Sound Art

Klangkörper, digitaler Ozean

Digitale Kommunikationstechniken verändern unsere Art zu hören. Sound Art versucht, den Körpern ein Verständnis dieser neuen Räume zu vermitteln. Von Geräuschen, Klängen, Lärm und Echos der Sound-Experimente aus den frühen Siebzigern.

Worte sind aus Klängen gemachte Kristalle«, schrieb der japanische Dichter Makoto Ooka. Können Sie sich vorstellen, ich würde zu Ihnen ohne Worte sprechen? Hören Sie mich so, als würden meine Gedanken durch ihren reinen Klang transportiert. Wenn sich mein Mund öffnet und schließt, ähneln diese Klänge den Geräuschen eines Fax-Geräts, dem Wasser, das in ein Flussbett tröpfelt, einem defekten Boiler, einer schlecht gespielten Geige, den hydraulischen Bremsen eines Trucks, der Belüftung eines Computers, den Flügelschlägen einer Biene.

Diese Beispiele sind rein assoziativ zusammengestellt und an konkrete Vorstellungen gebunden, was uns nicht gerade hilft, wollen wir den Klang der materiellen Welt von dem Klang der Gedanken trennen. Aber versuchen Sie, sich eine Welt ohne Worte vorzustellen, eine Welt, die vor allem von Hörerfahrungen bestimmt wird, von Musik und Klang. Keine Texte, keine innere Zwiesprache der Worte, kein gesprochenes Wort, keine Beschreibungen.

Diese Vorstellung einer nonverbalen Welt, in der das Gehör der vorherrschende Sinn ist, ist alles andere als neu. Der amerikanische Philosoph Thomas Nagel fragte: »Wie mag es wohl als Fledermaus sein?« Fledermäuse orientieren sich durch Ultraschallortung - es ist zu vermuten, dass sich sowohl ihre Wahrnehmung von Dingen als auch die hoher Töne stark von der unsrigen unterscheidet. Viele Musiker haben einen Hang dazu, die Welt stärker über ihre erhöhte Sensibilität für Klänge zu erfahren als über den Gesichtssinn oder durch Verbalisierung.

Ich frage mich oft, wie die Welt wäre, wenn die Sinne vom Gehör dominiert würden. Wenn wir unsere Erfahrungen über den Klang ordnen und verstehen und kommunizieren würden. Sicherlich anders als sie jetzt ist. In unseren Erinnerungen lagert ein Klangarchiv, und bis zu einem gewissen Grad verweisen seine Dokumente auf eine klangliche Taxinomie, auf ein Universum, in dem Klang das wichtigste Mittel zur Einordnung von Ereignissen ist. Erinnerungen, die an das Gehör und den Geruch gebunden sind, werden in unserer Kultur unterschätzt. Es gibt eine chinesische Praktik, Geruch zu nutzen, um wichtige Anlässe zu fixieren und wieder abrufen zu können. Zu bestimmten Anlässen - etwa bei einem Familientreffen - werden starke Gewürze herumgereicht. Wenn man sich einige Jahre später wieder trifft und an der gleichen Mischung riecht, wird die Erinnerung aufs Neue abgerufen und kommt sofort zurück.

Sound Art beginnt mit der Einsicht, dass Klang eine geheimnisvolle Kraft ist, die - trotz unserer Versuche, ihre Macht einzuschränken - unsere Existenz bestimmen und unser Bewusstsein verfeinern kann. Wir glauben zu wissen, wie man sieht, aber wissen wir zu hören?

Als ich im Januar dieses Jahres in meinem Hotelzimmer im zwölften Stock des Shinjuku New City Hotels Tokio wach lag, wurde ich von der Ruhe überrascht. Im Raum war es ruhig, aber nicht still. Wenn ich mein Ohr auf das Kopfkissen legte, konnte ich ein tiefes Summen hören, das verschwand, wenn ich den Kopf wieder hob. Es gab einen anderen Klang, den ich schon während der vergangenen fünf Tage zu lokalisieren versucht hatte, ein trauriger Ton, es klang wie ein einsamer Wal oder wie ein Schiff, das in einer Flaute liegt und vom Nebel überrascht wird. Ich konnte diesen Ton nur in meinem Raum hören, aber ich konnte nicht sagen, ob er aus der Wand kam, aus der Decke oder aus dem Fußboden. Ich musste an John Cages Geschichte über seine Erfahrung in einem schallisolierten Raum denken - seine Erwartung, vollkommener Stille ausgesetzt zu werden, und seine Überraschung, stattdessen seine Blutzirkulation und sein Nervensystem zu hören.

