Euro-Referendum

Krone des Populismus

Mit einem Referendum wollen die Dänen über die Einführung des Euro entscheiden.

So etwas hat es bei der rechten Dansk Folkeparti noch nie gegeben: Zum ersten Mal wird auf dem Parteitag Anfang September ein Ausländer eine Rede halten dürfen. Natürlich nicht irgendein Ausländer und schon gar nicht einer, der in Dänemark lebt. Der konservative britische Unterhaus-Abgeordnete Daniel Hannans, ein erklärter EU-Gegner, soll mit seinen Ausführungen die »Nej-Allians« unterstützen. Denn am 28. September steht in Dänemark eine Volksabstimmung über die Einführung des Euro an, ein Ereignis mit möglicherweise schwerwiegenden internationalen Folgen. Eine Ablehung der Gemeinschaftswährung würde beispielsweise einen negativen Effekt auf die britische Haltung gegenüber dem Euro haben. Der britische Außenminister Robin Cook erklärte bereits gegenüber der Tageszeitung The Independent, Hannans und andere EU-Gegner würden »die Situation in Dänemark zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen« und forderte die Hardliner auf, sich nicht in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen. Auch der EU-freundliche Flügel der Tories kritisierte Hannans' Pläne: »Wenn er für sich beansprucht, ein Verfechter des Rechts auf nationale Selbstbestimmung zu sein, muss seine Einmischung in dänische Politik völlig konträr dazu sein.«

Auch in Dänemark geht man zunehmend härter mit den Euro-Gegnern um. Claus Larsen Jensen von den regierenden Sozialdemokraten erklärte in der letzten Woche, dass die EU-Feinde von der Socialistisk Folkeparti (SF), Dansk Folkeparti und der Volksbewegung gegen die EU »ein gemeinsames Problem« hätten. »Ihrer Meinung nach soll die Krone auch bei einem Nein an den Euro gekoppelt bleiben. Genau darum geht es aber bei der Volksabstimmung - und daher müssen die Gegner auf populistische Themen zurückgreifen.«

Und auf plumpe Propaganda: Holger K. Nielsen von der SF erschreckte beispielsweise vor einigen Wochen die Dänen mit der Botschaft, dass versteckte Kronen-Vermögen beim Umtausch in den Euro unweigerlich entdeckt würden. »Es wird keine Registrierung geben, niemand wird Fragen stellen. Und überdies kann man sein Geld 30 Jahre lang umtauschen«, erklärte Jensen diesen Vorstoß allerdings zur »ausgesprochenen Räuberpistole«. Trotzdem gelingt es den Sozialdemokraten nicht so recht, diese Befürchtungen zu zerstreuen, wie auch Jensen zugeben musste. Vor allem die älteren Dänen, »diejenigen, die ihr Geld unter der Matratze versteckt haben« und die bei der Währungsumstellung nach dem Zweiten Weltkrieg manchmal ganze Vermögen verloren hätten, glauben Nielsen ohne weiteres.

Obwohl sie bei einem Nein zum Euro wahrscheinlich die Konsequenzen zu tragen hätten, denn ein im Sommer letzten Jahres herausgegebener Report belegt, dass nicht nur der Euro gegenüber dem Dollar weiter an Wert verlieren würde. Die Finanzmärkte würden dann auch in Schweden und Großbritannien kaum Chancen für die Euro-Einführung sehen. Die daraus resultierenden höheren Zinsausgaben und die Stützungen der schwachen Krone würden den dänischen Staat Milliarden kosten. Mit verheerenden Auswirkungen für Rentner und die zu Niedriglöhnen Beschäftigten.

J¿rgen Birger Christensen, Chefökonom bei Den Danske Banken, glaubt zudem, dass die Ablehnung des Euro zu großer Unruhe auf den Finanzmärkten führen könnte. »Letztlich ist es die Psychologie der Märkte, die den Ausschlag darüber gibt, wie hoch die Zinsen steigen. Wenn das Nein so wirkt, dass es die Politik paralysiert, dann kann das zu ungeahnten Konsequenzen führen.«

