Die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit wird 15 Jahre alt

Garten der Phrasen

Die rechtsextreme Wochenzeitung Junge Freiheit wird 15 Jahre alt. Aber sie hat wenig Grund zu feiern.

Am Freitag feiert die Junge Freiheit (JF) ihr fünfzehnjähriges Bestehen. Dieter Stein, ihr Chefredakteur und Gründer, hat große Pläne: »2016 will ich eine telefonbuchstarke Super-Jubiläumsausgabe mit Goldschnitt nebst Grußwort des Kanzlers (eines anderen, selbstredend) in den Händen halten.« Vorerst reicht es nur für einige Sonderseiten, die auch noch von den Lesern gefüllt werden sollen: »Beginnen Sie Ihren Text mit den Worten: ðFreiheit bedeutet für mich ...Ы. Die Jubiläumsnummer des rechtsextremen Wochenblattes dürfte unterhaltsam werden.

»Die JF war damals ein kleines Pflänzchen«, erinnert sich Stein an die Anfänge, »das man leicht hätte zertrampeln können.« Heute hingegen sei sie eine Wochenzeitung, an der man in Deutschland nicht mehr vorbeikomme. Niemand habe damit gerechnet, dass aus dem achtseitigen A-5 Blättchen, das erstmals 1986 in Stegen bei Freiburg erschien, eine Wochenzeitung in einer »wiedervereinigten Hauptstadt« werden könnte. Trotzdem ist die Geschichte des Projekts eine Geschichte des Scheiterns. So ließ sich eine solide finanzielle Basis bisher nicht herstellen und ständige Spendenaufrufe zeigen, dass die JF ohne die Zuwendung geneigter alter Herren längst pleite wäre. Zuletzt forderte die Redaktion ihre Leser zu Glückwunschanzeigen in der Jubiläumsausgabe zum Preis von 100 oder 200 Mark auf.

Zwar wurde in der JF so manch eine für die extreme Rechte bedeutende Debatte geführt, wie etwa der Streit über den wirtschaftspolitischen Schwenk einer Fraktion zum Neoliberalismus. Auch einige von der französischen Nouvelle Droite angestoßene Diskussionen wurden hier fortgesetzt. Die vom Stammautor Karlheinz Weißmann großspurig ausgerufene rechte »Graswurzel-Revolution« blieb hingegen eine bloße Phrase. So sind die einst regelmäßig stattfindenden Sommeruniversitäten und die JF-Lesekreise längst gescheitert. Wo noch Lesekreise existieren, besteht kein offizieller Zusammenhang mehr mit der JF. Nur in der Musikberichterstattung, die sich zwischen der rechtsextremen Fraktion der Grufties und Bands wie Rammstein oder den Böhsen Onkelz bewegt, macht man noch auf »Kulturrevolution«.

Zwischen dem Mainstream der Berliner Republik, der sich merklich nach rechts verschoben hat, und der zwar agilen, aber mittelfristig kaum bündnisfähigen rechten Szene steht das »Zentralorgan der Dummheit« (Andreas Nachama) vor einem ideologischen wie ökonomischen Dilemma. Viele potenzielle Leser bleiben lieber bei der FAZ, der Welt oder dem Focus, statt dürftig recherchierte Gesinnungsartikel zu lesen. Andere lästern über die »Junge Feigheit« und greifen auf Blätter wie die Nationalzeitung oder die Deutsche Stimme zurück.

In dieser Situation ist jeder Schritt ein Fehler. Einerseits strebt die JF nach einem seriösen Image, indem sie sich etwa um honorige Gesprächspartner bemüht. Interviews zum Beispiel mit der stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, und insbesondere das viel zitierte Gespräch, das Stein vor Jahren mit Ignatz Bubis führte, sollen den häufig vernehmbaren Antisemitismus kaschieren. Schließlich sah sich Stein veranlasst, der wegen des Bubis-Interviews grummelnden Szene per Leserbrief an Nation und Europa zu versichern, dass die JF bisher nur zweimal über das Gespräch berichtet habe.

Andererseits wird es in jenen Kreisen sicher goutiert, dass die JF zu Spenden für den rechtsextremen Sänger Josef Klumb aufgefordert und den Vorsitzenden der rheinland-pfälzischen JN, Sascha Wagner, interviewt hat. Derartiges ruft dann allerdings den Verfassungsschutz auf den Plan, der für die gefürchteten Imageschäden sorgt.

Bislang bemüht sich das Blatt vergeblich, dem nordrhein-westfälischen VS gerichtlich eine Einstufung als rechtsextrem zu verbieten. Die Seriosität soll offensichtlich noch stärker akzentuiert werden. Sogar unter den rechtsextremen »Idealisten« hat es sich herumgesprochen, dass die sozialen Verhältnisse in Deutschland derzeit ein Bündnis zwischen den Eliten und dem parteipolitisch organisierten rechten Mob unwahrscheinlich machen. Bislang wurde keine rechtsextreme Formation etabliert, als deren »rechte taz« (Stein) die JF fungieren könnte.

Der Bund freier Bürger ist abgewickelt, und die Republikaner geraten immer tiefer in die Krise. Nun soll die konservative Rechte ideologisch beeinflusst werden. Zu diesem Zweck wurden Mitglieder der Deutschen Gildenschaft, die schon bei der Verwandlung der JF in eine Wochenzeitung die Fäden gezogen hatten, erneut aktiv. Im vergangenen Jahr wurde aus dem Kreis dieser völkisch-elitären Korporation, der neben Stein und Weißmann etliche andere Autoren und Redakteure der JF angehören, das Institut für Staatspolitik gegründet. Eine erste so genannte Sommeruniversität wurde bereits durchgeführt, und die ersten Publikationen des zugehörigen Verlages Edition Antaios sind erschienen.

Ein Coup in Sachen Imagepolitik gelang der JF kürzlich im Zusammenhang mit der Kündigung ihres Kontos. Die Postbank hatte im Januar erklärt, »keine Kundenbeziehungen mit extremen Organisationen« unterhalten zu wollen, und blamierte sich, als sie ihre Kündigung zurückzog, nachdem die JF Anzeigen in mehreren Tageszeitungen geschaltet hatte.

Hilfe kam aus der Braunzone zwischen dem rechten Rand der etablierten Parteien und der extremen Rechten. Der prominenteste Unterstützer war der Focus-Chefredakteur Helmut Markwort. »Für mich ist die Junge Freiheit ein Medium, das innerhalb des demokratischen Systems steht«, zitiert ihn die JF stolz auf ihrer Homepage. Doch hier lauert schon die nächste Falle. Beide Blätter konkurrieren um ein teilweise identisches Marktsegment; nach JF-Angaben lesen 17 Prozent ihrer Kunden den Focus. Vielleicht nimmt Markworts Umarmung Stein am Ende die Luft.