Wahlkampf in Zimbabwe

Rivalen im Endspurt

Der Kampf um die Präsidentschaft in Zimbabwe eskaliert. Die Regierung zeigt sich unbeeindruckt von Sanktionen und wirft dem Oppositionskandidaten Hochverrat vor.

Seit der Einführung des Mehrparteiensystems sei der Prozess der Demokratisierung erheblich vorangekommen, konstatierten die beiden Abgeordneten des britischen Unterhauses dem East African Standard zufolge. Der Staatsklasse des Landes, das sie besuchten, werfen Menschenrechtsorganisationen allerdings die rücksichtslose Verfolgung der Opposition mit Hilfe von Jugendmilizen, Folter und politisch motivierte Morde vor. Doch für Kenia gelten eben andere Maßstäbe als für Zimbabwe, gegen dessen Regierung ähnliche Vorwürfe erhoben werden. Der kenianische Präsident Daniel Arap Moi hat allerdings auch nie mit Verstaatlichungen gedroht, und er ist ein wichtiger Verbündeter bei einer möglichen Militärintervention in Somalia.

Die Beziehungen Zimbabwes zu Großbritannien, den übrigen EU-Ländern und den USA befinden sich auf einem neuen Tiefstand. Auf die Verweigerung einer Akkreditierung des Leiters des Wahlbeobachterteams der EU reagierte diese mit Sanktionen. Zwei Wochen vor den am 9. und 10. März geplanten Präsidentschaftswahlen wurden Einreisebeschränkungen für die meisten Mitglieder der Regierung Zimbabwes, die Sperrung von Bankkonten und ein Waffenembargo beschlossen.

Der 78jährige Robert Mugabe, Regierungschef seit dem Ende der rhodesischen Siedlerdiktatur im Jahr 1980, brandmarkte die Maßnahmen als »Wirtschaftsterrorismus«. Doch so ungelegen dürften sie ihm nicht kommen, kann er doch während der derzeitigen Wahlkampagne seine Abscheu vor den »arroganten kleinen Jungs« von New Labour noch emphatischer vortragen. »Haltet eure dreckigen Mäuler«, zitiert ein Bericht der regierungstreuen Tageszeitung Herald Mugabe auf einer Wahlkampfveranstaltung in Mashonaland Central, einer Bastion der Regierungspartei Zanu PF. Die Sanktionen stoßen auch bei anderen Staatschefs im südlichen Afrika auf Ablehnung, die allerdings wesentlich diplomatischer formuliert wird.

Die Wahl wird zwischen Mugabe und dem Gewerkschafter Morgan Tsvangirai, dem Spitzenkandidaten der MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) entschieden werden. Die anderen drei Kandidaten gelten als chancenlos. Tsvangirais Partei unterlag der Zanu PF in den von staatlicher Gewalt begleiteten Parlamentswahlen im Juni 2000 nur knapp. Seitdem bildete die Staatspartei Tausende Jugendliche in Trainingslagern zu loyalen Milizionären aus (Jungle World, 35/36/01), die Oppositionelle angreifen, Schulen schließen und sich in den City Halls, den öffentlichen Versammlungshäusern, einquartieren.

Nach Informationen des Human Rights Forum Zimbabwe (HRF) wurden im Januar dieses Jahres 16 Menschen, drei von ihnen Zanu-Anhänger, aus politischen Motiven umgebracht. Die Leiche eines Anhängers der MDC fand man nach Angaben des HRF auf einer Farm, die dem Minister für Staatssicherheit, Nicholas Goche, gehört. Auch Wahlbeobachter aus den Nachbarstaaten sind bereits attackiert worden. Der Leiter der namibischen Delegation stufte Medienberichte über Gewalttaten dennoch als übertrieben ein. Ein Urteil, dass der Gewerkschaftsverband ZCTU als »ekelerregend und ärgerlich« bezeichnete: »Wir sind diese Leute leid. Es sind wir, die geschlagen, vergewaltigt, gefoltert und getötet werden.«

Nicht nur die politische Gewalt hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Tsvangirai und zwei weitere führende Oppositionspolitiker wurden in der vergangenen Woche im Zuge der Ermittlungen wegen Hochverrats von der Polizei und dem Geheimdienst verhört. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen die Todesstrafe oder lebenslange Haft. Die MDC-Spitze soll Ende letzten Jahres die dubiose kanadische Consulting-Firma Dickens & Madson mit der Ermordung Mugabes beauftragt haben, wie der Journalist Mike Davis unter Berufung auf geheime Videoaufzeichnungen in einer Dokumentation des australischen Fernsehsenders SBS vom 13. Februar behauptete.

