Saul Williams' »Amathyst Rock Star«

Sprich mit tätowierter Zunge

Tupac Shakur, Friedrich Nietzsche, Paul Robeson - der Dichter, Performer und HipHop-Bohemien Saul Williams hat sie alle im Radikalitätsangebot. Aber für den politischen Kick sorgt George W. Bush.

Wie sinnvoll ist es, sich in einer Situation maximal depolitisierter Popdiskurse ausgerechnet einem Künstler zuzuwenden, den seine Plattenfirma mit den Worten bewirbt: »Revolution, HipHop, Hendrix-Rock, Spoken-Word-Sprachgewalt, in Musik gegossene Performance-Literatur, Schwarze Violine, Kulturkampfbrisanz, multidimensionale Expression, Coded Language mit DJ Krust, der Hauptdarsteller der 'Slam'-Poetry, beseelte Intelligenz, dogmafreie Predigt, reines Drama und Motivation zum offensiven Optimismus«?

Der Text gilt Saul Williams, aus Anlass seines ersten Albums »Amethyst Rock Star«. Und die Aufzählung spekuliert auf Leute, die sich irgendwie irgendwann vorstellen können, der Harmlosigkeit der Musikindustrie und der Anomie der Popmusikberichterstattung die Gefolgschaft zu kündigen und zu diesem Zweck eventuell alte Public Enemy-Platten oder den Nachlass von Rage Against the Machine aus dem Regal ziehen.

Andererseits sollte man nähere Anweisungen zu solchem Tun nicht von der Werbung der Plattenindustrie erwarten. So bleiben »Revolution«, »Kulturkampfbrisanz«, »dogmafreie Predigt«, »beseelte Intelligenz«, was sie in diesem Zusammenhang eben meistens sind - tolle paradoxe Sachen, von denen man sich bei Bedarf eine Scheibe abschneiden (oder auch kaufen) kann.

Dabei versucht der Werbetext immerhin nach Kräften, dem vielgestaltig-paradoxen Radikalitätsangebot des Künstlers zu entsprechen. Baut hier doch jemand an einer Persona, die sich an höchsten Ansprüchen und erlesensten Vorbildern orientiert.

Eines von Williams' Role-Models ist der Rapper und Schauspieler Tupac Shakur. In dem Songgedicht »Wine« erfährt man, wie der Geist des HipHop-Märtyrers durch sein lyrisches Ich hindurch gesungen habe. Williams aktiviert die populär-religiöse Figur des Zungenredners. »Die bloße Sprache ist profan/Ich summe lieber oder lasse mir meine Seele auf meine Zunge tätowieren«, heißt es in dem Stück »Untimely Meditations«. Der Titel - rückübersetzt »Unzeitgemäße Betrachtungen« - verweist auf einen Geisterdialog mit Friedrich Nietzsche. Der ehemalige Philosophiestudent, dessen Studium durch ein Michael-Jackson-Stipendium ermöglicht wurde, mutiert zum HipHop-Zarathustra, zum Über-MC: »God and I are one.«

Tupac, Nietzsche, seelentätowierte Zunge: Der 28jährige Dichter, Sänger und Schauspieler aus Atlanta scheint nur in immer neuen Listen seiner vielfältigen Talente, Referenzen und Obsessionen erfassbar zu sein. Mit weltanschaulichem Eklektizismus und den dazugehörigen ästhetischen Verknüpfungsakten stilisiert sich Williams zu einem dantesken Dichter-Ich, zu einer Kolossalfigur der HipHop-Poetry. Aber lässt er nicht auch vieles im Unklaren? Selbstverständlich: »they say/that i am a poet/i wonder what/they would say/if they saw me/from inside.«

Den Kopf zum Dröhnen gefüllt mit Public Enemy und Walt Whitman, tauchte der Student 1995 in die New Yorker Spoken-Word-Kreise ein. Auf Poetry-Veranstaltungen wie »Flippin' the Script: Rap Meets Poetry«, »Bobbito Garcia's All That! Jazz Meets Poetry« oder den »Open Mic«-Sessions im Brooklyn Moon Café erarbeitete sich der damals 23jährige in kürzester Zeit den Ruf einer fesselnden Bühnenpersönlichkeit. Seine Präsenz verdankt Williams auch den Rhetorik-Lektionen, die ihm sein Vater, ein Baptisten-Prediger, erteilte; die Mutter versorgte ihn mit Büchern und Wissen, als Kind sammelte er außerdem einschlägige Theatererfahrungen.