Durch eine Wand konnte ich Wasser laufen hören. Mein Nachbar nahm ein Bad. Von draußen, hinter der Fensterscheibe, hörte ich Krähen und das leise Murmeln des Verkehrs. Es gab auch noch andere Klänge, einige von ihnen waren so abgelegen, dass sie auch Spuren eines träumenden Klangkünstlers hätten sein können. Dies war mein Soundscape, in einem Raum, für eine kurze Zeit. Ich hätte diese reiche Mischung ganz rational erkären können: Badewasser, Vögel, Klimaanlage, Fahrstühle und der Getränkeautomat, der vor meiner Tür stand.

Ich konnte diesen Mix aber auch durch meine Vorstellungskraft schicken und jeden Klang umstellen. Das Badewasser ist ein fließender Strom, das Summen des Kopfkissens ist das Brummen des Denkens, und vielleicht ist dieser klagende Ton nichts anderes als der Klang meiner eigenen Nostalgie. Und die Krähen - vielleicht haben ihre Schreie nichts mehr mit der Natur zu tun. Vielleicht sind sie schon so weit Teil der urban landscape geworden, dass sie viel näher an den Rhythmen und der Ökologie der Stadt sind als wir Menschen.

Als ich diese Beobachtungen zum ersten Mal aufschrieb, saß ich in einem Tokioter Büro an einem Computer, der zu japanischen Schriftzeichen überwechselte, wenn man die falsche Taste drückte. Wann immer ich speicherte, quakte er wie eine kleine Ente und machte dann Knirsch- und Atemgeräusche. Die Welt ist voll von Klängen, und jeden Tag kommen neue dazu. Sound Art nimmt sie in ihrer Schönheit und Seltsamkeit, um dann Environments zu schaffen, die sie in neue Geschichten verwandeln.

Schwere Zeiten für Performances. Das sage ich nicht gerne, denn ich bin selbst Performer. Mit der Art, wie wir kommunizieren, ändern sich die Lebensrhythmen. Die konventionelle Performance scheint einem Zeitalter anzugehören, das verschwindet. Als die Vergangenheit am Ende des 19. Jahrhunderts durch neue Technologien und Kunstformen erschüttert und ausgelöscht wurde, wird es ähnliche Gefühle gegeben haben. Claude Debussy spielte als junger Student den Pariser Verkehrslärm nach. Sein Medium war das Klavier, und trotz der Unterschiede in den Technologien und Geräten, die heute zum Musikmachen benutzt werden, hat das Ähnlichkeiten mit den Zielen der Sound Art.

Auf der Pariser Weltausstellung von 1889 hörte Debussy zum ersten Mal Musiker aus Java. Es war einige Jahre nach seinem Studium, und plötzlich verschob sich für ihn der Horizont: Die Welt wurde größer. Inspiriert von den metallisch schimmernden Klangfarben der javanesischen Gamelan, erfand Debussy das Klavier neu: als perkussiven Metallrahmen, der von den Harmonien nachklang. Dies revolutionierte nicht nur die Musik , sondern auch die Art und Weise, wie wir hören. Sound Art kann in unserer Welt der virtuellen und mobilen Kommunikation ähnlich inspirierend sein.

