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U-Boote aus Bagdad

Flüchtlingspolitik. Großherzig bat Innenminister Otto Schily (SPD) in der vergangenen Woche die Bundesländer, keine irakischen Flüchtlinge mehr aus Deutschland abzuschieben. Dabei werden schon seit längerem aus technischen Gründen keine Abschiebungen in den Irak mehr vorgenommen. Zudem wies Schily das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge an, die Asylverfahren für Iraker auszusetzen.

Flüchtlingen aus dem Irak wird also zurzeit kein Asyl in der Bundesrepublik gewährt. Die Entscheidungen des Bundesamtes waren in den vergangenen Monaten ohnehin immer strenger geworden. Während zu Beginn des Jahres 2001 durchschnittlich 30 Prozent der irakischen Flüchtlinge abgelehnt wurden, waren es im Dezember 2002 über 80 Prozent. Die von Schily im Juni des vergangenen Jahres eingeführte Weisungsabhängigkeit im Amt, die die jeweiligen Sachbearbeiter zu einem restriktiveren Vorgehen gegen Flüchtlinge anhält, wirke wie eine »Faust von oben«, kritisierte Pro Asyl.

Um Schily nicht nachzustehen, hat sich der bayrische Innenminister, Günther Beckstein (CSU), etwas Besonderes einfallen lassen. Er lässt Asylbewerber aus dem Irak durch den Staatsschutz beobachten. Der bayrische Heimatschützer vermutet unter den 30 000 in Bayern lebenden irakischen Flüchtlingen »U-Boote aus Bagdad«.

Jagdszenen an der Elbe

Rassismus. Falls die Stadt Hamburg tatsächlich die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2012 ausrichtet, sollten sich die Länder Afrikas zweimal überlegen, ob sie daran teilnehmen wollen. Denn als Afrikaner, zumal mit schwarzer Hautfarbe, lebt man in Hamburg gefährlich. Schnell wird man verdächtigt, ein Dealer zu sein.

Am 15. März ertrank ein Afrikaner im Mittelkanal auf der Flucht vor der Polizei. Die Beamten hatten versucht, ihn festzunehmen, da er angeblich mit Drogen gehandelt habe. Der Flüchtlingsrat Hamburg und das Offene Plenum für antirassistische Arbeit protestierten inzwischen gegen die »bewusste Inkaufnahme des Todes von Menschen bei Polizeikontrollen, Razzien und Brechmitteleinsätzen«.

»Menschenrechte gibt es für die Kriminalisierten nicht mehr. Menschen schwarzer Hautfarbe oder mit ›ausländischem‹ Aussehen können sich in dieser Stadt nur noch mit Angst bewegen«, heißt es in einer Erklärung der beiden Organisationen.

Im Dezember des Jahres 2001 forderte die Hamburger Antidrogenpolitik bereits ein Menschenleben. Der nigerianische Flüchtling Achidi John starb, nachdem ihm ein Brechmittel eingeflößt worden war. Man hatte ihn verdächtigt, zum Verstecken von Beweismitteln Drogen verschluckt zu haben.

Die Sprache der Verwaltung

Hochschulen. Richtig so! Das Studium ist keine Ware und sollte daher kostenlos sein. Da kommt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom vergangenen Mittwoch gerade recht. Die im Jahr 1997 eingeführte Rückmeldegebühr an baden-württembergischen Hochschulen in der Höhe von 50 Euro ist verfassungswidrig.

Allerdings nicht, weil keine Gebühren für das Studium verlangt werden dürfen. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die Gebühren in Baden-Württemberg anders als in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Niedersachsen nicht »bei« der, sondern »für« die Rückmeldung erhoben würden. Die tatsächlichen Kosten für den Verwaltungsaufwand betrügen aber nur 4,30 Euro – also weit weniger als der Betrag, den die christlich-liberale Landesregierung von den Studierenden erhebt.

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte die Rückmeldegebühr schon im Jahr 1998 nach nur einem Semester ausgesetzt. Die früheren Einnahmen in Höhe von 34,8 Millionen Euro müssen nun hoffentlich an die Studierenden zurückgezahlt werden. Weitere Kosten könnten für eine Imagekampagne fällig werden. Schließlich sagt der gegenwärtige Werbeslogan für den Standort Baden-Württemberg (»Wir können alles außer Hochdeutsch«) eindeutig zu viel über die Sprachkünste der Verwaltung aus.

Im Rolli ins Abseits

Diskriminierung. Wie unsozial ist eigentlich inzwischen die Bundesanstalt für Arbeit geworden, wenn eine derart scharfe Kritik aus den Reihen der CDU/CSU kommt? Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wirft die Union der Bundesanstalt vor, die berufliche Integration Behinderter zu »verhindern«. Der Behindertenbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Hubert Hüppe (CDU), sagte in der vorigen Woche, die Behörde betreibe mit »gnadenloser Härte« die »ersatzlose Streichung beruflicher Weiterbildung für Behinderte«. Die Bundesanstalt habe die Arbeitsämter angewiesen, nur noch solche Weiterbildungsmaßnahmen zuzulassen, bei denen 70 Prozent der Teilnehmer anschließend auch beschäftigt blieben. Hüppe warf der Behörde »Manchester-Kapitalismus« vor.

Geheimer Aufschwung

Wirtschaft. Nicht mal ignoriert hat die hiesige Presse eine Mitteilung des Statistischen Bundesamtes. Bereits vor zwei Wochen gab es bekannt, dass der deutsche Export einen neuen Rekord aufstellen konnte, und zwar trotz der Schwäche der Weltkonjunktur. So seien die deutschen Ausfuhren um 1,6 Prozent gestiegen und erreichten den Wert von 648,3 Milliarden Euro. Vor allem das Geschäft mit China floriere, es sei um 19,6 Prozent angewachsen und habe inzwischen einen Wert von 14,5 Milliarden Euro. Schon jetzt sei China ein wichtigerer Handelspartner als Russland oder Japan.

Die angeblich zu hohen Lohnnebenkosten in Deutschland scheinen diese guten Geschäfte jedenfalls nicht zu beeinträchtigen. Aber bitte nicht weitersagen, da wir jetzt die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger gerade so schön an der Kandare haben.