Williams' Medium ist der organisierte stream of consciousness. Er performed das Sich-Verlieren im Wörtermeer. Die Silben fließen wie zufällig ineinander, die Wortspiele ergeben sich wie von selbst. Aber Wortwahl, Diktion und Versmaße sind von gehobener Art, sein Slamming vermeidet jedes Slumming. Aus den HipHop-Mustern entweicht der lyrische Strom in die Gefilde der Beat-Dichtung, der Epik eines Amiri Baraka oder der Naturpoeten des 19. Jahrhunderts.

Nach einem Jahr in New York war ihm der Titel des Grand Slam Champion im legendären Nuyorican Poet Café sicher. Williams fand schnell Anschluss an freestylende Waffenbrüder und musikalische Mitstreiter wie Mos Def, Mike Ladd, Allen Ginsberg, Amiri Baraka, Reggie Gaines und andere Vertreter der alten und neuen Avantgarden von Poetry und HipHop. Sein kosmophonisches »Ohm«-Gedicht auf der ersten Lyricist-Lounge-Compilation von 1998 brachte ihm das irritierte Interesse der kopfnickenden Internationale, die sich um das New Yorker Underground-HipHop-Label Rawkus schart.

HipHop, der rockt

Williams veröffentlichte zwei Gedichtbände (»The Seventh Octave«, 1998; »She«, 1999), 1998 spielte er die Hauptrolle in dem Film »Slam« von Paul Devlin. In Cannes und auf dem Sundance Festival gab es Preise. Mittlerweile ist er von New York nach Los Angeles umgezogen, wo er sein Album aufgenommen hat. Produzent war Rick Rubin, der Slayer, die Beastie Boys, Johnny Cash und The Red Hot Chili Peppers zu seinen Klienten zählt. Für Williams' drängenden Vortragsstil entwickelte Rubin zerklüftete, theatralische Klangarchitekturen. Im besten Fall gelingt es der sechsköpfigen Band, den packenden Flow der Lyrics aufzufangen, einzuspinnen und zu forcieren; mitunter liefert die Musik aber auch kaum mehr als eine beliebige akustisch-atmosphärische Folie für die Ausflüge von Williams' vielen lyrischen Ichs.

»Amethyst Rock Star« ist keine Demonstration der reinen HipHop-Lehre. Im Gegenteil: Puristen haben an diesem Gebräu wenig Freude. Cello, Rockriffs, Breakbeats, Power-Drumming, Feedback-Noise; der Einflüsse sind viele und große. Last Poets und Leonard Cohen, Jim Morrison und Sly Stone, Jimi Hendrix und Rakim. Das entscheidende musikalische Moment der Platte aber ist der entschlossene Einsatz von Rock. Eine Idiomatik, die längst nicht mehr als unvereinbar mit der Vorstellung von »schwarzer Musik« gilt.

So recht gewöhnt hat man sich an das Bild vom Rockmusik spielenden Schwarzen offenbar trotzdem nicht. Dass Mos Def, der New Yorker Underground-HipHop-Star, seit einigen Monaten eine Rockband mit ehemaligen Mitgliedern von Funkadelic, Living Colour und den Bad Brains betreibt, stört den geschmacklichen Frieden der Anhänger seiner HipHop-Kunst. Das Rock-Outfit nennt sich The Jack Johnson Band - nach dem ersten schwarzen Boxweltmeister im Schwergewicht von 1908, der vor dem rassistischen Druck ins Exil nach Europa floh, dort schnelle Autos fuhr, gegen den prädadaistischen Dichter Arthur Cravan antrat und sich postum eine Tribute-Platte von Miles Davis widmen ließ.

