Pleite von Herlitz

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Jetzt hat es auch den Schreibwarenhersteller Herlitz erwischt. Dass das Berliner Unternehmen in der vergangenen Woche die Insolvenz beantragte, überraschte eigentlich niemanden, denn schon lange war Herlitz mehr als nur angeschlagen. Nun aber verweigerten die Banken und der Berliner Senat, der nicht einsah, dass er für die mangelnde Risikofreude der Banken noch einmal eine Millionensumme zur Deckung aufbringen solle, dem Unternehmen, das zur Zeit noch gut 3 000 Arbeitnehmer beschäftigt, weitere Hilfe. Für viele ist dies kein Anlass zur Trauer, im Gegenteil. »Für uns gibt es überhaupt keine Notwendigkeit, Herlitz weiterzuführen«, kommentierte etwa Volker Wessels vom Bundesverband Bürowirtschaft mit der Arroganz dessen, der nichts zu befürchten hat, die Pleite. Und mit dem Satz »Aus unserer Perspektive wird Herlitz nicht benötigt« bekräftigte Thomas Grothkopp, der Geschäftsführer des Bundesverbandes, die Aussagen seines Sprechers.

Wenn die Konkurrenz mit einiger Freude zur Kenntnis nimmt, dass sich einer der Ihren wohl demnächst vom übersättigten Markt verabschiedet, sieht es für die Beschäftigten der Herlitz AG schlecht aus. Denn zurzeit liegen angesichts der Situation, in der sich der gesamte deutsche Schreibwarenhandel befindet, keine Kaufangebote für das Unternehmen oder für Unternehmensteile vor. Der Konkurrent Pelikan etwa beeilte sich, anderslautende Gerüchte sofort zu dementieren.

»Wenn man die Altlasten vielleicht beseitigen kann, dann habe ich Hoffnung, dass man einen Kernbereich, vielleicht sogar einen großen Kernbereich, retten kann«, versucht der Insolvenzverwalter, Peter Leonhardt, die Situation schönzureden, und betont, dass die nächsten drei Monate gesichert seien. Ebenso verbreiten die Firmensprecher gute Laune; man produziere wie zuvor, der Absatz sei gut. Und einige der Tochtergesellschaften seien von der Pleite des Mutterkonzerns noch nicht betroffen. Es bleibe abzuwarten, wie sich die Banken verhalten. Doch in einem sind sich alle einig: Ohne die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wäre das Ende des gesamten Unternehmens unabwendbar gewesen. Auf der Unternehmerseite gibt man sich verhalten optimistisch.

Die Beschäftigten dagegen haben kaum einen Grund, optimistisch zu sein. Seit mehreren Jahren haben sie unter dem gelitten, was Missmanagement, Größenwahn und nicht zuletzt waghalsige Immobilienspekulationen aus dem einst soliden Herlitz-Konzern gemacht haben. Sie haben viele ihrer Kolleginnen und Kollegen in den Vorruhestand oder in die Arbeitslosigkeit gehen sehen und haben selbst einschneidenden Sanierungskonzepten zugestimmt, die Lohnverluste mit sich brachten. Geholfen hat das alles nichts. Viele von ihnen werden ihren Arbeitsplatz verlieren oder weiteren Lohnverzicht üben müssen, sei es, um einen Konzern, an dem sie keine Besitzanteile halten, erneut zu retten, sei es, weil das Unternehmen nicht mehr zu retten ist. So müssen sie für ein Management büßen, das mit Unterstützung der Banken und des damaligen Senats seine wahnsinnigen Expansionspläne pflegen konnte und sich abseits seines Geschäftsbereiches in Immobilienspiele verwickelte.

Doch während die Beschäftigten von Herlitz um ihr Einkommen fürchten, beschäftigt sich die Berliner Presse mit einem ganz anderen Problem, mit dem Verlust der Marke Herlitz. Die allerdings dürfte, weil sie eine gut eingeführte ist, ähnlich wie die Marke AEG überleben. Zu neuen Arbeitsplätzen und besseren Löhnen verhilft das allerdings niemandem.