Gründung der Afrikanischen Union

Uneins in die Einheit

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Gerade als Libyens Staatschef Oberst Muammar al-Gaddafi beschrieb, wie Afrika durch die Neugründung der Afrikanischen Union (AU) zur neuen Supermacht aufsteigen könne, ging das Licht aus. Ein Stromausfall während des 37. Treffens der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) in Sambias Hauptstadt Lusaka holte die versammelten Staatsmänner zurück auf den Boden der Tatsachen.

Gaddafi hat nicht nur das Konzept der AU erdacht und zwei Jahre lang gegen alle diplomatischen Widerstände verteidigt, sondern auch das nötige Kleingeld für die verschiedenen Gipfeltreffen bereitgestellt. Was er sich allerdings von einer Union nach dem Modell der EU verspricht, war wohl selbst den angereisten Staatschefs einigermaßen unklar.

»Wir sind gleich in unserer Armut«, erklärte er in seiner Rede, ohne anzumerken, dass Libyen dank seiner Erdölvorräte doch wesentlich reicher ist als die meisten afrikanischen Staaten. Wirtschaftliche Interessen sind wohl auch kaum der Grund für Libyens Engagement. Der Handel zwischen dem nordafrikanischen Staat und seinen südlichen Nachbarn ist marginal, und in absehbarer Zeit werden afrikanische Staaten weder die Konsumgüter produzieren, die Libyen importiert, noch ein wichtiger Absatzmarkt für Gaddafis Erdöl werden. Daran wird auch die bei dem Treffen beschlossene New African Initiative, ein als afrikanischer Marshall-Plan bezeichnetes Programm, das bis 2015 die Armut des Kontinents wesentlich reduzieren soll, wenig ändern. Wie den meisten wirtschaftlichen Entwicklungsplänen der letzten 40 Jahre fehlt auch dieser Initiative schlicht die finanzielle Basis.

Die AU soll als Nachfolgeorganisation der als weitgehend erfolglos angesehenen OAU im nächsten Jahr formal institutionalisiert werden. Ihr Statut enthält wesentliche Unterschiede zur OAU-Charta. Ein gemeinsames Parlament, eine Zentralbank und ein höchster Gerichtshof sollen geschaffen werden, zudem nimmt die AU Abschied von einer der wichtigsten bisherigen Regeln: In Zukunft sollen die Union oder regionale Sub-Organisationen auf die internen Angelegenheiten einzelner Staaten Einfluss nehmen können. Insbesondere Gaddafi sprach sich für die Aufstellung einer gemeinsamen Interventionsarmee aus.

In der Realität findet diese Einmischung längst statt, ob während des Krieges in der Demokratischen Republik Kongo oder im Konflikt zwischen Liberia, Sierra Leone und Guinea. Die zunehmende »Afrikanisierung« der Interventionspolitik wurde vor allem wegen des geringen Interesses der westlichen Großmächte nach dem Kalten Krieg möglich. Diese Lücke möchte Gaddafi füllen; im Juni schickte er eine Interventionstruppe in die Zentalafrikanische Republik, um eine Militärrebellion niederzuschlagen. Allerdings haben die afrikanischen Interventionen bislang nicht zur Einheit, sondern zur Spaltung des Kontinents beigetragen. So stehen sich im Kongo-Konflikt Staaten des südlichen und des zentralen Afrika als feindliche Blöcke gegenüber.

Nachdem Gaddafis früheres Lieblingsprojekt, die arabische Einheit, vollständig gescheitert ist und auch die Unterstützung verschiedenster afrikanischer Rebellengruppen nicht die gewünschten befreundeten Regierungen hervorgebracht hat, soll nun die Afrikanische Union Libyens Einfluss ausdehnen. Bislang haben seine afrikanischen Kollegen sein Geld dankbar angenommen und seinen hochtrabenden Reden gelauscht. Doch schon die Wahl des neuen OAU-Generalsekretärs Amara Essy zeigte, wie beschränkt sein Einfluss ist. Der prowestliche Politiker aus Côte d'Ivoire wurde gegen den Wunsch Gaddhafis gewählt, der gerade noch festgestellt hatte: »Alle Kriege in Afrika sind eine Verschwörung Amerikas und Europas, damit Afrika nicht geeint wird.«