Sowohl Mos Def und die Jack Johnson Band als auch Saul Williams zielen mit ihrem Rock-Ansatz erneut auf die Frage nach der Colour-Line in der Popmusik. Instruktiv dürfte hier das Beispiel schwarzer Rockbands wie Living Colour gewesen sein oder auch der Black Rock Coalition, einer 1985 u.a. von dem Musikkritiker Greg Tate und dem Living-Colour-Gitarristen Vernon Reid gegründeten Organisation, die Maßnahmen gegen die rassistische Veröffentlichungspolitik der Musikindustrie ergriff.

Rockmusik als das vermeintlich »Andere« von HipHop ist in Wirklichkeit fester Bestandteil der afro-amerikanischen Musikgeschichte. Chuck Berry, Jimi Hendrix, Sly Stone, Funkadelic, The Isley Brothers, Prince, Miles Davis, Michael Jackson, James Blood Ulmer, Me'shell Ndegocello oder Michael Hill belegen diese Kontinuität. »Rock« bezeichnet in der schwarzen Musik zudem einen besonderen rezeptionsästhetischen Wert. Zwischen Rock'n'Roll, Dancehall und HipHop verläuft die semantische Bruderschaft des »Rockin'«. Was »rockt«, gilt als gelungen und damit als wirksam.

Und an der Wirkung seiner Kunst ist Saul Williams viel gelegen. Im Januar dieses Jahres, beim Interviewtermin in Köln, betonte er, wie sehr er von der Macht der Sprache, Wirklichkeit zu gestalten und zu verändern, überzeugt sei. Noch stärker wäre der Effekt, wenn es gelänge, die Medien und Ausdrucksformen zu verbinden. »Ich muss nur an die Wirkung denken, die Fernsehen, Film und Musik auf mein Leben als Jugendlicher hatten. Surreal, verstehst du?«

Wie sieht er in diesem Zusammenhang seine Mehrfachbegabung als Autor, Performer, Schauspieler, Musiker? »Der potenzielle Effekt, den eine solche Kombination haben kann, ist wunderbar. Der Erfolg ist aber nicht garantiert. Die Filme, die Madonna gedreht hat, zum Beispiel, sind eben (...) Filme. Und Madonnas Musik ist nicht auf ein Ziel hin ausgerichtet. Etwas anderes wäre es schon, hätte Bob Marley einen Film gemacht. Was für ein Film wäre das wohl geworden?!« Die Frage suggeriert eine Antwort, die das Bewegende und Verändernde dieses nie gedrehten Films unterstreicht. Williams ist fast jedes Mittel recht. Hauptsache, es tut sich was. Ein »catalyst of change«, fand schon Kodwo Eshun.

Im Interview geht er so weit, eine Lobrede auf die Werbestrategien von Apple (»Think Different«) und Benetton zu halten. Seit seiner Schulzeit sei er begeisterter Leser des Colors-Magazins, auch wenn mancher Mitschüler das nicht habe verstehen wollen. Ein Propagandaminister: »Ich habe den kreativen Gebrauch der Medien immer gemocht.« Von Hinweisen auf die Dekontextualisierungseffekte der Apple- und Benetton-Kampagnen, ihre Reduktion von Geschichte auf Schocks und Images lässt sich Williams nicht beeindrucken.

Sein politisch-poetisches Programm, das buddhistisch und voodooistisch unterfüttert ist, hat einen universalistischen Kern. Er lehnt Afrozentrismus und andere Separatismen ab. Seine »Nation« ist global, in ihr verwirklichen sich die Individuen durch die »Beherrschung des Wortes«.

Ol' Man River

Einen ähnlichen Universalismus, wenn auch ideologisch ganz anders grundiert, vertrat Paul Robeson (1898-1976). Saul Williams sagt über ihn: »Paul Robeson hörte auf, Filme zu machen, als er spürte, dass sie nicht mehr die Botschaften vermittelten, die er vermitteln wollte. So konzentrierte er sich auf den Gesang. Er fühlte, dass dies der direktere Weg zum Herzen und zum Bewusstsein der Leute war. In diesem Sinne folge ich ihm. Alles was ich mache, betrachte ich als Mittel, um meine Umwelt zu erreichen und bestimmte Überzeugungen und Vorstellungen zu verbreiten.«

