Krasse Bildungsfans

Studierende protestieren gegen die Sparpläne des Senats

»Wir sind keine Hooligans, wir sind krasse Bildungsfans«, skandierten die StudentInnen beim Sturm aufs Rote Rathaus. Über 4 000 Studierende und SchülerInnen demonstrierten am vergangenen Mittwoch in Berlin unter dem Motto »Für eine offene Uni. Kein Sozialabbau, nirgends!« gegen die Kürzungspläne des rot-roten Senats.

Die Jazzband der Hanns-Eisler-Musikhochschule und SchauspielerInnen der Ernst-Busch-Hochschule traten auf der Hauptbühne unter dem Transparent »Revolution gegen Studiengebühren« auf. Immerhin 20 Studierende wollten sich mit dem Kulturprogramm nicht zufrieden geben und besetzten kurzzeitig das Büro des Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD). Dessen Zusage der Teilnahme an einer Podiumsdiskussion reichte jedoch bereits aus, um sie zum friedlichen Verlassen des Gebäudes zu bewegen.

Derzeit verhandeln die Hochschulpräsidenten mit dem Berliner Senat über die Finanzierung der Hochschulen ab 2005. »Genaue Zahlen der Einsparungen im universitären Bereich«, sagt Claus Guggenberger, der Sprecher des Finanzsenators, »kann man zurzeit zwar nicht benennen.« Fest steht aber: Die Berliner Hochschulen sind, verglichen mit anderen Stadtstaaten wie etwa Hamburg, um 200 Millionen Euro zu teuer – bei einem Gesamtvolumen von 1,4 Milliarden Euro, die das Land Berlin im Jahr für den Hochschulbereich ausgibt. Alle Ausgabenposten müssten überprüft werden, weshalb Guggenberger auch die Einführung von Studiengebühren nicht ausschließen will. »Der Ökonom Thilo Sarrazin ist schon immer für Studiengebühren gewesen«, erklärt er.

Schon in den neunziger Jahren wurde kräftig an den Hochschulen gespart. An der Technischen und der Freien Universität fielen jeweils die Hälfte der ProfessorInnenstellen weg, an der Humboldt-Universität war es ein Drittel. Dabei kritisieren Studierende die Zustände an den Unis seit Jahren als »inakzeptabel«. Die Lehrveranstaltungen sind hoffnungslos überfüllt und von einer Betreuung durch die Lehrenden kann kaum noch gesprochen werden.

Mit über 10 000 TeilnehmerInnen hatten die Studierendenvertretungen der Berliner Unis eigentlich gerechnet. Trotzdem zeigte sich Dorothée Booth vom ReferentInnenrat der Humboldt-Universität, die die Demonstration angemeldet hatte, nicht enttäuscht: »Für die erste StudentInnendemonstration seit langem ist die Zahl in Ordnung.« Booth wünscht sich aber ein größeres Bewusstsein der gesamtgesellschaftlichen Situation. Deshalb befürwortet sie die Beteiligung an den Protesten gegen den Sonderparteitag der SPD am 1. Juni. »Da werden wir uns auf jeden Fall einbringen.«

Dass es um das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein der Studierenden tatsächlich nicht gut bestellt zu sein scheint, zeigte das Unverständnis über einen Redebeitrag des Hausprojektes Rigaer Straße 94 zur Demo. »Was hat das denn hiermit zu tun?«, kommentierten einige. Auch eine Studentin im ersten Semester ließ das erhoffte solidarische Bewusstsein vermissen: »Warum will der Senat jetzt von den StudentInnen Geld?«, fragte sie sich. »Schließlich nutzen doch SozialhilfeempfängerInnen und Arbeitslose den Staat schamlos aus.«

martin kröger