Allianz mit dem Iran

Wer wird Terrorist?

Die Bestrebungen, eine weltweite Koalition gegen den Terrorismus ins Leben zu rufen, bringen alte Gegensätze zwischen den islamistischen Machtansprüchen und dem »Westen« ans Licht. Als der britische Außenminister Jack Straw in der vergangenen Woche zu den iranischen Mullahs reiste, scheute er sich nicht, dem einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten, Israel, indirekt eine Mitschuld am Terrorismus zu geben.

Die britisch-europäische Appeasement-Politik beabsichtigt, den Iran in die Allianz gegen den Terror aufzunehmen oder zumindest im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung zur Neutralität zu bewegen. Zumal die iranischen Mullahs sich von den Terroranschlägen des 11. September distanzierten, aber nur, um sich auf die Suche nach einer Neudefinition dessen zu begeben, was der wahre Terrorismus war und ist.

Denn jeder versteht unter Terrorismus etwas anderes. Ein Paradebeispiel ist der vom Iran staatlich angeleitete Mord an iranischen Oppositionellen in Berlin. Für den als liberal geltenden iranischen Präsidenten Mohammad Khatami ist das betreffende Urteil eines deutschen Gerichts ein »zionistisches Machwerk«, denn es nennt den Iran einen terroristischen Staat.

Die iranischen Machthaber wissen, wer zu den wahren Terroristen gezählt werden muss: Israel und die USA. Besonders klar wurde das beim letzten Freitagsgebet in Teheran. Da rief der ehemalige Präsident Hashemi Rafsandschani, der permanent vor einer Ausweitung des Konflikts durch einen US-amerikanischen Gegenschlag warnt, munter: »Tod Amerika, dem großen Satan, Tod Großbritannien« und »Tod Israel«.

Zur Diskussion der Frage, wer der Terrorist ist, traf sich der iranische Außenminister Kamal Charrasi mit seinem syrischen Kollegen Faruk al-Sharaa und dessen Präsidenten Bashar al-Assad. Dieser teilte einer EU-Delegation mit, beide Staaten wollten »genau definieren«, was Terror sei. Deutlich brachte Charrasi seinen Standpunkt auch im Spiegel zum Ausdruck: »Wir können nicht die Aktionen der Hamas und des Dschihad als Terrorismus verurteilen.«

Bin Ladens Konflikt mit den iranischen und arabischen Islamisten bestand vorrangig in der Frage, ob zuerst Afghanistan vom »Kommunismus« oder ob zuerst das »Heilige Land« von der »jüdischen Herrschaft« befreit werden müsse. Als der Kommunismus erledigt war, entschied bin Laden, zunächst die USA, den »großen Satan«, zu bekämpfen. Aber der »kleine Satan« Israel bleibt auch in seinem Visier.

Wenn die iranischen Mullahs nun von der Uno sprechen und sich weigern, an einer Anti-Terror-Allianz unter US-amerikanischer Führung mitzuwirken, beabsichtigen sie, pro-islamische Mehrheiten in der Uno zu schaffen und vor allem Zeit zu gewinnen.

Der UN-Sicherheitsrat hat am Samstag eine Resolution zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus verabschiedet, die in erster Linie beabsichtigt, die Finanzströme der terroristischen Netzwerke zu unterbrechen. Diese Resolution ist nach Artikel sieben der Uno-Charta für alle 189 Mitgliedstaaten bindend. Wer als Terrorist bezeichnet werden kann, blieb auch nach dieser Resolution offen. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen soll die Vollversammlung darüber entscheiden.

Vielleicht gibt es dann eine Neuauflage der anti-israelischen Diskussion, wie sie in Durban geführt wurde (Jungle World, 35/36/01). Im Sommer wurde debattiert, ob Israel in einer UN-Resolution gegen den Rassismus nicht als der einzige Staat namentlich aufgeführt werden solle, der rassistisch ist. Diesmal könnte man diskutieren, ob Israel nicht der einzige terroristische Staat sei. Wer könnte sich angesichts der Äußerungen Straws darüber wundern?