Wahlkampf der extremen Rechten in Baden-Württemberg

Gemeinsam verlieren

Bei den Landtagswahlen am kommenden Wochenende in Baden-Württemberg konkurrieren Republikaner und NPD um die rechten Stimmen.

Wenn es um »deutsche Interessen« geht, sind sich die Republikaner und die NPD einig. Das glaubt man zumindest, denn ideologische Unterschiede zwischen den rechtsextremen Parteien gibt es kaum. Bei den Landtagswahlen am Sonntag in Baden-Württemberg treten NPD und Republikaner jedoch gegeneinander an. Von den unter rechten Parteien sonst üblichen Absprachen wollen die Kontrahenten nichts wissen.

Erst kürzlich bestritt Rolf Schlierer, der Bundesvorsitzende der Republikaner und Anführer der Stuttgarter Landtagsfraktion, jegliche Kooperation mit der NPD. »Zwischen Republikanern und NPD gibt es keine Gemeinsamkeiten«, behauptet Schlierer, der schon seit Jahren versucht, seiner Partei einen demokratischen Anstrich zu verpassen.

Von diesen Bemühungen um ein honoriges Image hält die Konkurrenz nicht viel. Die Reps seien zu einer »anpasserischen Wischiwaschi-Partei« geworden, »die sich nicht für deutsche Interessen einsetzt«, meinte etwa Michael Wendland, der baden-württembergische Landesvorsitzende der NPD, im Januar. Dieser Meinung war wohl auch der Rep-Vorstand im Rhein-Neckar-Kreis, der geschlossen zur NPD übergelaufen sein soll, wie der SPD-nahe Blick nach rechts kürzlich berichtete. Jetzt will die NPD ganz »bewusst in Wahlkreisen« antreten, in denen die »Partei Die Republikaner eine Rolle spielt«, so Wendland. Die NPD hofft darauf, enttäuschte Rep-Wähler für sich gewinnen zu können. Wendland will Schlierer in dessen Wahlkreis Bietigheim-Bissingen herausfordern.

So ganz erfolgreich scheint die Strategie der NPD jedoch nicht zu sein; lediglich in 34 von insgesamt 70 Wahlkreisen darf sich die Neonazi-Partei am Sonntag zur Wahl stellen. Dennoch träumt sie davon, über zwei Prozent der Stimmen zu erhalten. Ein solches Ergebnis brächte immerhin rund 190 000 Mark an Wahlkampfkostenerstattung, die für das anstehende Verbotsverfahren und für den kommenden Bundeswahlkampf dringend benötigt werden.

Um die braunen Wechselwähler zu mobilisieren, setzt man auf die übliche völkisch-nationalistische Rhetorik. »Man muss den Völker-Misch-Masch entwirren«, zog Wendland auf dem NPD-Landesparteitag im Januar in Mössingen vom Leder. »Wir lehnen grundsätzlich die Integration von Ausländern ab.«

Doch derartige Sprüche haben auch die Republikaner zu bieten. So beweisen sie in einem Faltblatt hinreichend Einfühlungsvermögen in die Gemütslage des rassistischen Mobs: »Wir brauchen die deutsche Leitkultur, keine multikulturelle Gesellschaft. Deshalb sind wir gegen jede weitere Zuwanderung. Wer das Asylrecht mißbraucht, muß unverzüglich abgeschoben werden.«

Auch Rolf Schlierers Lieblingsformel, bei seiner Partei handele es sich allenfalls um eine rechtskonservative Kraft, ist propagandistischer Unsinn: Antisemitismus und Rassismus, Nationalismus und Revisionismus gehören zum Standardrepertoire der Republikaner. Doch im Gegensatz zur NPD geben sie sich rhetorisch gemäßigter. So können sich die Parteifunktionäre getrost darauf verlassen, dass ihre Klientel Umschreibungen wie »Kulturinseln in den Ballungsräumen« oder »Gewaltimport« schon richtig versteht.

Deutlicher ist hingegen die stramm revisionistische Propaganda, etwa im Bundesprogramm, wo »die Vollendung der deutschen Einheit unter Einbezug Ostdeutschlands« gefordert wird. Mit »Ostdeutschland« ist das Gebiet jenseits der Oder-Neiße-Grenze gemeint, das »bei der Wiedervereinigung ausgeklammert« worden sei.

Mit solchen Tönen können die Reps auch die Zustimmung potenzieller NPD-Wähler gewinnen. Ein paar stramme Kampfglatzen werden wohl ihr Kreuzchen bei den Nationaldemokraten machen, doch die NPD kann froh sein, wenn sie mehr als ein Prozent der Stimmen bekommt. Wegen der NPD müssen sich die Republikaner noch am wenigsten sorgen. Außerdem werden sie von den Resten des Bundes Freier Bürger (BfB) kräftig unterstützt, der sich Ende vergangenen Jahres aufgelöst hat. Zwischen beiden Parteien gab es lange schon enge Verbindungen. So wundert es kaum, dass einige ehemalige BfB-Mitglieder nun für die Republikaner kandidieren.

Trotz der dankbar aufgenommenen Unterstützung könnte es am Wahltag eng werden für die Partei des organisierten Ressentiments. Glaubt man aktuellen Umfragen, so werden Schlierers Republikaner gerade mal auf fünf Prozent der Stimmen kommen. Bei den letzten Wahlen 1996 konnten die Reps noch 9,1 Prozent für sich verbuchen, vier Jahre zuvor waren es 10,9. Dennoch gibt sich Schlierer optimistisch, schließlich lägen »die Republikaner in Umfragen regelmäßig unter ihren tatsächlichen Ergebnissen«. Doch diesmal könnte ein Teil der früheren Rep-Wähler durchaus für Erwin Teufels CDU votieren. Denn die Bestätigung der unionsgeführten Landesregierung dürfte der braunen Klientel allemal lieber sein als eine Ampel-Koalition unter der verhassten SPD-Landesvorsitzenden Ute Vogt.

Für Schlierer und seine Unterstützer in der Partei könnte der Wahlausgang am Sonntag schnell zur politischen Existenzfrage werden. Der Rechtsanwalt aus Stuttgart war zwar auf dem Parteitag im November als Bundesvorsitzender bestätigt worden. Das jedoch wundert kaum, schließlich wäre ein Führungswechsel kurz vor den Wahlen allein aus taktischen Gründen ein verheerendes Signal gewesen.

Auf dem Parteitag konnte die Schlierer-Fraktion die internen Konflikte noch einmal deckeln. Wenn Schlierer jedoch empfindliche Verluste hinnehmen muss, dürfte es ihm und seinen Getreuen schwer fallen, die Basis weiterhin ruhig zu halten. Davon könnten vor allem jene parteiinternen Kritiker profitieren, die sich länger schon für einen Schulterschluss mit Neonazis aussprechen und offen neofaschistische Positionen vertreten. Zum Beispiel Christian Käs, der baden-württembergische Landesvorsitzende, der bereits für »mehr Flexibilität im Umgang mit politischen Konkurrenten« plädiert hat.