Dritter Teil von »Jurassic Park«

Ich - Über-Ich - Handysaurier

»Es frisst, es scheißt, das Es« - so beginnt »Rhizom«, die kleine Schrift von Félix Guattari und Gilles Deleuze, die so viel Wirbel veranstaltet hat. Vor einiger Zeit muss sie auch Steven Spielberg in die Hände gefallen sein. Anschließend setzte er seinen Tierklassiker »Jurassic Park« in Szene. Schon in Folge II - es frisst und scheißt - mampfte sich der Tyrannosaurus Rex durchs heimische Amerika. Weil's so schön war, kommt jetzt Teil III.

Vom bisherigen rhizomatischen Verlangen nicht weit entfernt, geht es auch hier wieder ums Aufessen. Den kulinarischen Auftakt bildet ein Leibwächter mit Satellitentelefon im Handyformat. Fortan stehen einem die Haare zu Berge, wenn einer anruft. So bald es klingelt, ist das Tier nicht weit. Es handelt sich um eine leicht vergrößerte Ausgabe des T-Rex, mit Krokodilschnauze bestückt; alles in allem so 20 Meter lang, das Vieh.

Um welches Gesellschaftsbild handelt es sich in »Jurassic Park III«? Der Mensch muss arbeiten, aber das reicht nicht. Obendrein muss er sich bei freier Zeiteinteilung und projektorientiert zur Hure machen. So wie Dr. Allen (Sam Neill), der wie in den Vorgänger-Filmen den Dino-Forscher macht und nie wieder einem solchen Tier über den Weg rennen will. Lieber kümmert er sich um versteinerte Reste. Das kostet. Der notorisch klamme Wissenschaftler übernimmt daher den Job des Reiseleiters für einen Millionär (»Ich unterschreibe den Scheck, sie tragen die Summe ein«) und dessen Frau. Nicht die Insel aus Teil I, sondern die daneben war die eigentliche Forschungs- und Brutstätte für die urzeitlichen Geschöpfe, die alle noch leben. Nur drüberfliegen will das Ehepaar, und Allen soll erklären, was man sieht.

Nicht viel später haben sie ihm eine Beule gehauen und sind gelandet. Vertragsbruch! Das Ehepaar hat vor Monaten seinen Sohn beim Skysurfen verloren, irgendwo hier muss er sein. Den Rest der Handlung bestreitet der Handysaurus, der dem kleinen T-Rex auf der Straße innerhalb von fünf Sekunden das Genick bricht.

Die alte Botschaft Spielbergs: Alle sind korrupt, nur das Kind nicht. Wer an den Genen fummelt, kann sich die Finger verbrennen oder in diesem Fall: keinen Arm mehr haben, wo die Finger oder das Handy dran befestigt sein könnten. Gut 80 Minuten dauert die Verfolgungsjagd mit den komödiantischen Einlagen aus der Arbeitswelt: Der Millionär entpuppt sich als Magnat der Hauswirtschaft. Er hat einen kleinen Laden für Kücheneinrichtungen.

Unerträglich wie immer ist das Spielbergsche Kreisch- und Schlaumeierkind. Aber die Zwölfjährigen sind schließlich die Zielgruppe, und die verdienen einen unsäglichen Schluss. Bis dahin hat man sich aber gut amüsiert: Irgendwann muss der Dinosaurier mit dem Handy im Bauch mal, und fortan klingelt es in dem großen Haufen, den das Tier gemacht hat.

Jetzt verstehen wir auch die elementare Sehnsucht nach den großen Tieren: Wir wünschen uns, sie würden hin und wieder im ICE mitfahren oder im Kino sitzen. Denn so wie dem Handytelefonierer in »Jurassic Park III« kann es ruhig allen ergehen, die dort, wo sie Ruhe halten sollten, ihre Klingeltöne ausprobieren. Das ist moderner als Deleuze und Freud. Denn das Es ist hier machtlos; als es erfunden wurde, gab es die Apparate noch nicht.

»Jurassic Park III«. USA 2001. R.: Joe Jonston, D.: Sam Neill, William H. Macey, Start: 2. August