Kennt hier jemand den Namen Robeson? Vielleicht die SchülerInnen der Paul-Robeson-Schule in Leipzig oder die BewohnerInnen der 1978 in Paul-Robeson-Straße umbenannten Stolpischen Straße am Prenzlauer Berg? Immerhin genoss Paul Robeson seit den fünfziger Jahren in der DDR einige Popularität. Seine Schallplatten waren überall erhältlich. Der afro-amerikanische Sänger, Schauspieler und Bürgerrechtler war eine feste Größe in der Kulturpolitik des Ostblocks. 1952 erhielt Robeson den Stalin-Friedenspreis. Sogar ein Berg in der Sowjetunion wurde nach ihm benannt. Noch heute befindet sich im Archiv der Akademie der Künste eine größere Sammlung von Robeson-Dokumenten.

Für Saul Williams erfüllt Paul Robeson weniger offiziöse Funktionen. Aber er ist für ihn nichtsdestoweniger ein Monument, eine linke Ikone, ein denkmalsgleich in der Geschichte des Showmanship dastehendes Modell - eine politische Symbolfigur und eine historische Referenz. »Paul Robeson ist definitiv mein entscheidendes Vorbild. Seitdem ich ein kleiner Junge war, erzählte mir meine Mutter von ihm. In der Schule versuchte ich, so viel wie möglich über ihn herauszufinden.«

Ein Songgedicht auf »Amethyst Rock Star« ist schlicht »Robeson« betitelt. Und in dem Stück »Om Nia American« fallen die Zeilen »robed in Robeson/Ol' Man River knows my name«. »Ol' Man River« war das Lied, mit dem Paul Robeson weltweit identifiziert wurde, seitdem er es 1928 in der Londoner Inszenierung des Musicals »Show Boat« erstmals gesungen hatte. Später war es auf Schallplatten, in einer Filmfassung und auf zahllosen Konzerten zu hören.

Robeson, der Sohn eines Presbyterianer-Priesters aus New Jersey, war einer der wenigen internationalen Stars afro-amerikanischer Herkunft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1915 hatte er ein Stipendium für das Rutgers College erhalten, wo er nicht nur alle Rednerpreise gewann, sondern auch als einer der ersten Afro-Amerikaner eine sehr erfolgreiche Laufbahn im American Football startete. Nach abgeschlossenem Jurastudium begann Robeson eine neue Karriere, jetzt als Konzertsänger und Schauspieler. Besonders seine Interpretationen von Spirituals waren sehr populär. Sein voluminöser Bariton wurde auf Platten aufgenommen, er machte Konzertreisen.

Im New York der zwanziger Jahre war Robeson einer der zentralen Akteure der »Harlem Renaissance«, Carl Van Vechten und Eugene O'Neill entdeckten und förderten ihn, er spielte in Theaterstücken und Musicals, gab Konzerte und hielt Reden. Nicht zuletzt wegen der rassistischen Angriffe, denen Robeson außerhalb der liberalen New Yorker Kreise permanent ausgesetzt war, verlegte er seinen Wohnsitz von 1928 bis 1939 nach London, wo er Filme drehte, der weltweit bekannteste Othello-Darsteller wurde und an seiner Politisierung arbeitete.

1934 - acht Jahre, nachdem der schwarze Bürgerrechtler W.E.B. Du Bois eine zweimonatige Reise in die Sowjetunion unternommen und zwei Jahre, nachdem der Dichter Langston Hughes Usbekistan besucht hatte - traf Paul Robeson in Moskau ein. Sergej Eisenstein hatte ihn eingeladen. Der Regisseur hoffte, Robeson für einen Film über die haitianische Revolution gewinnen zu können. Robeson wurde wie ein Staatsgast empfangen. Er blieb zwei Wochen, führte mit Eisenstein lange Gespräche über das sowjetische Kulturleben und ließ sich vom afro-amerikanischen Kommunisten William Patterson über den Multikulturalismus in den Sowjetrepubliken unterrichten. Robeson war euphorisiert von dem, was er als eine genuin anti-rassistische Gesellschaft ansah.