Während meines Aufenthalts in Tokio ging ich eines Abends in die Heights Gallery zu einer Veranstaltung, die sich »Noise As Silence« nannte. Eine typische Jahr-2000-Jam-Session war im Gange: Aufgereiht wie die berühmten drei Affen, beugten sich Carl Michael von Hausswolff, Carsten Nicolai und Shunichiro Okada über zwei Laptops und ein Mischpult, Christophe Charles saß mit einem weiteren Laptop im Publikum. Auf der anderen Seite des Zuschauerraums befand sich Satoru Kasuga, ein Mitglied der japanischen Onkyo Bewegung - »reiner Klang« - und machte sich an Sample Loops, Effekten und einem Mischpult zu schaffen. Hinter all den Leuten, die sich in dem kleinen Raum drängelten, saß Sumihisa Arima an einem weiteren Laptop. Die gedämpfte Präzision und die Feinheit dieser Gruppenimprovisation - all diese Snicks und Zits, das knirschende Murmeln, das Surren von Glühbirnen, das Brummen von Haarschneidemaschinen und das Zittern der Fußbodenheizung - erinnerten mich sofort an das »Karyobin«-Album des Spontaneous Music Ensembles von 1968, bloß in unsere digitale Zukunft projiziert, sowie an die Geräusche meines Hotelzimmers.

Als der Noise-Gitarren-Veteran Tetsuo Furudate eine Kreissäge nahm, um eine in ihrem Hall ertrinkende E-Geige zu bearbeiten, begann Yurihito Watanabe sein Mischpult und Mikrofon zu stimmen. Er bewegte sich mit der manierierten Gestik eines Höflings von Ludwig XIV. Als er schließlich entschied, das Equipment sei jetzt so weit, ließ er seine Stimme los. Ein nerv-prickelndes Gelalle, das zu dem vorhergehenden musikalischen Austausch etwa so gut passte wie ein Karmelitermönch zu einem Autorennen-Computerspiel. Und so viel Sympathie ich für die Laptop-Musiker auch hatte - die nun, mit der Ausnahme von Christophe Charles, müder und müder wurden - , der Zusammenprall dieser zwei feindlichen Sonnensysteme war so unerwartet und packend wie nichts, was ich in den letzten Jahren auf einer Bühne zu sehen bekommen hatte.

Watanabe schrieb mir später, und seine Eindrücke von diesem Abend sind nützlich für ein Verständnis davon, wie Musik - so wie wir diesen Begriff bis in die jüngste Gegenwart verstanden haben - in der digitalen Welt funktionieren könnte. Das hat natürlich Auswirkungen darauf, wie der menschliche Körper im digitalen Raum funktioniert. Watanabe ist vom japanischen Nô-Theater, von Komponisten wie Hildegard von Bingen, Don Carlo Gesualdo und Guillaume de Machault, aber auch von der fin de siècle-Literatur Mallarmés, von Baudelaire und Poe beeinflusst, und er spricht von einer Schwingungsintensität, die die Begrenzungen von Raum und Körper ändern könnte: »Manchmal habe ich das Gefühl, der Umriss meines Körpers jagt den Klängen und der Stille hinterher, die quer über den Raum verteilt sind, vibriert dabei und zerfällt in Stücke. Musik bringt uns den Raum, der nicht da ist, fiktionalen Raum.«

Watanabe hatte das Gefühl, in eine Improvisation nicht hineinzukommen, die sich selbst vollkommen genügte. »Dann stellt ich mir etwas vor: Einen Verbrecher, der darauf wartet, am Galgen erhängt zu werden. Es war mir, als könnte ich nicht länger warten, und so stieß ich den Schemel selbst weg. Meine Stimme ähnelte dem hängenden, verkrampften Körper. Natürlich passierte all das nur in mir. Eine bestimmte Art des Leidens kann bei einem solchen Event eine passende Rolle spielen.«

Dieses extreme Bild der Schwierigkeiten und Diskontinuitäten, die sich beim Zusammentreffen von körperlicher und digitaler Musik ergeben können, ist bemerkenswert. Je stärker ich mich an meine persönlichen Verbindungen zur improvisierten Musik der Siebziger erinnere, desto wichtiger erscheint mir die Geschichte und Methodologie dieser Bewegung zu werden.

