Nach den Präsidentschaftswahlen in Uganda

Bewegung gestoppt

Die Wahlen in Uganda haben Yoweri Museveni als Präsidenten bestätigt. Doch erstmals steht ihm eine starke Opposition gegenüber.
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No Change« - kein Wandel - ist ein paradoxes Wahlkampfmotto für den Anführer einer politischen Bewegung, die er selbst immer wieder mit einem Fluss verglichen hat, der sich permanent verändert. Doch Ugandas Präsident Yoweri Museveni, der zugleich Vorsitzender des Movement ist, der Nationalen Widerstandsbewegung (NRM), hat mit diesem Slogan die Präsidentschaftswahlen am 12. März gewonnen.

Am vergangenen Mittwoch gab die Wahlkommission das Endergebnis bekannt. Museveni erhielt 69 Prozent der Stimmen, womit er seinen wichtigsten Herausforderer Besigye Kizza, der auf knapp 28 Prozent kam, weit hinter sich ließ. Doch unmittelbar nach dem Wahlgang kündigte Besigye an, er wolle vor Gericht ziehen, und forderte Neuwahlen. In einer Pressemitteilung hieß es: »Wir haben Beweise über Wahlvergehen aus dem ganzen Land erhalten. Unsere Wahlbeobachter wurden bedroht und/oder gewaltsam aus vielen Wahllokalen im Westen, Osten und in Teilen Zentralugandas entfernt.« Die lokale unabhängige Wahlbeobachter-Organisation Nemgroup bestätigte, dass durch den illegalen Verkauf von Wahlkarten und andere Manipulationen das Ergebnis um bis zu 15 Prozent verfälscht wurde.

Museveni ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern beschuldigte Besigye der Fälschung. Der Abstimmungstag selbst verlief nach einem aufgeheizten zweimonatigen Wahlkampf relativ ruhig, doch eine Bombenexplosion zwei Tage nach der Wahl in der Hauptstadt Kampala nährte Befürchtungen, der Konflikt könne eskalieren.

Museveni und sein Movement waren 1986 an die Macht gekommen. Der Ex-Maoist versprach, Demokratie und Menschenrechte wiederherzustellen und das Land nach dem fünfzehnjährigen Bürgerkrieg neu aufzubauen. Uganda wurde zu einem Erfolgsmodell des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank. Die Strukturanpassungsprogramme und die daran gebundenen Kredite ermöglichten jährliche Wachstumsraten von sieben Prozent, Museveni erwies sich als Virtuose im Umgang mit den westlichen Staaten, die bis zu 60 Prozent seines Staatshaushalts finanzierten und Uganda Jahre vor anderen afrikanischen Ländern die Schulden teilweise erließen.

Selbst das Movement-System, das Wahlen mit mehreren Parteien ersetzt, wurde nur verhalten kritisert. Museveni argumentierte, die Machtkämpfe der in den späten fünfziger Jahren entstandenen Parteien hätten zu »sektiererischer Gewalt« geführt; tatsächlich waren die wichtigsten Gruppierungen regional und religiös fragmentiert. Erst mit einer breiten Mittelschicht, so Museveni, könne eine Parteienlandschaft nach westlichem Vorbild entstehen.

Das Movement-System sollte unterdessen durch eine Dezentralisierung der Macht und die Wahl lokaler Räte den Staat rechenschaftspflichtig gegenüber der Bevölkerung machen. Parteien waren zwar nicht verboten, durften aber nur eingeschränkt agieren und nicht an Wahlen teilnehmen. Diese im vergangenen Jahr durch ein Referendum bestätigten Vorgaben (Jungle World, 29/00) sollten ein pluralistisches System ohne Parteien ermöglichen.

Dieser Anspruch wurde nun in einer Weise Realität, wie sie Museveni offenbar gar nicht recht ist. Seinem Kontrahenten Besigye gelang es, sowohl frustrierte Anhänger der NRM als auch Befürworter eines Mehrparteiensystems an sich zu binden. Die Popularität des NRM-Mitbegründers und ehemaligen Arztes Musevenis wird durch seine Frau Winnie Byanyima gestärkt, die Parlamentsabgeordnete ist und als ugandische Hillary Clinton gilt. Während des Buschkrieges war sie die Freundin Musevenis, der sie heute als »abscheuliche Frau« bezeichnet.