Enttäuscht über die anhaltenden segregationistischen Diskriminierungen in den USA und durch Erfahrungen mit den rassistischen Strukturen im amerikanischen wie im britischen Filmgeschäft sensibilisiert, war die sowjetische Erfahrung für Robeson der Auslöser einer intellektuellen Entwicklung, die ihn von apolitischen Allgemeinplätzen über die Ungerechtigkeit der race relations zum Sozialismus führte. Er warf seine Prominenz in die Waagschale, unterstützte die republikanischen Truppen im Spanischen Bürgerkrieg, lieh der indischen Unabhängigkeitsbewegung seine Stimme.

In den späten vierziger Jahren wurde Robeson zu einer tragisch-strategischen Figur im Kalten Krieg. In den USA verfolgte man ihn als Kommunisten, belegte ihn mit einem Auftrittsverbot im Fernsehen und entzog ihm viele Jahre den Pass. Auch einige schwarze Bürgerrechtsbewegungen betrachteten es als opportun, zu Robeson auf Distanz zu gehen, was ihn aber nicht davon abhielt, sowohl an Arbeitskämpfen wie an antirassistischen Veranstaltungen teilzunehmen, Vorträge zu halten und Platten aufzunehmen. Da ihm Reisen ins Ausland und Fernsehauftritte in den vierziger und fünfziger Jahren weitgehend verwehrt waren, gab er eine Reihe von Konzerten via Telefon. Seit 1958 konnte Robeson wieder reisen, doch Anfang der sechziger Jahre hatte er einen psychischen Zusammenbruch. 1963 verbrachte er mehrere Monate in einem Krankenhaus in Ost-Berlin. Danach zog er sich aus der Öffentlichkeit in seine Wohnung in Harlem zurück und starb 1976.

Paul Robeson war ein Sammler von Stimmen und Liedern. Er kombinierte Elemente der Musik von Sinti und Roma, die er in den zwanziger Jahren in Budapest gehört hatte, mit der Spiritual-Tradition, tourte 1932 mit einer Show durch die USA, in der er das Liedgut amerikanischer Sklaven und russischer Leibeigener präsentierte. Volksmusik, so Robeson, sei »ein emotionales Produkt, das durch das Leiden entwickelt wird«.

Bush ist ein Arsch

Saul Williams sagt, überall auf der Welt, wo es HipHop gebe, herrsche »Hunger«, existiere ein Verlangen nach Veränderung. »Die Arbeit, die wir als Künstler tun müssen, besteht darin, unsere Konzeptionen von Entertainment neu zu verknüpfen, insbesondere was HipHop betrifft. HipHop ist bereits so weit gegangen. Es ist absurd. Und jeder ist hungrig. Mos Def mag nicht der tollste MC sein, den es jemals gegeben hat, aber die Leute lieben ihn, weil sie hungrig sind.« Das alles habe nichts mehr mit einer Beschränkung auf die afro-amerikanische Kultur zu tun. Das schwarze Amerika erfinde und restrukturiere sich gerade selbst - und damit den ganzen Globus. Williams interessiert, in »welchen kulturellen Spiegeln sich die jungen Leute in aller Welt reflektieren«. Er selbst will nicht als dieser »erstaunliche schwarze Dichter« in Erinnerung bleiben.

In diesem Sinne ist er Internationalist. Paul Robeson war ein Internationalist mit Bezugspunkten wie der Arbeiterklasse, dem »Volk«, dem Sozialismus. Saul Williams ist ein globaler HipHop-Bohemien, der mit diesen Kategorien nichts mehr anfangen kann, seine Mission ist politisch diffuser und poetisch flamboyanter. Vielleicht sorgt George W. Bush bei Williams für den Politisierungsschub, den Robeson nach 1934 erlebte. Williams selbst rechnet damit: »George W. Bush im Amt, das ist hervorragend! Zuallererst ist er ganz offensichtlich ein Arsch. Er schert sich einen Dreck um die Welt. Wir werden es taghell sehen und hassen! Und damit zum Handeln gezwungen werden. Es wird uns dazu bringen, politisch zu denken.« Paul Robeson hätte das begrüßt.

Saul Williams: »Amethyst Rock Star«, Columbia/American Recordings, 2001