Alternative Lebensformen

Das Imperium schluckt zurück

Die Lufthoheit der Rechten über den Berliner Stammtischen ist in Gefahr. In ernsthafter Gefahr. Denn unter dem Motto »Saufen gegen Rechts« will eine Initiative der Hegemonie von Rechtsaußen Schlag- und Trinkfestes entgegensetzen. Über hundert Berliner Kneipen haben sich bereits zu der Aktion zusammengefunden.

Aber wie soll das eigentlich gehen - »Saufen gegen Rechts«? Will man die Rechten mit ihren eigenen Waffen schlagen? Die Initiatoren der Aktion, ein Berliner Musiker und ein Layouter, sind der Meinung, »dass der augenblickliche Zustand des Landes nur noch mit berauschenden Getränken zu ertragen ist«.

Kampagnen wie »Gesicht zeigen - für ein weltoffenes Deutschland« seien zwar gut gemeint, aber auch ziemlich scheinheilig. Ihnen jedoch gehe es darum, eine völlig neue Verbindung zu schaffen: die zwischen Protest und Durst. Auch dem Bierernst des linken Aktivismus wollen sie damit etwas entgegensetzen. Widerstand solle eben nicht immer nur aus stundenlangen, nervenaufreibenden Vollversammlungen bestehen, sondern zwischendurch auch mal Spaß machen und schmecken.

Im Handumdrehen war eine Postkarte entworfen, die einen gefüllten Bierkrug zeigt und auf der Rückseite die bisherigen Unterstützer, 129 Berliner Kneipen, aufführt. 50 000 dieser Karten werden demnächst in Berliner Gastronomiebetrieben ausgelegt. Man braucht in den Vordruck (»Liebe/r ... wir treffen uns am ... um ... im... «) nur noch Namen und Uhrzeit einzutragen und eine der Kneipen anzukreuzen. Wenn die Aktion gut anläuft - und danach sieht es aus -, dann könnte es in den entsprechenden Bars demnächst neben »Happy Hours« oder »Rock Nights« auch illustre »Saufen-gegen-Rechts«-Abende oder »Happy Nights gegen Rechts« geben. Das Geld, das über einen Getränke-Obolus eingenommen wird, soll Initiativen gespendet werden, die sich um Opfer rechter Gewalt kümmern.

Vor allem aber soll die Aktion Leute animieren, selbst etwas gegen Rechts zu unternehmen. Um die Spaß-Ebene zu verlassen, werden auf der Internetseite www.saufen-gegen-rechts.de Ideen gesammelt und Informationen ausgetauscht: Kommunikationsräume schaffen, heißt die Devise. Möglichst viele Leute sollen sich einklinken - und nicht nur einen trinken.

Was heißt das nun konkret für den unbekannten Antifaschisten? Erstmal abchecken, ob die eigene Stammkneipe auf der Liste steht. Wenn nicht, dort einlaufen und mit der Kündigung des Tresen-abos drohen. Gehört der Laden zu den Unterstützern, kann's eigentlich sofort losgehen mit den Bestellungen. Ein Hefe-weizen gegen Günter Beckstein, bitteschön. Einen Cuba libre gegen Jörg Schönbohm. Und einen Magenbitter gegen Otto Schily.

Natürlich muss man sich genau überlegen, wen man zum »Saufen gegen Rechts« per Postkarte einladen will. Ich hatte zunächst an Wolfgang Thierse gedacht, den alten Widerständler. Da fiel mir aber ein, dass der ja nicht trinkt. Typisch Staats-Antifa eben. Zu nichts zu gebrauchen. Nicht mal zum Saufen.