Nicht nur in der EU: Analysten erklärten bereits, dass ein Nein der Dänen zum Euro auch andere Länder schwer treffen werde. Javier Solana, der außenpolitische Koordinator der EU, sagte zwar, dass eine dänische Ablehnung sich negativ auf Schweden und Großbritannien auswirken werde, »aber damit können wir leben.« Denn die Ausweitung der EU werde auf keinen Fall gestoppt, es handele sich immerhin um einen »sehr wichtigen Beschluss, der bereits getroffen wurde und den nun niemand mehr aufhalten kann.«

Oliver Weeks, der Osteuropa-Experte von Morgan Stanley Dean Witter, ist sich dagegen sicher, dass die Aufnahme neuer Mitglieder dadurch erschwert werde. »Das wäre eine gute Entschuldigung, alles in die Länge zu ziehen«, denn speziell die südeuropäischen Länder, die um die EU-Subventionen für ihre Landwirtschaftsprodukte fürchten, stehen den Beitrittsgesuchen von Polen oder Tschechien äußerst skeptisch gegenüber.

Es werde für neue Mitgliedsländer weit schwieriger, der Eurozone beizutreten, befürchtet auch das Fachblatt Dow Jones Newswires. Falls sich die Euro-Skeptiker in Dänemark, Großbritannien und Schweden durchsetzten, bestehe die Gefahr, »dass die anderen Euro-Länder sich viel schwerer damit tun, ärmere Länder in ihren exklusiven Klub aufzunehmen«.

Auch die Ministerpräsidenten der nordischen und baltischen Staaten erklärten bei einem Treffen am Montag letzter Woche, dass das dänische Votum sowohl den europäischen Handel als auch die EU-Erweiterung beeinträchtigen könne. »Dänemark ist einer unserer großen Förderer. Wenn sein Referendum ein ablehnendes Ergebnis bringt, wird das seinen Einfluss in Europa schmälern, was nicht gut für die baltischen Staaten sein kann«, sagte der estnische Ministerpräsident Mart Laar. Sein schwedischer Kollege Göran Persson befürchtet für den in seinem Land ebenfalls angekündigten Volksentscheid eine negative Signalwirkung, falls die Dänen den Euro ablehnten. »Ein Ja würde den schwedischen Wählern dagegen die Botschaft vermitteln, dass es normal ist, zur Währungsunion zu gehören.«

Während sich die Euro-Gegner optimistisch geben, könnte sie, jüngsten Umfragen zufolge, beim Referendum doch noch eine Niederlage erwarten. Das Finanzmagazin Borsens Nyhedsmagasin zitierte in der letzten Woche eine Erhebung des Kopenhagener Ifo-Instituts, der zufolge 42,4 Prozent der Abstimmungsberechtigten für die Einführung der Gemeinschaftswährung sind, 39,4 Prozent seien dagegen, der Rest habe sich noch nicht entschieden. Diese Tendenz wurde duch eine Umfrage des Gallup-Instituts mit ähnlichem Ergebnis bestätigt. Noch im Juni hatten sich 42 Prozent gegen die Euro-Einführung ausgesprochen, nur 37 Prozent waren damals dafür gewesen.

Das kann daran liegen, dass die Euro-Befürworter in den letzten Wochen aus der Defensive gekommen sind. Die dänischen Gewerkschaft begann Ende August eine eigene Kampagne. Unter dem Motto »Auf Wahlfahrt für den Wohlstand« wird man mit einer Roadshow das Land bereisen, Kasernen und Hochschulen besuchen und die Gewerkschaftsmitglieder aktivieren. »LO siger jo« (die Gewerkschaften sagen ja) wird es in einer speziellen Anzeigenkampagne heissen, in der Fragen zum Euro beantwortet werden sollen. »Uns der gemeinsamen Währung anzuschließen ist die einzige Möglichkeit, die Rahmenbedingungen zu beeinflussen«, erklärte der Gesamt-Gewerkschaftsvorsitzende Hans Jensen. Von der Einführung des Euro erwartet er mehr Arbeitsplätze und »positive Einflüsse auf das Arbeitsrecht und den Schutz der Arbeitnehmer«.

So sehen das wohl auch die Dänen. Zudem sprechen auch gesundheitliche Gründe für die Einführung des Euro, wie die Befürworter bereits stolz verkündeten. Während die bisher in Europa gebräuchlichen Münzen zu 75 Prozent aus Nickel bestehen, enthalten Cents und Euros nur acht Prozent des allergieauslösenden Metalls.