Hochschulwoche des Studienzentrums Weikersheim

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Das Studienzentrum Weikersheim in Baden-Württemberg will sein Image in der rechten Szene aufpolieren.

Der rechte Flügel der Unionsparteien wittert seine Chance. Während der Mainstream in der deutschen Christdemokratie sich kaum noch gegenüber der rot-grünen Regierungspolitik profilieren kann, stürmen Edmund Stoiber und Roland Koch samt ihren Getreuen voran nach rechts. Die CSU will »viel restriktiver« gegen MigrantInnen vorgehen; der hessische Ministerpräsident möchte SozialhilfeempfängerInnen noch weiter unter die Armutsgrenze drücken; und der brandenburgische Innenminister, Jörg Schönbohm, empfiehlt der Union generell einen harten Rechtskurs. »Konsens - die harmonischste Form des Stillstands« lautet passend dazu das Thema seines Vortrags, mit dem er die »10. Weikersheimer Hochschulwoche«, die vom 16. bis zum 20. September im Renaissanceschloss Weikersheim stattfindet, eröffnen wird.

Veranstaltet werden die Weikersheimer Hochschulwochen seit 1992 vom Studienzentrum Weikersheim (SZW), einer 1979 von Hans Filbinger gegründeten, so genannten Denkfabrik am rechten Rand der CDU. Filbinger musste 1978 vom Posten des baden-württembergischen Ministerpräsidenten zurücktreten, als in der Öffentlichkeit bekannt wurde, dass er als Marinerichter der Wehrmacht in den letzten Kriegstagen Todesurteile gegen Deserteure verhängt hatte. Als Präsident des SZW konnte er seine politische Karriere fortsetzten.

Das SZW vertritt einen Konservatismus, der von reaktionärer christlicher Tradition und völkisch-deutschem Nationalismus geprägt ist. Die Förderung deutsch-nationaler Identität und Politik gegen MigrantInnen, eine Verschärfung des Paragraphen 218 gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau, der Einsatz für klerikale Moralvorstellungen gegen die Gleichstellung von Homo-, Bi- und Transsexuellen sowie ein offensiver Kampf gegen die Linke - all das sind die Inhalte, für die das Studienzentrum steht und mit denen es den rechten Flügel der CDU bedient.

Die Übergänge zur extremen Rechten sind bei dieser Programmatik fließend. Als AntifaschistInnen Mitte der neunziger Jahre eine Kampagne gegen das SZW begannen, machten sie den Personenkreis, der sich bei den Jahreskongressen und Hochschulwochen des Studienzentrums tummelte, publik. Dort saßen Republikaner und ehemalige NPD-Mitglieder neben CDUlern und JournalistInnen konservativer Zeitungen neben einem Mitarbeiter des Verlages Nation Europa. Und alle lauschten den Ausführungen baden-württembergischer CDU-MinisterInnen ebenso wie den Vorträgen eines Redakteurs der Zeitschrift Nation & Europa oder der Hetze des Anti-Antifa-Professors Hans-Helmuth Knütter, der eine Art »Volksfront von rechts« im Kampf gegen den Antifaschismus anstrebt.

Wegen dieser personellen Verbindungen zur extremen Rechten geriet das SZW auch in der bürgerlichen Öffentlichkeit in die Kritik. Um die Wogen zu glätten, übernahm 1997 der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang von Stetten den Vorsitz des Studienzentrums. Er entließ den langjährigen Geschäftsführer Albrecht Jebens, der zu stark in die rechtsextreme Szene eingebunden war - inzwischen soll er nach Angaben von blick nach rechts sogar Vorstandsmitglied der neofaschistischen Gesellschaft für Freie Publizistik sein - und entfernte den Link zu Nation & Europa von der Homepage. Stetten gelang es mit seinen Maßnahmen, dem Studienzentrum ein harmloses Image zu verpassen.

Dabei vertritt er durchaus umstrittene Positionen. Er stimmte im Bundestag dagegen, Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe zu stellen, und war einer der UnterstützerInnen des estnischen Separatismus, zu einer Zeit, als selbst die deutsche Bundesregierung noch die territoriale Souveränität der Sowjetunion anerkannte. Bereits 1992 favorisierte er auf einer Tagung der Deutschen Burschenschaft die so genannte Orangentheorie, die besagt, dass Russland in annähernd 90 Nationalitäten zerfallen werde. Außerdem tritt er dafür ein, die Minderheitenrechte der »deutschen Volksgruppe« in Polen zu stärken. Trotzdem verstummten die antifaschistischen Proteste nach dem Führungswechsel.

Doch Stetten war zu erfolgreich. Auch die extreme Rechte hielt ihn für zu liberal. Die Zahl der TeilnehmerInnen an den Seminaren sank. Das SZW erfüllte seine Funktion nicht mehr, die extreme Rechte zu integrieren. Im Mai dieses Jahres entschied sich das Präsidium deshalb für einen Neustart. Stetten trat zurück. Neuer Präsident wurde der 73jährige ehemalige Politikprofessor Klaus Hornung. Er vertritt konservative Theorien, in denen die vermeintlichen Übel der Moderne aus der Französischen Revolution abgeleitet werden. Er sympathisiert mit Männern wie Gerhard von Scharnhorst, dessen Biographie er vor kurzem geschrieben hat. Scharnhorsts Leistung bestand darin, den deutschen »Volkskrieg« gegen Frankreich und gegen die Errungenschaften der Französischen Revolution im Jahr 1813 mit vorbereitet und dabei der völkischen Ideologie im deutschen Sprachraum zum Durchbruch verholfen zu haben. Hornungs politische Aktivitäten und seine zahlreichen Beiträge für die Junge Freiheit sowie für Criticón haben ihm auch in der extremen Rechten Akzeptanz verschafft.

Die geplanten Vorträge und die vorgesehenen ReferentInnen der Hochschulwoche zeigen, dass es ein Ziel der Veranstalter ist, die Anbindung der extremistischen Spektren an den rechten Flügel der Union zu verstärken. So sollen Themen behandelt werden, mit denen die Junge Freiheit derzeit versucht, Bündnisse zwischen der Union und rechten Kräften herzustellen. Redner wie Günter Zehm (»Pankratz«) und Siegmar Faust sind dem rechtsintellektuellen Nachwuchs ohnehin aus der Jungen Freiheit oder Criticón bekannt.

Mit der Präsenz vieler CDU-Funktionäre im neuen SZW-Präsidium sollen Skandale verhindert werden. Neun von 13 Präsidiumsmitgliedern gehören der CDU an, unter ihnen Jörg Schönbohm als neuer Vizepräsident. Auch für den Bundestagswahlkampf 2002 ist vorgesorgt. Der Starredner auf dem SZW-Jahreskongress im nächsten Jahr wird der Hoffnungsträger der CDU-Rechten sein, Roland Koch.