In den frühen Siebzigern ging ich jede Woche zu den Workshops des Schlagzeugers John Stevens. Stevens war ein improvisierender Schlagzeuger, dessen Fähigkeit zum intuitiven Zergliedern des Improvisationsprozesses ihn dazu gebracht hatte, eine Sammlung von Übungen für Anfänger wie mich zu entwickeln. Diese Übungen waren aber auch für erfahrene Musiker interessant, die ebenfalls zu den Workshops kamen oder zusammen mit der Workshop-Band spielten - Musiker wie Trevor Watts, Lou Gare, Evan Parker, Derek Bailey und Lol Coxhill.

Stevens war einer der Pioniere des europäischen Free Jazz, der Begründer des Spontaneous Music Ensemble, und er verstand den verzweifelten Wunsch der meisten Musiker, spielen zu wollen. Doch das Verlangen danach, Sound herzustellen, hatte die Tendenz, die Ideale von Kooperation und gegenseitigem Zuhören zu untergraben, die eigentlich im Zentrum der spontanen Musik standen. »Click Piece« war eine seiner zentralen Kompositionen. Jeder Musiker musste den kürzestmöglichen Ton auf seinem Instrument spielen. Wir setzten uns in einen Kreis, sahen uns an, und gaben uns große Mühe, unsere ohnehin schon kurzen Töne noch weiter zu verkürzen. Eine Aufgabe, die jeden Instrumentalisten vor andere Schwierigkeiten stellte. Doch die Kontrolle und Konzentration, die es erforderte, dies zu erreichen, verhinderte das egoistische Non-Stop-Spielen, das für Free Jazz charakteristisch werden sollte. In den besten Augenblicken war dieses Stück wie ein Ausbruch von farbigem Licht, das ein flüchtiges Tattoo in die Stille zeichneten, aus der es emporgestiegen war. Wie in vielen Beispielen aus der Musik und Kunst des 20. Jahrhunderts betrachteten wir diese Strenge und diesen vorübergehenden Verzicht auf eine identifizierbare menschliche Handschrift als notwendigen Übergang auf dem Weg zu neuen Verhältnissen.

Heute kann Musik weniger denn je nach konventionellen Kriterien beurteilt werden. Auch wenn Musik immer noch von der menschlichen Biologie und Neurologie bedingt wird und Gegenstand menschlichen Verlangens ist. Man verbindet Musik mit einem Ort, mit einem akustischen Raum, einem bestimmten Augenblick, mit menschlicher Tätigkeit und dem Entfalten und Vollenden einer Sequenz. Musik ist eine Erweiterung des menschlichen Körpers im sozialen Raum. Das stimmt sogar für »4:33«, das »stille Stück« von John Cage aus dem Jahr 1952, das dadurch, dass es für eine bestimmte Dauer Stille und damit Untätigkeit bewirkt, den Zuhörer dafür sensibilisiert, für einen bestimmten Zeitraum an einem Ort zu sein und so die Wahrnehmung dieses locus intensiviert.

Aber die Digitalisierung schreitet voran, und der geografische Ort schreibt sich immer weniger in die Musik ein. Wie ein Radiergummi löscht sie mehr und mehr die Dichte und Festigkeit und ersetzt sie durch immaterielle Kommunikationen und symbolische Objekte. Die Tendenz, einen Teil der Besonderheiten von Musik an ihrem Entstehungsort zu suchen, in einem legendären Live-Auftritt etwa oder in irgendeinem Aspekt der menschlichen Identität ihres Schöpfers - all das wird zum Anachronismus. Wo etwa befindet sich Musik, die nur über das Internet zugänglich ist? Wo wird Musik erschaffen, die außer einem Computerbildschirm keinen sichtbaren Raum benötigt? Gibt es einen Autor? Gibt es ein Subjekt? Ist künstlerische Arbeit - nach Remix-Kultur und Interaktivität - irgendwann abgeschlossen, oder ist sie permanent offen? Macht es überhaupt noch Sinn, bestimmte sound-related activities als Musik zu bezeichnen?