Nachdem die Oppositionspartei auf die zweifelhafte Reputation der »Berater« und die angeblich mangelhafte Qualität des Videos verwiesen hatte, legte SBS eine Woche später mit einer längeren Einspielung nach. Die Aufzeichnungen des Treffens zwischen MDC-Vertretern und Repräsentanten von Dickens & Madson sind bis auf wenige Sequenzen bisher nicht zugänglich, die Transkripte der beiden Sendungen wurden inzwischen wegen einer Klage des MDC vom Internet-Server des SBS entfernt. Aus ihnen geht hervor, dass die Mitarbeiter von Dickens & Madson Tsvangirai zur Teilnahme an einem Mordkomplott drängen wollten. An einer Stelle sagt der MDC-Vorsitzende deutlich vernehmbar: »Okay, wir sind jetzt so weit, dass wir definitiv sagen können, Mugabe wird ausgeschaltet (is going to be eliminated). Doch was kommt als nächstes?«

Dickens & Madson wurde nach Darstellung der MDC im Oktober des vergangenen Jahres für politische Lobbyarbeit in den USA angeheuert. Beim Treffen in Montreal habe man sich über die notwendigen Schritte angesichts verschiedener Zukunftsszenarien verständigen wollen. Doch warum die Parteifunktionäre fast fünf Stunden lang an einer Sitzung teilnahmen, auf der ihre Gesprächspartner über die bevorstehende Ermordung Mugabes schwadronierten, erklärte die Oppositionspartei bisher nicht.

Möglicherweise haben der innere Führungszirkel der Zanu PF und der Geheimdienst CIO ihren Konkurrenten eine Falle gestellt. Denn die von der MDC angeheuerte Agentur steht wahrscheinlich schon seit einiger Zeit im Sold der Zanu PF. Die Wochenzeitung Zimbabwe Independent berichtete kürzlich, Dickens & Madson habe finanzielle Transaktionen in Diamantengeschäften abgewickelt, die staatliche und militärische Wirtschaftsunternehmen Zimbabwes im besetzten Süden der Demokratischen Republik Kongo betreiben.

Von politischen Zielen ist in dieser extrem aufgeheizten Atmosphäre nicht mehr die Rede. So überdeckt die grelle Propaganda die Dürftigkeit der Programmatik beider Parteien. Das gilt insbesondere für die abgehalfterte Befreiungsbewegung. Ideologisch hat sich die Zanu PF inzwischen auf das Niveau des »Grünen Buches« des Bündnispartners Muammar al-Gaddafi begeben. Joseph Chinotimba, ein einflussreicher Funktionär des regierungstreuen Verbandes der Kriegveteranen ZNLWVA, wähnt seinen Patron Mugabe in einer ähnlichen Situation wie Saddam Hussein.

Für den Fall eines Wahlsieges wurden weit reichende Verstaatlichungen im Industriesektor angekündigt. Von unschätzbarem Wert für die Zanu PF ist es, dass einige westliche Medien tatsächlich Halbwahrheiten verbreiten und die westlichen Regierungen, die ihre Kritik an Demokratiedefiziten afrikanischer Staaten ihren Interessen entsprechend dosieren, nicht selten paternalistische und neokoloniale Töne anschlagen. Vom Anteil Großbritanniens an der Blockade einer Landreform ist nicht die Rede, während die weißen Großgrundbesitzer als unschuldig Verfolgte präsentiert werden.

Die MDC hat es in den vergangenen zwei Jahren angesichts der staatlichen Repression nicht geschafft, Parteistrukturen aufzubauen, die es mit dem aufgeblähten Apparat der Zanu PF aufnehmen könnten. Die Partei, der linke Gewerkschafter ebenso angehören wie weiße Großgrundbesitzer, wird vor allem von der Feindschaft gegenüber Mugabe zusammengehalten. Es ist zu bezweifeln, dass die von ihr favorisierte Mixtur aus good governance (guter Regierung), Neokorporatismus und ökonomischem Liberalismus Zimbabwe aus der strukturellen Wirtschaftskrise führen könnte. Zumindest kurzfristig würde eine Kooperation der Partei mit dem IWF und der Weltbank wohl für frisches Kapital sorgen. Doch die doppelte Peripherisierung des Landes - sowohl gegenüber den westlichen Staaten als auch gegenüber dem in der Region ökonomisch dominierenden Südafrika - dürfte dadurch nicht zu überwinden sein.

Der rasante Aufstieg der MDC droht, falls sie nicht trotz aller Hindernisse ein beeindruckendes Ergebnis erreicht, ebenso schnell zu einem Ende zu kommen. Deutlich wird dabei ein Problem, das auch in anderen afrikanischen Ländern die Entstehung bürgerlicher Parteien nach westlichem Vorbild blockiert. Die Partei hat angesichts der Schwäche der zimbabwischen Mittelklasse keine stabile finanzielle Basis im Land und ist deshalb auf ihre Sponsoren aus Skandinavien, Deutschland und Großbritannien angewiesen. Zum Glück für Mugabe in Zimbabwe, und auch für Moi in Kenia.