ein einziges Werk erlangten, diesen Ruhm dann aber nicht durch weitere Werke vergrößern konnten, sondern Zeit ihres Lebens mit einem einzigen Buch identifiziert wurden.

»Letzte Ausfahrt Brooklyn« erschien 1964 als das Debüt Selbys, das mit seiner schonungslosen Schilderung eines Amerikas von ganz unten bis heute nichts von seiner explosiven Kraft eingebüßt hat. Ähnlich anderen Außenseitern der amerikanischen Literatur – etwa Charles Bukowski – war die Kaputtheit in Selbys Schreiben eng verbunden mit seinem eigenen Leben. Nicht nur Selbys Romanfiguren werden von den sozialen Härten des amerikanischen Alltags kräftig durcheinandergeschüttelt, auch Selby lebte selbst nach dem Erfolg von »Letzte Ausfahrt Brooklyn« eine Zeit lang von der Sozialhilfe. Er war heroin- und alkoholabhängig und ließ auch sonst kaum eine Droge aus.

Nachdem »Letzte Ausfahrt Brooklyn« in Großbritannien Ende der Sechziger verboten worden war, avancierte das Buch immer mehr zum Kultbuch, während Selby mit seinen späteren Büchern nicht mal mehr von der amerikanischen Kritik wahrgenommen wurde. Wahrscheinlich lag das auch daran, dass Selby seine Themen – vor allem und immer wieder: schlicht die Abgefucktheit des menschlichen Daseins – zu oft wiederholte und lediglich in remixter Form immer neu anbot. Zu etwas Berühmtheit gelangte noch sein Buch »Requiem für einen Traum« von 1978 durch eine äußerst gelungene Verfilmung vor ein paar Jahren. Danach erinnerte man sich wieder des Öfteren an den Meister des Abgründigen und Kaputten.

Nun ist Hubert Selby im Alter von 75 Jahren an einer chronischen Bronchitis in seiner Wohnung in Los Angeles gestorben.

Das Wunder aus dem Automaten

Bankpanne. Manchmal scheint der Kapitalismus ein Einsehen zu haben und doch auch mal was richtig Gutes für die Menschen tun zu wollen. Sogar Banken können da plötzlich auch richtig nett zu einem sein. In dem nordwestenglischen Kaff Wooler jedenfalls gab ein Bankautomat eine Zeit lang die doppelte Summe dessen heraus, was man eigentlich abheben wollte. Diese Sensation trommelte so viele Bankautomatenkunden zusammen, dass sich vor diesem mitten in der Nacht eine riesige Schlange bildete. Eine Frau habe sich, so der Daily Star, gar im Morgenrock und mit Lockenwicklern vom Taxi zur Bank chauffieren lassen, um von dem Wunder des spendablen Bankautomaten zu profitieren. Insgesamt haben die Bewohner des glücklichen Dorfs 98 000 Euro abgehoben.

Wie es zu den paradiesischen Zuständen in Wooler kommen konnte, ist inzwischen klar: Aus Versehen wurden in das Fach für Zehn-Pfund-Scheine 20-Pfund-Noten gepackt. Aus Versehen, vielleicht aber auch, und fast neigt man dazu, daran zu glauben: mit Absicht. Ist doch auch eine wirklich allzu schöne Vorstellung, dass ein braver Bankangestellter mal subervsiv sein und es seinem Arbeitgeber so richtig einschenken wollte. Um das Märchen nun auch wirklich zu einem Happy End zu führen, bleibt noch anzumerken, dass alle das Geld, das sie zu viel bekommen haben, behalten dürfen, da nicht mehr nachgeprüft werden kann, wer wirklich zu viel Geld erhalten hat.