Was uns betrifft

Düsseldorfer Islamistenprozess

Der Berliner Kabarettist, der sich Dr. Seltsam nennt, weil ihm nicht mal ein Name selbst eingefallen ist, kennt sich bestens aus. »Verschwörungsalbernheiten« seien es, was die US-Regierung und ihre Vasallen, die »bürgerlichen Presse- und Medienreporter« verbreiteten: »Ein nierenkranker frommer Milliardär konnte aus einer afghanischen Felsenhöhle zwanzig junge Araber per Taschentelefon in den Tod über New York dirigieren, ohne jede Gegenwehr. Und die überraschten USA waren zum Krieg gegen den Terror gezwungen.« Alles Lüge! Doch »bohrende Kritik« habe »ausgerechnet deutsche Journalisten zeitweise zur weltweit führenden Kraft der Aufklärung gemacht«. (Siehe Seite 11)

So schrieb es der Selbstdoktor am vergangenen Wochenende in der jungen Welt, obschon am Tag zuvor im Düsseldorfer Prozess gegen Shadi Moh’d Mustafa Abdalla und andere Mitglieder der terroristischen Gruppe al-Tawhid erneut ans Licht gekommen war, wie der »fromme Milliardär« bin Laden und sein Netzwerk vorgehen. Abdalla war Gast bin Ladens und seiner Organisation, arbeitete kurzzeitig als sein Leibwächter, erlernte die Kunst des Giftmischens, wurde an der Waffe ausgebildet und trieb auch sonst alles, was der moderne Terroristenlehrling zu treiben hat. Seine Angaben gelten als glaubwürdig.

Abdalla wurde in Deutschland verhaftet, weil er versuchte, eine Pistole mit Schalldämpfer und Handgranaten über einen Mittelsmann zu erwerben. Als Kronzeuge der Anklage berichtet er nun über die Tätigkeiten seiner Gruppe. Man habe geplant, das Jüdische Museum in Berlin zu sprengen, ebenso sollten eine Diskothek oder ein Lokal angegriffen werden, da sie überwiegend von Juden besucht würden. Da ein solcher Anschlag auch nicht jüdische Deutsche hätte treffen können, sahen die Jihadisten von der Durchführung ihres Planes ab. Abdalla verriet überdies, man habe in Deutschland Geld gesammelt, um verschiedene terroristische Gruppen, unter ihnen al-Qaida, zu unterstützen.

Doch selbst nach solchen Informationen bleibt in Deutschland der öffentliche Aufschrei aus. Die Tageszeitungen, mit Ausnahme der Frankfurter Rundschau, druckten lediglich Meldungen zum Düsseldorfer Prozess und hielten diese auffallend kurz.

Während sich auf der ganzen Welt die Terroranschläge häufen, bleibt man in Deutschland sogar dann merkwürdig ruhig, wenn gegen Menschen und Einrichtungen im eigenen Land gerichtete Pläne offen gelegt werden. Die Jihadisten von al-Tawhid nämlich wollten Deutsche schonen, während sie hier Juden angreifen. Denn die Deutschen wollen sie, ganz freundlich, von den Juden befreien. Gegen Amerikaner gehen sie weniger liebenswürdig vor. Das alles schreckt aber hierzulande niemanden auf, im Gegenteil. Man winkt ab, so etwas dient höchstens für weitere Sicherheitsgesetze.

Es ist hier herrschende Meinung, dass es einen solchen Terrorismus entweder nicht gibt, wie es die versammelten Verschwörungstheoretiker glauben, oder dass er »uns« nicht betrifft, sondern nur Juden und Amerikaner.

Die Kämpfer des Jihad schätzen die politische Lage in Deutschland offensichtlich richtig ein, hier ist ja die »weltweit führende Kraft der Aufklärung« zu Hause.