Euro-Referendum in Dänemark

Geliebte Krone

»Wessen Sieg ist der Sieg?« fragten sich die Kommentatoren nach der Ablehnung des Euros in Dänemark. Ein Sieg des »internationalistischen Neins« der Linken und Linksradikalen, die den Euro als Triumph des Neoliberalismus abgelehnt hatten? Oder ein Sieg des »nationalistischen Neins« der Rechtsradikalen, die mit rassistischen Motiven gegen den Euro mobilisiert hatten?

Herzlich egal scheint diese Frage den Protagonisten beider Seiten. »Das ist ein Sieg für die Demokratie und für das dänische Volk«, erklärte die Chefin der rechtsradikalen Volkspartei (FP), Pia Kjaersgaard. Und Holger Nielsens, der Vorsitzende der Sozialistischen Volkspartei (SF) sekundierte: »Es war nicht ihr und nicht mein Sieg, sondern ein Sieg des dänischen Volkes.« Von den 53,1 Prozent des »Volkes« aber, die gegen die Einführung des Euros votierten, dürften nur die wenigsten allein sozialpolitische, gar antikapitalistische Beweggründe gehabt haben.

Für die große Mehrheit der Nein-Sager hingegen dürfte die von der FP geschürte Angst vor »Überfremdung« mit linken Argumenten gegen drohenden Sozialabbau kompatibel sein. Ob gewollt oder nicht: Der gemeinsame Bezugspunkt für alle Euro-Gegner ist das Nationale, oder wie die FAZ treffend kommentierte, »die gemeinsame Angst vor Identitätsverlust«.

Für »einige Autonome aus Dänemark« scheint es gar keine rechte Mobilisierung gegeben zu haben. Statt dessen strotzt man vor Selbstüberschätzung: »Die nächste Aufgabe der Linken in Dänemark muss jetzt darin bestehen, den punktuellen Widerstand in der dänischen Bevölkerung auf das gesamte EU-Projekt auszuweiten.« Und aus Östrreich echot die Bewegung für Soziale Befreiung: »Wir dürfen den Kampf gegen die neoliberale EU nicht den Rechten überlassen!« Ebensogut könnte man versuchen, den Kampf um Vaterland, Kultur und Krone den Rechten streitig zu machen. Das Ergebnis bliebe sich gleich: Von einem Diskurs, der die »Eigenständigkeit« - etwa in Form der nationalen Währung - gegen vermeintliche Fremdbestimmung verteidigen will, werden stets die Rechten profitieren. Denn das ideolgische Feld dieses Diskurses ist ein rechtes.

Zwar ist es für die Linke sicher richtig, dort, wo sie es kann, auch die soziale Frage aufzugreifen. Aber die soziale Frage als Dichotomie zwischen nationalstaatlichen Errungeschaften und neoliberaler EU-Politik zu denken, heißt Antikapitalismus von rechts zu betreiben. Denn den Hintergrund des Euros wie des gesamten EU-Projekts bilden nicht irgendwelche böswilligen, marktradikalen EU-Bürokraten, sondern eine bestimmte Phase kapitalistischer Vergesellschaftung, in der sich die Staaten Europas zusammenschließen, um sich gegen die Weltmarktkonkurrenz zu behaupten.

Dabei ist die EU nicht auf das kleine Dänemark angewiesen, weshalb man sowohl in den europäischen Hauptstädten, als auch auf internationalen Finanzmärkten gelassen reagierte. Dafür wird das dänische Nein einem anderen Zweck dienen - dem Kerneuropa-Modell, wie es zuletzt Joseph Fischer vorgeschlagen hatte und das sich unter Stichwörtern wie »Europa der variablen Geometrien« auch in Frankreich großer Beliebtheit erfreut. Künftig wird man argumentieren können, die unterschiedliche Stimmung in den jeweiligen Ländern erfordere es, dass die integrationswilligeren Staaten einen Kern bilden. Die dänische Krone bleibt im Übrigen weiterhin fest an den Euro gekoppelt, trotz des Siegs im Volkskrieg.