Scharpings leere Kriegskasse

Ausverkauf für die Elitearmee

Früher, als der Russe noch vor der Tür stand, das waren noch Zeiten. Bei der Bundeswehr drängelten sich 495 000 Mann in Kasernen und auf Truppenübungsplätzen. Während der Herbstmanöver pflügten Panzerformationen Felder und Wiesen um. Den Bauern war das recht, Manöverschäden wurden prompt bezahlt. Und nicht nur die. Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg hatte damals - Ende der achtziger Jahre - gut 60 Milliarden Mark zu verteilen.

Inzwischen ist die Bundeswehr auf 334 000 Soldaten und Soldatinnen zurechtgestutzt worden. Eine von den Generalen entworfene hochmobile Interventionstruppe für Auslandseinsätze soll bald nur noch 285 000 Männer und Frauen unter Waffen halten. Umbau und Abbau dürften Dutzende Milliarden kosten. Doch der Wehrhaushalt 2001 liegt inzwischen bei 46,8 Milliarden Mark, Tendenz fallend. Allein in diesem Jahr sollen Scharping 2,7 Milliarden Mark für Waffenkäufe fehlen. 500 Millionen Mark, die Finanzminister Eichel letzte Woche nach zähen Gesprächen spendierte, fließen erst ab 2003.

Auch von Gerhard Schröder erhält die Bundeswehr nicht die Unterstützung, die sie erwartet. Inspekteuren der Teilstreitkräfte der Bundeswehr, die ihren sinkenden Etat während eines Gesprächs im Mai bejammerten, sagte er, dass er mit ihnen schlicht »keine haushaltspolitische Debatte führen« wolle. Ihm erscheinen Milliarden, die die Bundesrepublik per Scheck in die »Stabilisierung Osteuropas« investiert, mindestens ebenso sinnvoll für einen »Zuwachs an Sicherheit«.

Dass Schröder den Verteidigungshaushalt einfriert, zugleich aber nach einer mit modernen Waffen bestückten Elitetruppe ruft, die in kurzer Zeit überall in Gebieten deutschen Interesses mit europäischen Freunden nach dem Rechten schauen kann, passt dann auch nur scheinbar nicht zusammen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Armee auf besagte 285 000 Männer und Frauen reduziert werden.

Die Grüne Angelika Beer, deren Herz die Bundeswehr in Bosnien und im Kosovo-Krieg erobert hat, sieht bereits eine noch kleinere, »moderne, intelligente Bundeswehr, die mit guter Ausrüstung mehr als ein Dinosaurier leistet«. Dafür soll die Bundeswehr in den nächsten zwölf Jahren auf 150 000 Mann schrumpfen. Der Hamburger Friedensforscher Dieter Lutz errechnete für eine solche Konstellation bei Aussetzung der Wehrpflicht Einsparungen von fünf Milliarden Mark.

Daneben beginnt man alle Grundstücke und Waffen zu versilbern, die man künftig nicht mehr braucht, beispielsweise 741 Leopardpanzer. Und schließlich ist die ehemalige Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing drauf und dran, in der von Scharping gegründeten Gesellschaft für Betrieb und Beschaffung alles, was nicht schießt, zu privatisieren.

Gedacht ist da an alle Kasernen und Liegenschaften; die 25 000 Bundeswehrbeschäftigten, die diese Areale jetzt verwalten, sollen übernommen werden. Auch die Instandhaltung von Panzern und Lastkraftwagen soll in die Hände der Rüstungsfirmen übergehen. Selbst Truppenübungsplätze werden schon von Privatfirmen betrieben.

Scharping verspricht sich hier ein bis zwei Milliarden Mark an Einsparungen pro Jahr, die vor allem in die Anschaffung von Eurofightern, Kampfhubschraubern, Transportflugzeugen A 400 M, neuen Transportpanzern oder Aufklärungssatelliten fließen sollen. Der Haken dabei ist jedoch, dass die Kosten dieses Wunschkatalogs bei 85 Milliarden Mark liegen. Da bleibt Scharping wohl nur noch die Werbung: »Diesen Panzerangriff präsentiert ihnen die Bundeswehr mit freundlicher Unterstützung von Nutella« - oder so ähnlich.