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Joschka Stoiber

Deutsch-tschechisches Verhältnis. Das Wort »humanitär« bedeutet eigentlich menschenfreundlich oder wohltätig. Was es für Joschka Fischer heißt, wurde in der vergangenen Woche wieder einmal klar. Am 10. und 11. Juli wird sich der Verwaltungsrat des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds mit einem Antrag der Arbeitsgemeinschaft sudetendeutscher Sozialwerke befassen, in dem diese fordern, dass Sudetendeutsche, die etwa durch Kerkerhaft, Zwangsarbeit oder Misshandlungen Unrecht erlitten hätten, entschädigt werden.

Dass sich die Sudetendeutschen als eigentliche Opfer der Geschichte begreifen, ist bekannt. Nun wollen sie offenbar auf gleiche Weise entschädigt werden wie NS-Opfer. Im Gegensatz zu diesen jedoch müssen sie nicht lange auf prominente Unterstützung warten. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, habe sich Außenminister Fischer in einem Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) für solche Zahlungen ausgesprochen. Die Bundesregierung unterstütze »das Projekt einer humanitären Geste gegenüber besonders schwer geschädigten Sudetendeutschen«. Fischer lieferte einen weiteren Beweis dafür, dass dort, wo er das Wörtchen »humanitär« draufschreibt, meist nichts als Deutschland drinsteckt.

Jetzt kommt der Masterplan

Bundesanstalt für Arbeit. Wer sich künftig als »Kundin« auf dem Weg zur »Bundesagentur« immer noch so fühlt wie eine Erstklässlerin beim Gang ins Zimmer des Schuldirektors, wird ahnen, dass die Welt wieder um einige Euphemismen reicher geworden ist.

Aber der »Masterplan« zur Reform der bisherigen Bundesanstalt für Arbeit (BA) umfasst mehr als den Austausch von Bezeichnungen. Immerhin haben 200 Mitarbeiter monatelang daran gearbeitet, mit der Unterstützung bekannter Unternehmensberater. Der Entwurf, den der Vorstandsvorsitzende der BA, Florian Gerster, nach Angaben von Reuters in Kürze vorlegen will, sieht zum Beispiel vor, dass Arbeitsamtsbezirke miteinander in Konkurrenz treten (wer vermittelt am meisten und schnellsten?) und dass Steuerung und Controlling innerhalb der Behörde »gestrafft« werden.

Die »Kunden« werden künftig in »Markt-«, »Beratungs-« und »Betreuungskunden« unterteilt, was so viel heißt wie leichte, schwierige und hoffnungslose Fälle. Auch zwischen den »eigentlichen Aufgaben« der BA – alles rund um die Versicherung der fleißigen Beitragszahler – und dem »gesellschaftspolitischen Auftrag« – dazu zählen etwa die Programme zur Integration der schwierigen bis hoffnungslosen Fälle – soll unterschieden werden. So kann man deutlicher machen, wie viele Faulenzer und Taugenichtse es gibt, und was deren Versorgung den Beitragszahler kostet. Ein Mitglied des Verwaltungsrats aus Vertretern von Bund und Ländern, Gewerkschaften und Unternehmen, der das Konzept prüft, hat bereits angedeutet, dass man diese lästige Aufgabe gern loswerden möchte.

Großer Guckangriff

Überwachung. Die Vorstellung, »Twin Peaks« oder Fußballspiele nur hören, aber nicht sehen zu können, ist in der Tat nicht schön. Wie soll man da die Mitwirkenden auseinanderhalten?

Das scheint sich auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) gedacht zu haben, als er vorschlug, den »Großen Lauschangriff« um den »Großen Guckangriff« zu erweitern. »In vielen Fällen lässt sich wortloses Handeln der Täter oder Stimmengewirr nicht zuordnen«, klagte er in der Welt am Sonntag. Und das ließe sich mit dem verdeckten Einsatz von Videokameras ändern. Stimmt.

Lass es raus!

Beleidigungen. Ist Ihnen schon einmal so richtig schlecht geworden, weil Sie die Worte, die Sie eigentlich Ihrem Chef an den Kopf knallen wollten, ungesagt hinunterschluckten, aus Angst vor Konsequenzen? Falls ja, sei Ihnen Mut gemacht, beim nächsten Mal alles rauszulassen.

Der Bonner Informationsdienst »Neues Recht für Vorgesetzte« berichtete in der vergangenen Woche, dass Beleidigungen, die im Affekt ausgesprochen werden und denen ein wirkliches Ärgernis vorausgegangen ist, in der Regel von den Gerichten dieses Landes nicht bestraft werden. Den Chef als »Blöder Sack«, »Arschloch«, »Armleuchter«, »Pfeife«, »Blödmann« zu bezeichnen, ist meistens kein ausreichender Grund für eine fristlose oder verhaltensbedingte Kündigung.

Bahnbrechende Neuerung

Preissystem der Bahn.Eine gewisse Genugtuung bereitet es ja schon, dass die Rückkehr der »alten« Bahncard ein gutes Jahr nach ihrer Abschaffung angekündigt wird. Auch Vereinfachungen im Preissystem kündigte der Aufsichtsratsvorsitzende der Bahn AG, Hartmut Mehdorn, am vergangenen Mittwoch an.

Dumm nur, dass sich der Kreis derer, für die sich die Anschaffung einer 50-Prozent-Bahncard lohnt bzw. die einen so üppigen Vorschuss zahlen können und wollen, durch den Preisanstieg von 140 auf 200 Euro drastisch verkleinert. Der erfolgreiche Boykott des Schienenfernverkehrs könnte und sollte somit weitergehen!

Doktor Sommerlich rät

Das erste Mal. »Lieber Dr. Sommerlich, nun habe ich auch mal an einem Joint gezogen, nur ein einziges Mal, aber das war nix, das hat überhaupt keine Wirkung gehabt. Was soll ich nur tun? Soll ich lieber Wein trinken?« Hans E., Berlin

»Lieber Hans, ich kann deine Enttäuschung verstehen, aber du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. So wie dir geht es vielen beim ersten Mal. Bei manchen knallt Haschisch erst beim 20. oder 30. Mal. Hab nur Geduld und rede mit deinen Freunden im Finanzministerium drüber. Die werden dich sicher nicht auslachen. Im Gegenteil: Bestimmt wird der eine oder andere zugeben, dass es bei ihm genauso war. Irgendwann wirst du viel Spaß haben, nachdem du einen Joint geraucht hast. Und den Wein kannst du ruhig dazu trinken.« Dr. Sommerlich