Sound Art hat ihre Wurzeln im Maschinenlärm der italienischen Futuristen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Sie setzt eine Klang-Welt voraus, in der die Menschen die Bedingungen eines musikalischen Ereignisses bestimmen. Für die Futuristen war die Vorstellung, angesichts der menschlichen Schwäche würden die Maschinen die Kontrolle übernehmen, einzigartig und aufregend. Die vielfältigen Klänge der Maschinen waren ihnen Beweis genug für deren ungeheure Vitalität. Die Klänge fanden die Futuristen auf Schlachtfeldern und in den Straßen der Großstädte. Im Unterschied dazu ist die digitale Montage ein Prozess, der von vornherein Klänge aus dem digitalen Bereich nutzt oder Klänge aus der realen Welt in die Virtualität überträgt und dort Veränderungen und Diskontinuitäten ermöglicht. »Constructions I - IV« etwa, eine CD des Londoner Komponisten John Wall, erschafft nahtlose und dramatische digitale Matches zwischen Walls akustischen Aufnahmen von instrumentellen Improvisationen - ein Cello, eine Klarinette, eine Trompete - und gesampelten Fragmenten aus den Werken von Komponisten und Musikern wie Evan Parker, Ryoji Ikeda und Harrison Birtwistle. In dem virtuellen Raum von Walls Computer verbinden sich unterschiedliche akustische Räume, Zeiten und kulturelle Referenzsysteme.

Für den amerikanischen Audio-Künstler Terre Thaemlitz ist das Verarbeiten von vorhandenem Material Mittel zu radikaler sozialer Rekontextualisierung. Um die Message und die nostalgische Aura von Billy Joels »I love you just the way you are« gegen etwas in Stellung zu bringen, das Thaemlitz »kulturelle Verlustangst« nennt, filtert er den Song und setzt ihn neu zusammen - »Resistance To Change« heißt die Aufnahme. Wobei dieses Gefühl von Verlustangst nicht zuletzt mit der Flüchtigkeit von Musik selbst zusammenhängt. Viele Ergebnisse dieser digitalen Produktionsprozesse sind selbst als Angriff auf die hierarchischen Strukturen der Musikindustrie konzipiert, gegen ihre Distributionsmethoden, gegen ihren Vorstellungen von Urheberrechten und gegen die romantische Bild des Komponisten.

Genau wie die Methoden von John Stevens aus den Siebzigern haben auch diese digitalen Techniken bei ihren Versuchen, neue Ausblicke auf das Humane zu geben, etwas Inhumanes - vor allem die Versuche, die stereotypen Gesten des Expressionismus zu umgehen. Das Hintertreiben der angeblichen Perfektion des digitalen Klangs war ein erster Schritt, digitale Musik als einen Abschied von den analogen Methoden zu definieren. Damit einher gingen neue Annäherungen an eine Phänomenologie der Stille, des Lärms und der kleinstmöglichen Einheit, auf der eine musikalische Komposition, eine Installation oder eine Audio-Performance aufbaut.

Trotz dieser radikalen Entwicklung sind sowohl das Verlangen nach einer Demokratisierung des Musikmachens als auch das Untersuchen von Klang auf einer mikroskopischen Ebene ferne Echos von Improvisationsübungen wie »Click Piece«. Während improvisierte Musik eine kollektive soziale Tätigkeit war und ist, die ihren Sinn immer in der öffentlichen Aufführung und im sichtbaren Raum fand und findet, ermutigt digitale Technologie zum Rückzug in abwesende Räume und in den Solipsismus. Während nicht-digitale Musik immer mit der Andeutung des Narrativen operiert, selbst wenn sie noch so fragmentiert ist, verfährt digitale Musik dezidiert non-linear. Es scheint so, als ob die interessantesten Entwicklungen der näheren Zukunft aus dem Kreis von Audio-Künstlern hervorgehen werden, die sich den schwierigen Fragen von Performance und Zusammenarbeit stellen - traditionellen Praktiken, die aber auch in der digitalen Landschaft des 21. Jahrhunderts ihre Anziehungskraft behalten werden.

Den Vortrag hielt Toop beim »Sound aka Space«-Symposium des Hamburger Kunstvereins. Aus dem Englischen von Tobias Rapp.