Vor allem die städtische Jugend ist enttäuscht von Museveni, denn die hohen Wachstumsraten haben kaum zur Industrialisierung geführt. Arbeitsplätze sind rar, während die Inflationsraten in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. In Kampala hat Besigye sogar die Mehrheit erhalten. Doch eine Alternative zum wirtschaftlichen Liberalismus hat auch er nicht anzubieten.

Im Distrikt Gulu im Norden erhielt der Oppositionskandidat sogar sechsmal so viele Stimmen wie Museveni. Dort terrorisiert die christlich-fundamentalistische Lord Resistance Army (LRA) seit Jahren die Bevölkerung, der Staat ist einzig durch seine Armee präsent. Museveni hingegen stützt sich vor allem auf die Bewohner Bugandas, eines vorkolonialen Königtums im Zentrum, und den Südwesten des Landes, wo es offenbar zu den größten Unregelmäßigkeiten gekommen ist.

Besigye Kizza, Ex-Offizier der ugandischen Armee (UPDF) und ehemaliger Minister in Musevenis Regierung, war bereits vor dem Referendum im letzten Jahr in Ungnade gefallen, nachdem er in einem Kommuniqué Museveni Despotismus, Korruption und Verrat an den gemeinsamen Idealen vorgeworfen und Reformen verlangt hatte. »Viele unter uns fühlen, dass wir mit Museveni gegen eine Mauer gerannt sind. Er ist arrogant. Er ist isoliert. Er ist zu lange an der Macht. Das (die Gegenkandidatur, A.V.) war der einzig verbliebene Weg, seine Aufmerksamkeit zu erreichen«, sagte er vor der Wahl.

Die Korruptionsvorwürfe bezogen sich vor allem auf Musevenis Bruder Salim Saleh, der als Offizier der UPDF an der Ausbeutung der Bodenschätze in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) beteiligt war. Uganda kämpfte dort seit 1998 an der Seite Ruandas und mehrerer Rebellenmilizen gegen die Regierung. Seitdem exportieren beide Länder Gold, obwohl das Edelmetall in ihrem Staatsgebiet gar nicht vorkommt.

Doch seit 1999 war es mehrmals zu Gefechten zwischen ruandischen und ugandischen Einheiten um die Kontrolle der kongolesischen Stadt Kisangani gekommen, in denen Ruanda schließlich die Oberhand behielt. Besigye werden enge Beziehungen zu Ruandas Präsidenten Paul Kagame nachgesagt, der vor seiner Machtübernahme in Ruanda ebenfalls Kommandant in der UPDF war. Museveni ließ Ruanda kurz vor den Wahlen zu einem »feindlichen Land« erklären. Es wird vermutet, dass Besigyes Wahlkampf von Kagame finanziert wurde, was wegen des »Feindstatus« nun illegal wäre.

Der Kongo-Krieg hat Musevenis Beliebtheit im Westen abgeschwächt und ihn gleichzeitig gezwungen, sich an die Macht zu klammern. Nur ein sorgfältig ausgesuchter Nachfolger kann die weitere Dominanz seines Machtnetzwerks garantieren. Museveni, der seine zweite Amtszeit als gewählter Präsident antritt, darf gemäß der Verfassung nicht ein drittes Mal kandidieren. Er hat versichert, in den fünf Jahren bis zur nächsten Wahl seine Nachfolge zu regeln und die Armee »zu professionalisieren« - was bedeuten dürfte, die Pfründe der Generäle auf eine legale Grundlage zu stellen.

Ob das gelingt, hängt wesentlich von einem erfolgreichen Friedensprozess in der DRC und einer für Museveni vorteilhaften Nachkriegsregelung ab. Berichte über Kontakte zwischen Angola, dessen Truppen auf Seiten der Regierung der DRC kämpfen, und Ruanda deuten jedoch eher darauf hin, dass Museveni auch in der regionalen Politik isoliert ist.